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Der kleine Mann

Der kleine Mann

Titel: Der kleine Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Kästner
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Arzt!“ schrie er. „Sofort! Auauau! Schnell, schnell!“
    „Wo soll ich denn ‘nen Doktor hernehmen?“ fragte Otto nervös.
    „Holen!“ brüllte der Junge. „Einen holen! Sofort!“
    „Du bist wohl total übergeschnappt?“ rief Otto. „Die ganze Stadt sucht dich, und da soll ich ‘nen Doktor ins Haus schleppen, damit er uns verhaften läßt?“
    „Auauau!“ jammerte Mäxchen und warf sich hin und her. „Hilfe, ich sterbe!“
    „Untersteh dich!“ schrie Otto. „Das fehlte gerade noch! Mach uns keine Scherereien! Hier wird nicht gestorben! Der Lopez läßt uns den Kragen umdrehen, wenn wir ohne dich ankommen!“ Der Glatzkopf schwitzte Blut und Wasser. „Wo tut’s dir denn weh?“
    Mäxchen hielt sich den Bauch. „Hier!“ wimmerte er. „Ohohoh! Es sind, aua, Krämpfe! Hab ich manchmal, huhuhu! Schnell den Arzt! Oder, ooooh, wenigstens Baldriantropfen!“
    Er heulte wie acht Hyänen bei Nacht. „Baldriantropfen?“ ächzte Otto und wischte sich mit dem Taschentuch übers Gesicht. „Wo soll ich denn Baldriantropfen hernehmen?“
    „Apotheke!“ brüllte Mäxchen. „Rasch, rasch! Auauau!“
    „Ich kann doch jetzt nich aus ‘m Zimmer!“ schrie Otto. „Trink ‘n Schnaps! Is auch Medizin!“ Er hob die Flasche hoch. Sie war leer. „Verflucht noch eins!“
    „Apotheke!“ stöhnte Mäxchen. „Sonst...“ Er sank jammernd in sich zusammen, japste nach Luft und lag still wie ein Bauklötzchen.
    Otto stierte erschrocken in die Streichholzschachtel. Er war völlig von den Socken. „Bist du ohnmächtig?“
    „Noch nicht ganz“, flüsterte Mäxchen. Er klapperte mit den Augendeckeln und auch ein bißchen mit den Zähnen.
    „Ich schließ die Zimmertür zu, renn in ‘ne Apotheke und bin gleich wieder da! Kapiert?“
    „Ja.“
    Otto setzte den Hut auf, rannte aus dem Zimmer, drehte den Schlüssel zweimal im Schloß um, steckte den Schlüssel in die Hosentasche, stolperte durch den Korridor, riß die Wohnungstür auf, schlug sie hinter sich zu, schloß sie ab, steckte auch diesen zweiten Schlüssel in die Hosentasche und polterte treppab.
    Aus dem Haus. Durch den Vorgarten und durchs eiserneGartentor. Er suchte eine Apotheke. Oder wenigstens eine Drogerie.
    „Baldriantropfen für den Zwerg“, ächzte er. „Und ‘ne Pulle Schnaps für den armen Otto.“

    Das Zimmer war abgeschlossen. Bis Otto wiederkäme, konnte keiner herein, und niemand konnte hinaus. Auch Mäxchen nicht. Doch das war ja auch nicht mehr nötig.
    Nanu! Warum war das denn nicht mehr nötig? Wißt ihr, warum? Sicher habt ihr es schon erraten. Nein? Na hört mal! Es war ganz einfach deshalb nicht mehr nötig, weil Mäxchen gar nicht mehr im Zimmer war. Er hatte es mit Otto gemeinsam verlassen! Aber wie? Natürlich auf Ottos Rücken! Das war ja der Plan gewesen, den er sich zurechtgelegt hatte!
    Daß Otto einen Arzt holen werde, hatte der Kleine Mann niemals geglaubt. Keine Sekunde lang. Doch es gehörte zum Plan. Der Kahlkopf würde tausendmal lieber in eine Apotheke rennen, hatte Mäxchen vermutet. Und genau so war es gekommen.
    Otto hatte, als er den Hut vom Haken nahm, der Streichholzschachtel den Rücken gedreht, — und schon war Mäxchen, mit einem lautlosen Hechtsprung, auf Ottos Jackett gelandet und daran hochgeklettert. Für einen berühmten Artisten war das ein Kinderspiel.

    Und während Otto die Zimmertür und die Wohnungstür abgeschlossen hatte und die Treppe hinunter und aus dem Haus und durch den Vorgarten gelaufen war, immer hatte Mäxchen auf Ottos Schulter gehockt.
    Am Gartentor war er dann zu einem der eisernen Gitterstäbe hinübergesprungen. Und auch das hatte geklappt. Gelernt ist gelernt.
    Die Stirn tat ein bißchen weh. Gußeisen ist nicht aus Gummi. Wahrscheinlich würde es eine Schramme oder eine Beule geben oder auch beides. Und wenn schon!
    Mäxchen saß jetzt auf einem der zwei hohen Steinsockel, die das Gartentor einrahmten und von je einer Kugel aus Sandstein gekrönt wurden. Er saß dort oben und atmete tief. Es duftete nach Jasmin. Und es roch nach Freiheit!
    Mäxchen war selig. Aber für Jasmin und Seligkeit war jetzt nicht die rechte Zeit. Er mußte hier fort. Er mußte weiter. Otto würde nicht lange fortbleiben! In weniger als einer Stunde kam Bernhard aus dem .Krummen Würfel’ zurück! Jede Minute war kostbarer als in ruhigeren Zeiten ein ganzes Jahr.
    Die Straße war leer, als gäbe es keine Menschen auf der Welt. Die Häuser auf der anderen Seite lagen still und wie

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