Der kleine Vampir feiert Weihnachten
Antons Tannenbaum gestanden!»
«Aber nicht gesungen», warf Antons Vater ein.
«Außerdem wisst ihr längst noch nicht alles!», fuhr Lumpi wichtigtuerisch fort. «Nach dem Singen wollten wir uns endlich hinsetzen, und da kriegte Geiermeier diesen … diesen Anfall, und ich musste ihn stützen, bis der Krankenwagen kam!»
«Geiermeier hatte einen Anfall?», rief der kleine Vampir. «Wieder einen Herzanfall?»
«Nein», antwortete Lumpi dumpf. «Einen Schwächeanfall. – Und ich hätte ebenfalls einen bekommen, wenn ich nicht in letzter Minute den Stuhl hier gefunden hätte.»
Er fuhr sich mit der Hand über die Stirn. «Jetzt bin ich wirklich reif für den Sarg!»
«Für den Sarg?», wiederholte Antons Mutter pikiert. «Über diese Dinge sollte man keine Witze machen – schon gar nicht am Heiligabend!»
«Genau!» Anna kicherte. «Über diese Dinge macht man keine Witze.» Sie blinzelte dem kleinen Vampir zu. Rüdiger begann zu kichern.
Antons Mutter warf Anna und Rüdiger einen tadelnden Blick zu, sagte aber nichts.
«Möchtest du dich vielleicht etwas stärken?», fragte sie Lumpi.
«Stärken? O ja!», rief Lumpi heiser und leckte sich einmal schnell über die Lippen. Und indem er einen begehrlichen Blick auf den Hals von Antons Mutter warf, sagte er: «Es braucht ja nicht viel zu sein. Ein kleines bisschen würde schon Wunder wirken …»
«Ein kleines
Biss
-chen?», rief Anna empört. «Hast du den Verstand verloren?»
«Nein, wieso?», antwortete Lumpi. Er hatte bereits den starren Vampirblick bekommen. «Sie hat es mir doch selbst angeboten …»
«Gehen wir», sagte Anna energisch. «Komm, Rüdiger, hilf mir!»
Sie war aufgesprungen und hatte Lumpis rechten Arm gepackt.
«Nimm du den anderen Arm!»
«Nein, ich werde die Tasche tragen», erwiderte der kleine Vampir. Schadenfroh fügte er hinzu. «
Ich
will nämlich keinen Ärger mit Lumpi kriegen!»
«Aber mit Familie Bohnsack, wie?», zischte Anna.
Entschlossen schob sie Lumpi an Antons Eltern vorbei in den Flur. Lumpi, der seltsam steif und abwesend wirkte, ließ es widerstandslos geschehen.
«Ich … ich versteh das nicht», sagte Antons Mutter. «Ihr müsst doch noch gar nicht aufbrechen! Für Lumpi ist genug zu essen da! Und falls er keine Ente mag … Anton wird ihm bestimmt seinen Nachtisch überlassen –»
«Ein anderes Mal», antwortete Anna nur.
Flüsternd wandte sie sich an den kleinen Vampir: «Schnell! Hol unsere Gummihäute und die Umhänge aus Antons Zimmer!»
«Mo-Moment!», erwiderte der kleine Vampir. Er hatte dieschwarze Tasche geöffnet und ein dickes, in braunes Papier gewickeltes Paket herausgenommen. «Hier», sagte er zu Anton. «Hätte ich fast vergessen: dein Weihnachtsgeschenk.»
«Danke», meinte Anton verblüfft.
Er sah zu, wie Rüdiger seinen Walkman, das Buch und die übrigen Geschenke – auch die von Anna – in der schwarzen Ledertasche verschwinden ließ. Dann rannte der kleine Vampir zu Antons Zimmer und kehrte mit den beiden Gummihäuten und den Umhängen zurück.
«Beeil dich!», drängte Anna. «Lumpi kommt wieder zu sich!»
«Aber …», sagte Antons Mutter noch – da waren die drei Vampire schon im Hausflur.
Hastig schloss Anton die Tür – vorsichtshalber, denn man konnte nie wissen, wozu ein ausgehungerter, enttäuschter Lumpi im Stande sein würde …
Als Anton das Wohnzimmer betrat, saßen seine Eltern mit ziemlich erschöpften Gesichtern auf dem Sofa.
«Das war ein Heiligabend …», seufzte Antons Mutter.
«Zumindest war es keiner der üblichen Art», versuchte Antons Vater zu spaßen.
«Nein, eher einer der dritten Art», sagte Antons Mutter.
«Welche dritte Art denn?», fragte Anton in gespielter Unwissenheit.
«Na, so heißen doch diese Vampirfilme im Kino!»
«Vampirfilme?» Anton schüttelte den Kopf. «Sciencefictionfilme heißen so.»
«Ach, das ist alles dasselbe unrealistische Zeug», sagte sie. «Fern jeder Wirklichkeit!»
«Wenn du meinst …» Anton grinste.
Er begann das Paket von Rüdiger auszuwickeln – und traute seinen Augen nicht: Es waren seine eigenen Bücher, die der kleine Vampir sich im Laufe der Zeit von Anton «geliehen» hatte. «Vampire unter sich» – sein neuestes Buch – fehlte allerdings.
«Ein wirklich originelles Geschenk», bemerkte Antons Mutter. Sie hatte die Bücher natürlich gleich wieder erkannt.
«Jedenfalls sehr überraschend», sagte Anton.
Seine Mutter stand auf. «Ich werde uns jetzt
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