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Der Knochendieb

Der Knochendieb

Titel: Der Knochendieb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas O'Callaghan
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wurde.

    Diese aparte Abbildung teilte sich in der Mitte, und ein stämmiger Mann betrat den Vorraum. Eine Lederschürze hing ihm wie ein Brustpanzer um den Oberkörper.
    »Lester Gallows?«, fragte Margaret.
    »Bin ich. Und Sie sind von der Polizei. Hab ich schon wieder gegen meine Konzession verstoßen? Ich versichere Ihnen …«
    Das Mädchen flitzte zur Tür und verschwand.
    »Hier geht es nicht um Ihre Konzession«, erklärte Driscoll.
    »Worum dann?«
    »Ich schlage vor, wir stellen die Fragen«, sagte Margaret. »Es geht hierum.« Sie zeigte ihm den Ring.
    »Wo haben Sie den her?«
    »Beantworten Sie einfach die Fragen«, sagte Driscoll. »Kommt Ihnen der Ring bekannt vor?«
    Gallows nahm Margaret den Ring aus der Hand. »Der stammt von mir.«
    »Wissen Sie noch, wer ihn gekauft hat?«
    Seinen Augen war anzusehen, dass er sich erinnerte. »Ja, weiß ich noch. Eine scharfe Blondine … ziemlich geil … Sie wollte den Ring gleich ausprobieren, nachdem ich ihn ihr gesetzt hatte. Ich hab ihr gesagt, sie muss es erst ausheilen lassen, aber sie wollte es auf der Stelle wissen. Also hab ich sie gebumst. Was soll’s. Dann wollte sie, dass ich ihr noch einen Ring setze. Ich hab ihr versprochen, noch einen zu machen, doch die Tussi ist nie wieder aufgetaucht.«
    Driscoll fand die Unverfrorenheit dieses Kerls aufreizend. Er musste an seine Tochter Nicole denken. Wie konnte dieser Mann so rücksichtslos über eine junge Frau sprechen? Er hatte in seinem Beruf schon viel gesehen,
aber diese Art von Geringschätzung fand er widerlich.
    »Was haben Sie mit dem anderen Ring gemacht?«, hakte Margaret nach.
    »Den hab ich noch.«
    »Wir würden ihn gern sehen.«
    »Er ist hinten.«
    Driscoll und Margaret folgten Gallows in den hinteren Raum. In der Mitte stand ein Zahnarztstuhl voller Blutflecken.
    »Toller OP«, spöttelte Margaret.
    Gallows zog Schubladen auf und schaute in Schachteln, Porzellandosen und Metallgefäße. »Wo ist dieses verdammte Teil?«, knurrte er.
    »Hoffen wir für Sie, dass es da ist«, sagte Driscoll.
    Gallows griff nach einer russischen Puppe. Er drückte ihr den Kopf nach hinten und leerte den Inhalt ihres hohlen Torsos auf seine breite Handfläche. Nacheinander purzelten ein goldenes Kreuz, ein penisförmiger Stift, ein Minimesser und der Ring heraus. Ein Lächeln legte sich über Gallows’ Gesicht.
    »Haben Sie sich ihren Namen gemerkt?«, fragte Margaret.
    »Monique.«
    »Monique wie?«
    »Keine Ahnung. Sie hat bar bezahlt.«
    »Was wissen Sie über sie?«
    »Wenig. Sie war nur einmal hier.«
    »Wann war das?«
    »Vor etwa zwei Monaten. Sie hat mir gesagt, was sie will, und ich habe ihr den Ring gesetzt. Lokale Betäubung wollte sie keine. Anscheinend machten Schmerzen
sie geil. Ich hab ihr gesagt, dass sie in einer Woche wiederkommen soll, damit ich ihr die Fäden ziehen kann, aber sie wollte es sofort wissen. Wie gesagt, sie hat darauf bestanden, dass ich sie auf der Stelle bumse, hier auf diesem Stuhl.« Gallows musterte Driscolls Miene. Dann dämmerte es ihm. »Jemand hat sie umgebracht. Darum geht es. Stimmt’s?«
    »Waren Sie in letzter Zeit mal am Strand?«, fragte Driscoll.
    »Ich hasse Strände.«
    »Was kann man daran hassen?«, erkundigte sich Margaret.
    »Ich bin Bluter. Der Sand ist voll von scharfkantigen Muscheln und Scherben.«
    Driscolls Gedanken überschlugen sich. War es zwischen Gallows und der jungen Frau zu einer hässlichen Szene gekommen, die ihn zum Mörder hatte werden lassen? Oder war er nichts weiter als ein Opportunist, der aus einer neuen Welle des Exhibitionismus Profit schlug?
    »Ich weiß, was Sie jetzt denken«, sagte Gallows. »Aber Mord turnt mich nicht an. Ich stehe auf Narben.«
    »Woher wissen Sie, wann Sie aufhören müssen?«
    »Bluter morden nicht. Das stimmt wirklich, Mann. Sie können es in den Statistiken nachlesen.«
    Driscoll wandte den Blick nicht von Gallows ab. Er hatte das Piercing gesetzt und sich am Sex mit der jungen Frau aufgegeilt. Das stand fest. Aber hatte er sie umgebracht? Sein Instinkt sagte nein.

19. KAPITEL
    Colm sah Rot: den grellroten Nagellack, der die Fingernägel der Brünetten zierte, die karmesinrot lackierten Fußnägel und einen roten Fleck, der im wachsigen Weiß ihrer Augen prangte. Bei ihren verzweifelten Versuchen, sich aus den Fesseln zu befreien, war eine Ader geplatzt und hatte Blut in die Netzhaut gespült. Ihre Augen standen mittlerweile voller Tränen und wirkten wie stumme Schreie, die die an ihrem Leib

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