Der Knochendieb
Metrosexuellen absolut angesagt.«
Driscoll runzelte die Stirn. »Liz, Sie und Luigi warten im Büro auf mich. Margaret, du fährst.«
Eine lange Rückfahrt ins Polizeirevier war einer der
besten Ermittlungstricks. Selbst wenn sie Handschellen trugen, wurden die Leute auf einer langen Strecke meistens redselig. Außerdem ähnelte das Ganze dann eher einem Gespräch als einer Vernehmung.
Als der Wagen auf den Sunrise Highway einbog, ergriff Driscoll das Wort. »Wie heißen Sie, junger Mann?«
»McGowan, Officer. Mike McGowan. Bitte rufen Sie Amelia an. Es ist ihr Handy. Ich weiß, ich hätte es nicht nehmen sollen, aber ich hätte nicht gedacht, dass sie mir deswegen die Polizei auf den Hals hetzt. Ich wollte es mir nur ausleihen. Ich hätte es ihr ja zurückgebracht.«
»Was glauben Sie, warum sie uns verständigt hat, Mike?«
»Wir haben uns gestritten. Ich wollte zu dieser Riesenfete in den Hamptons, aber sie wollte nicht mitkommen. Da bin ich sauer geworden und habe das Handy eingesteckt. Wissen Sie, ich habe es gebraucht, um erreichbar zu sein. Ich hätte nie gedacht, dass sie deswegen so ausflippt.«
Driscoll wusste, dass Liz Butler Recht hatte. Dieser Typ war kein Mörder. Er hatte nicht den Hass in sich, den man brauchte, um das zu tun, was Amelia Stockard angetan worden war.
»Was ist mit den Pillen, Mike?«
McGowan schluckte schwer. »Hören Sie, ich will Sie nicht anlügen. Das ist Ecstasy. Ich bin in die Hamptons gefahren, um die Dinger zu verkaufen. Amelia und ich nehmen sie. Man hat das Gefühl, als würde man fliegen, obwohl man sich in Wirklichkeit nicht vom Fleck bewegt. Ich hatte die Gelegenheit, an hundert Stück zu kommen, und da hab ich zugegriffen. Und deshalb hab ich auch das Handy gebraucht. Um die Kontakte herzustellen.
Tut mir leid, aber das ist die Wahrheit. Es tut mir wirklich sehr leid.« McGowan begann zu weinen.
Margaret sah Driscoll an und schüttelte den Kopf. Sie wussten beide, dass McGowan kein Mörder und ihr Albtraum noch lange nicht vorüber war.
Driscoll griff nach seinem Mobiltelefon und wählte die Nummer der Einsatzzentrale. Cedric Thomlinson meldete sich. »Hey, Lieutenant. Wie läuft’s? Liz und Luigi sind gerade gekommen, aber sie erzählen nichts. Haben wir ihn?«
»Nein. Falscher Alarm. Sind Presseleute da?«
»Ein ganzer Haufen. Sie lungern wie üblich draußen herum.«
»Okay. Sie machen bitte Folgendes: Setzen Sie ein paar Leute in einen der Wagen mit den getönten Scheiben. Sie sollen am Haupteingang vorfahren und eine Show abziehen. Einer soll mit gefesselten Händen auf dem Rücksitz sitzen. Wenn die Presse sich auf den Wagen stürzt, fahre ich zum Hintereingang. Liz und Luigi sollen dort auf mich warten. Rufen Sie mich auf dem Handy an, wenn Sie so weit sind.«
»Alles klar.«
Margaret und Driscoll fuhren schweigend weiter und warteten auf Cedrics Anruf. Driscoll musste an etwas denken, was ihm ein älterer Kollege einmal gesagt hatte. Werd nie zu euphorisch oder zu frustriert. Bleib immer ausgeglichen. Dann kann dich die Arbeit nicht fertigmachen.
Das Mobiltelefon klingelte. Es war Thomlinson. »Alles bereit«, erklärte er.
»Showtime, Cedric. Los geht’s.«
Alles klappte wie am Schnürchen, und Butler und Vittaggio
führten den nach wie vor weinenden Mike McGowan die Hintertreppe hinauf in die Einsatzzentrale.
Driscoll und Margaret betraten das Büro des Lieutenants und musterten sich enttäuscht. »Und ich dachte schon, wir hätten ihn.«
»Ich auch.«
»Und was jetzt?«
»Butler und Vittaggio sollen seine Aussage aufnehmen, ein paar Fotos von ihm machen und zwei Leute raus in die Hamptons schicken, die dort sein Alibi überprüfen. Wenn es stimmt, soll irgendein Bürohengst hier eine Anzeige wegen der Pillen bearbeiten.«
»Und wer erzählt ihm das mit Ms. Stockard?« »Verdammt! Das hab ich ganz vergessen. Ach, warten wir erst mal, bis sein Alibi überprüft ist, dann kann Liz es ihm sagen. Sie soll es ihm aber schonend beibringen.« Driscoll ging zur Tür.
»Wo willst du denn hin?«
»Nach Hause. Ich muss mich ausruhen. Wir haben gerade zusehen müssen, wie sich unsere heißeste Spur in Luft auflöst. Ich muss nachdenken, ich muss schlafen, und ich muss mal hier raus. Und du?«
»Ich halte die Stellung und kümmere mich darum, dass McGowan die Mühlen der Bürokratie durchläuft.«
»Okay, danke.«
»Wofür?«
»Fürs Dasein. Bis morgen.«
Mit Margarets Blick im Rücken marschierte Driscoll den Flur hinab, verschwand durch
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