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Der Knochendieb

Der Knochendieb

Titel: Der Knochendieb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas O'Callaghan
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Zahnlücken. »Kann ich jetzt pinkeln gehen?«

    »Okay. Aber machen Sie schnell.« Driscoll lehnte sich gegen die geflieste Wand und wartete.
    Der Penner kam wieder heraus. »Der Typ, der diese Hemden geschneidert hat, war wohl komplett daneben. Der Schlitz gehört nach vorn«, brummte er.
    »Wir gehen in das Büro weiter hinten im Flur«, erklärte Driscoll und führte den Alten in einen kleinen Raum mit einem metallenen Schreibtisch und zwei braunen Drehstühlen. Driscoll bedeutete dem Mann, sich zu setzen. »Sind Sie James Heath?«, fragte er.
    »Wenn Sie’s sagen.«
    »Sind Sie’s?«
    »Sagt man jedenfalls.«
    »Wer sagt das?«
    »Alle.«
    »Wissen Sie, warum Sie hier sind, Mr. Heath?«
    »Nein. Sie?«
    »Die Fragen stelle ich.«
    »Meine Antworten würden Ihnen besser gefallen, wenn ich einen kleinen Schluck Chivas kriegen könnte.«
    »Hier wird kein Alkohol ausgeschenkt.«
    »Pflaumenwein vielleicht?«
    »Das ist auch Alkohol.«
    »Ich hab’nen Riesendurst.«
    »Wie wär’s mit Mineralwasser?«
    »Verzichte. Warum bin ich hier?«
    »Das hab ich Sie gefragt, Mr. Heath.«
    »Ich erinnere mich an einen Krankenwagen. Die Typen im Krankenwagen haben mich hergebracht.«
    »Sie wohnen normalerweise unter der Strandpromenade, stimmt das?«
    »Na und?«

    »Wir haben eine blaugrün karierte Decke dort unten gefunden. Die gehört doch Ihnen, oder?«
    »Die krieg ich ja wohl hoffentlich wieder.«
    »Sie haben geschrien, als man Sie gefunden hat, Mr. Heath.«
    »Ich hab … schlecht geträumt«, stieß er nervös hervor.
    »Erzählen Sie mir, was Sie geträumt haben.«
    »Das ist privat.« Seine Miene drückte massives Grauen aus.
    »Mr. Heath, der Sanitäter schreibt in seinem Bericht, dass Sie am Tatort eines Mordes waren, der keine zehn Meter von Ihrem Lagerplatz entfernt geschehen ist.«
    »Ich hab überhaupt nix gesehen!«
    »Was Sie gesehen haben, könnte für die Polizei wichtig sein.«
    »Ich hab nur geträumt … oder?«
    »Nein, Sie haben geschrien, als die Polizei Sie gefunden hat. Es könnte sein, dass Sie etwas gesehen haben, etwas, das Sie zu Tode erschreckt hat.«
    »Ich will hier raus! Sofort!«
    »Nicht so laut. Sie wollen doch die Nacht nicht in der Gummizelle verbringen, oder?«
    »Lassen Sie mich hier raus!« Heath packte einen Brieföffner und richtete ihn drohend auf Driscoll.
    »Legen Sie das weg!«
    »Machen Sie die verfluchte Tür auf!«
    Driscoll riss der Geduldsfaden. Er beugte sich über den Tisch und packte den Penner an der Kehle. »Legen Sie das auf den Tisch, und zwar sofort.«
    Heath knurrte.
    »Sofort, hab ich gesagt.« Driscoll verstärkte seinen Griff.

    Der Alte ließ die Waffe fallen.
    »Schildern Sie mir, was Sie an diesem Abend gesehen haben«, befahl Driscoll. Er nahm den Brieföffner und ließ ihn in einer Schublade verschwinden.
    »Warum müssen wir das noch mal durchkauen?«
    »Je eher Sie reden, desto früher kommen Sie hier raus.«
    Heaths Augen traten hervor, und seine Lippen zitterten, während er sprach. »Er hat die ganze Zeit gekniet. Als würde er eine heilige Handlung vollziehen. Zuerst hat er das Mädchen zerlegt. Ich glaube, sie war schon tot. Dann hat er sie an die Planken genagelt. Immer wieder hat er mit einem Hammer auf sie eingedroschen, immer wieder und wieder.«
    »Wer war das Mädchen? Und wie ist sie dorthin gekommen?«
    »Ich konnte ihr nicht helfen … ehrlich nicht.«
    »Haben Sie das Gesicht des Mannes gesehen? Können Sie ihn mir beschreiben?«
    »Es war zwar mitten in der Nacht, aber wenn man unter den Planken lebt, kriegt man Katzenaugen. Klar hab ich den Kerl gesehen.«
    »Könnten Sie ihn identifizieren?«
    »Er hat sich ganz schön Zeit gelassen. Als würde er es richtig genießen.«
    »Hat der Mörder Sie gesehen?«
    »Ausgeschlossen.«
    Die Tür ging auf, und eine Polizeizeichnerin kam herein.
    »Ich bin gekommen, so schnell es ging, Lieutenant. Auf der Brooklyn Bridge war ein Stau. Hoffentlich hab ich Sie nicht zu lang warten lassen.«

    »Sie kommen genau richtig, Kelly. Mr. Heath wollte den Täter gerade beschreiben.«
    »Wollte ich das?«
    »Wissen Sie, was das ist?«, fragte Driscoll und zeigte auf die Künstlerkreide, die Officer Kelly Gilmore in der Hand hielt.
    »Ich weiß gar nix.«
    »Kommen Sie, Sie waren doch auch mal ein Kind. Da haben Sie bestimmt mit Buntstiften und Farbkreiden gespielt.«
    »Ich wurde schon alt geboren.«
    »Alle Kinder spielen gern mit Kreiden, auch alte.«
    »Und?«
    »Diese nette Lady ist den ganzen Weg von

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