Der Knochendieb
gehorchte.
»Wenn es sich um einen Notfall handelt, drücken Sie bitte die Zwei … Wenn Sie einen Verstoß gegen die Gesundheitsvorschriften melden wollen, drücken Sie bitte die Drei … Wenn Sie jemanden aus unserer Aids-Beratungsstelle sprechen wollen, drücken Sie bitte …«
»Ich glaube, wir müssen die Drei drücken, stimmt’s?«
»Machen Sie das Ding aus.«
»Sagen Sie mir dann, was ich wissen will?«
Francis nickte.
Margaret unterbrach die Verbindung und klappte ihr Handy zu.
»Wissen Sie, was man in meiner Branche mit Verrätern macht?«, jaulte Francis.
»Das kümmert mich einen Scheiß. Ich will wissen, wer diesen Ring gemacht und wer dieses Piercing gesetzt hat.«
»Der knüpft mich an den Eiern auf!«
»Soll ich Wiederwahl drücken?«
»Okay, okay, okay. Aber dann müssen Sie vergessen, wie ich aussehe.«
»Ich habe ein ganz schlechtes Gedächtnis. Und jetzt sagen Sie mir, wie er heißt.«
»Aber …«
»Den Namen! Jetzt!«
»Jack the Ripster. Er ist für seine Jadesachen bekannt.«
»Und wo finde ich diese Stütze der Gesellschaft?«
Francis seufzte. »Als ich das letzte Mal vom Ripster gehört habe, hat er in einem Wohnwagen an der Houston Street gearbeitet.«
»Und wie heißt er richtig?«
»Lester Gallows.«
Margaret verließ den Laden mit dem Gefühl, sofort unter die Dusche zu müssen. Es war weniger der Geruch der Sandelholz-Räucherstäbchen, den sie abwaschen wollte, als vielmehr das ganze schmutzige Ambiente. Francis’ narbiges Gesicht ging ihr nicht aus dem Sinn. War es die Tatsache, dass dieser Mann die Genitalien so
vieler Frauen piercte, die sie mit Verachtung erfüllte, oder wunderte sie sich einfach nur darüber, wie viele Frauen es trendy fanden, sich ein solches Piercing zuzulegen? Sie hatte sich eigentlich immer als modern denkende Frau betrachtet, doch die Vorstellung einer schmuckverzierten Klitoris stieß sie ab. Aber sie wurde schließlich nicht dafür bezahlt, dass sie ihr Urteil über etwas abgab, was in ihren Augen vulgär war. Auf dem Weg zurück zum Überwachungsvan fiel ihr wieder ein, warum sie Francis’ Piercing-Studio überhaupt aufgesucht hatte. Sie fahndete nach einem Serienmörder und hoffte, dass die Informationen, die sie Francis abgeluchst hatte, sie zu dem Mann führen würden, der Monique Beauford und Deirdre McCabe brutal abgeschlachtet hatte.
16. KAPITEL
Am Samstag herrschte in New York sonniges Herbstwetter, doch die städtischen Parks waren nur spärlich besucht. Die Bevölkerung war voller Angst, nachdem sich der jüngste brutale Mord herumgesprochen hatte. Er war die Spitzenmeldung in sämtlichen lokalen Radiostationen, und die Tageszeitungen lieferten ihren Lesern die schockierenden Einzelheiten dazu. Die Schlagzeile der Daily News lautete »Zweites Opfer in Rockaway abgeschlachtet«, während die New York Post verkündete: »NYPD befürchtet Serienkiller«.
Doch die Zeitungen und Radiostationen unterstützten die Ermittlungen auch. Die Presse druckte das Foto von Monique Beaufords Führerschein ab. Überall wurde die Rufnummer des Hinweistelefons genannt, und die
Bürger wurden aufgefordert, bei der polizeilichen Sonderkommission anzurufen, wenn sie irgendwelche Angaben bezüglich der Verbrechen machen konnten.
Detective Steve Samuels, ein Mitglied von Driscolls neu gegründetem Team, war mit der Aufgabe betraut worden, sich zur Adresse auf dem Führerschein des Opfers zu begeben und das Bild der Toten herumzuzeigen. Es war die einzige Adresse, die die Zulassungsstelle in ihren Unterlagen hatte, doch das Haus war ein mittlerweile leerer und verrammelter Wohnblock in North Brooklyn. Die meisten benachbarten Häuser waren ebenfalls mit Brettern vernagelt. Nur noch vier Familien lebten im gesamten Block. Eine davon, eine ältere Frau mit zwei erwachsenen Söhnen, erinnerte sich an Monique. Die drei sagten aus, dass Monique eine Einzelgängerin gewesen sei, die man nie in Gesellschaft gesehen habe. Sie war schon vor Jahren aus dem mittlerweile verrotteten Haus ausgezogen. Wohin, wussten sie nicht. Samuels graste die umliegenden Straßen ab, wo noch ein Gemischtwarenladen, ein Getränkemarkt und eine Reinigung die Stellung hielten. Niemand dort erkannte Monique auf dem Foto. Und beim Hinweistelefon der Sonderkommission ging nie auch nur ein einziger Anruf in Bezug auf Monique ein.
17. KAPITEL
Das Rauschen des Funkgeräts tönte durch das Innere des Chevy, als sich Driscoll und Margaret den East River Drive entlangquälten, auf dem
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