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Der Knochenmann

Der Knochenmann

Titel: Der Knochenmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Haas
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übereinandergeschichtet.
    Weil das ist so ein kirchlicher Brauch gewesen, daß sie die Totenschädel gesammelt haben, mehr von früher her, und ursprünglich sind die am Eingang von der Puntigamer Kirche ausgestellt gewesen, quasi: Bedenke Mensch, daß du tot bist. Aber dann Mordsreformen, haben sie neben dem Eingang einen Shop aufgemacht, Postkarten und alles. Jetzt wohin mit den Schädeln? Hat der Pfarrer gesagt, weißt du was, räumen wir sie auf den Turm hinauf, da stören sie keinen Menschen.
    Aber die Buben hat es dann doch ein bißchen gestört, und sie haben Reißaus genommen, daß es nur so gestaubt hat. Und das muß es gewesen sein, wieso dem Brenner das jetzt eingefallen ist. Daß er am liebsten genauso Reißaus genommen hätte. Weil wie er in die Werkstatt hineingekommen ist, hat er sofort die fünf riesigen Metzgertische gesehen.
    Er hat das sogar noch gekannt von früher. Wie die Metzger noch nicht den hochwertigen Kunststoff gehabt haben. Da haben sie das Fleisch auf hölzernen Tischen geschnitten, mehr wie einen rechteckigen Hackstock mußt du dir das vorstellen. Jetzt im Lauf der Jahre – der Metzger hat geschnitten und geschnitten – ist die Oberfläche von dem Holztisch langsam uneben geworden. Wie wenn ein Wasser Tausende Jahre über einen Stein läuft. Und mit der Zeit ist die reinste Hügellandschaft aus dem Metzgertisch geworden.
    Und siehst du, diese Metzgertische hat der Horvath zusammengekauft und hat die Hügellandschaften zu seinen Kunstwerken erklärt. Weil das ist heute in der Kunst erlaubt, daß einer mit etwas Gefundenem hergeht, früher hätte das vielleicht nicht gegolten, aber heute überall Reformen, Kirche Reformen, Kunst auch Reformen. Jetzt haben sie die Metzgertische vom Horvath gelten lassen.
    Außer den fünf Metzgertischen ist nur noch eine elektrische Bandsäge in der Werkstatt gestanden, die war so groß, daß sie fast bis zum Plafond hinauf gereicht hat.
    «Wie ich siebzehn Jahre alt gewesen bin, habe ich meinen ersten Freund gehabt. Er ist schon fast vierzig gewesen.»
    Wie es der Teufel haben will, ist dem Brenner sofort wieder der Udo Jürgens eingefallen. Weil der Horvath auch blondes Haar, aber mehr so mausblond.
    «Das Foto im Fiesta?» hat der Brenner gefragt.
    «Wir haben uns schon verliebt, wie ich dreizehn war. Aber natürlich unmöglich, also ist er vier Jahre als Monteur nach Saudi-Arabien gegangen. Dann zurück, und jetzt erst richtig verliebt. Aber natürlich immer noch unmöglich. Wir haben uns jede Nacht hier in der Werkstatt getroffen. Die Leute haben ihn fast erschlagen, wie es aufgekommen ist. Irgendwie ist er ihnen aber ausgekommen und untergetaucht.
    Nach ein paar Tagen ist er dann noch einmal in die Werkstatt gekommen. Am Sonntag, während wir alle in der Kirche gewesen sind. Er hat die Bandsäge eingeschaltet, das macht so einen Lärm, daß das ganze Haus wackelt. Einen Höllenlärm.»
    Der Horvath hat über dieses Wort ein bißchen lächeln müssen, und dann hat er gesagt: «So hat er sich vorbereiten können. Weil in den Himmel kommst du ja nicht, wenn du dir selber den Hals abschneidest.»
    Jetzt hat der Horvath wieder ein bißchen lächeln müssen, wie er das Gesicht vom Brenner gesehen hat. Dann hat er nur noch gesagt: «Wie wir aus der Messe zurückgekommen sind, haben wir schon von weitem gehört, daß die Bandsäge läuft.»
    Der Horvath ist jetzt zur Bandsäge hinübergegangen und hat sich zu dem schwarzen Starkstromschalter an der Hinterseite hinübergereckt. Der Brenner hat aus Angst vor dem Lärm instinktiv ein bißchen den Hals eingezogen. Aber der Schalter hat nur «klack» gemacht.
    «Kein Strom», sagt der Horvath und lacht.
    Wie sie den Brenner in die Intensivstation geschoben haben, hat er in seiner Bewußtlosigkeit immer noch dieses Lachen gehört.
     

11
    Jetzt schön eins nach dem anderen.
    Wie der Brenner und der Horvath wieder in den Fiesta gestiegen sind, ist es schon langsam finster geworden. Der Horvath ist durch die Dämmerung gefahren, und sie haben so viel geredet, daß man glauben hätte können, es ist kein normaler Fiesta, sondern besonders strenger Fiesta mit Schweigegelübde.
    Dann ist der Fiesta aber nicht Richtung Klöch abgebogen, sondern in die entgegengesetzte Richtung.
    «Weißt du was vom Marko?» fragt der Brenner.
    «Wieso?»
    «Weil er verschwunden ist.»
    «Der ist nicht verschwunden. Ich hab ihn erst gestern bei uns im Gasthaus gesehen.»
    «Was hat er da gesucht?»
    «Dreimal darfst du raten. Du

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