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Der Knochendieb

Der Knochendieb

Titel: Der Knochendieb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas O'Callaghan
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lachten, während die feuchte Brise Margarets Haar durcheinanderbrachte und ihr ein paar Strähnen in die Augen wehte. Sie nippte an dem Champagner in ihrem Pappbecher.
    »Lassen Sie den Hafenmeister bloß nicht merken, dass wir eine Flasche Veuve Clicquot an Bord geschmuggelt haben«, lachte Pierce. »Sonst lässt uns der Kapitän kielholen.«

    Von Amstel Light zu Veuve Clicquot. Wenn mich McDonough jetzt nur sehen könnte.
    »Champagner ist der ideale Begleiter auf einem nächtlichen Bootstörn. Finden Sie nicht?«, sagte Pierce.
    »Unbedingt.« Sie nahm noch einen Schluck.
    »Die Mönche der Benediktinerabtei Hautvillers haben ewige Dankbarkeit dafür verdient, dass sie dieses edle Gebräu entdeckt haben.«
    »Ich werde ihnen bei Gelegenheit ein Dankschreiben schicken.«
    »Wissen Sie, dass sie ihre verstorbenen Mitbrüder neben Weinfässern beigesetzt haben?«
    »Damit die Party nie aufhört?«
    »Bis in alle Ewigkeit. Und wussten Sie, dass die Pharaonen sich zusammen mit ihrem Bier begraben ließen?«
    »Ich hatte keine Ahnung. Also, Colm, Sie sind ja ein wandelndes Lexikon, wenn es um geistige Getränke geht!«
    »Muss ich wohl. Ich besitze ein Weingut.«
    »Wirklich? Wo denn?«
    »Im Gebiet North Fork auf Long Island. Vielleicht fahren wir eines Tages mal hin.«
    Margaret genoss Pierce’ Gesellschaft. Er war intelligent, gut aussehend, charmant und hinreißend geheimnisvoll. Zu allem Überfluss besaß er auch noch tiefgründige blaue Augen, in denen sich eine Frau verlieren konnte. Doch die Frage nagte weiter an ihr: Warum hatte er den Defibrillator eingesetzt? Sie nahm sich vor, beim Essen eine Antwort zu suchen.
    »Waren Sie schon mal in den Katakomben in Rom?«, fragte Pierce.
    »Ja, als Schülerin. Allerdings glaube ich, dass ich es
ohne Unterstützung durch eine Flasche Chianti kaum verkraftet hätte«, sinnierte Margaret. »Aber in Rom ist das ja durchaus üblich.«
    »Ich war auch mal dort. Und ich habe sogar Bilder gemacht!«
    »Bilder?«
    »Mit einer Infrarotkamera«, prahlte er. »Vergessen Sie nicht, ich habe ein anatomisches Interesse an Knochen.«
    »Knochen, soso.«
    »Unglaubliches Material. Hart wie Granit, leichter als Holz und sehr lebendig. Knochen können enorme Belastungen aushalten. Sie rosten nicht, korrodieren nicht und sind essbar. Ein wahres Wunder der Evolution!«
     
    Der Harbor Club bot eine phänomenale Aussicht auf Manhattan. Die beiden wählten einen Tisch an einem Fenster, von dem aus man die Skyline der Wall Street sah. Der Kellner kam und betete die Speisekarte herunter. »Und als Tagesspezialität haben wir …« Margaret und Pierce ließen den endlosen Sermon über sich ergehen. »Möchten Sie vielleicht mit einem Aperitif beginnen?«, fragte der Kellner schließlich.
    Margaret bestellte ein Glas Chardonnay, während sich Pierce für einen Merlot entschied.
    Der Kellner kehrte mit ihren Getränken zurück, nahm ihre Bestellung auf und verschwand.
    Am Nebentisch ertönte lautes Gelächter. Margaret spitzte die Ohren, um etwas von dem Gespräch zwischen den zwei Frauen aufzuschnappen, doch sie unterhielten sich in einer anderen Sprache, die in ihren Ohren slawisch klang.

    »Klingt, als würden sie sich amüsieren«, flüsterte sie Pierce zu.
    »Skandalöse Geschichte. Die in dem blauen Kleid hat ihren Mann mit dem Kindermädchen erwischt … noch dazu im Laufstall.«
    »Das ist aber traurig. Und warum lachen sie?«
    »Sie hat bei der Scheidung drei Millionen Dollar Abfindung bekommen.«
    »Wow! Da würde ich auch lachen«, sagte Margaret und nippte an ihrem Chardonnay.
    Pierce war also zweisprachig. Margaret fragte sich, ob er wohl noch weitere Sprachen beherrschte.
    Der Kellner kam mit ihren Vorspeisen.
    »Coquelet au poivre pour Madame. Escargots pour Monsieur.« Der Kellner sprach seinen Text wie ein arbeitsloser Schauspieler, was er auch tatsächlich war.
    »Macht es Ihnen etwas aus, wenn ich die Finger benutze?«, fragte Margaret.
    »Aber nein, Sie müssen«, antwortete Pierce und trank einen Schluck von seinem Merlot.
    Die beiden lächelten sich an.
    »Margaret, ich weiß so wenig über Sie. Ich weiß, dass Sie Polizistin sind, aber was genau beinhaltet das eigentlich?«
    »Ich fange die bösen Buben«, antwortete sie und nahm ihr Stubenküken auseinander.
    »Tatsächlich?«, sagte er, ohne den Blick davon abzuwenden, wie sie den Vogel akkurat zerlegte.
    »Und ich bin ziemlich gut.«
    »Oh, daran habe ich nicht den geringsten Zweifel.«
    »New York City Police

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