Der Knochenmann
hast ihn nervös gemacht, weil du auf der Vernissage aufgetaucht bist.»
«Wieso macht ihn das nervös?»
«Der Marko ist knapp vor dem Bankrott gestanden. Die Banken sind ihm schon draufgestiegen mit seiner Gummifabrik.»
«Gummi ist doch jetzt wieder in Mode», sagt der Brenner.
«Das hat den Marko auch nicht mehr herausgerissen. Es ist einfach zu wenig Gummi, was man für einen Gummi braucht.»
«Von dieser Mode rede ich nicht», sagt der Brenner. «Sondern von der Gummireifen-Mode in Jugo unten.»
«Dann weißt du ja auch das mit dem Exportverbot. Daß er auf seinen Gummireifen sitzengeblieben ist.»
«Da tut er mir nicht leid», sagt der Brenner. Ihm ist aufgefallen, daß der Horvath und der Palfinger die Geschichte genau gleich dargestellt haben. Aber es muß eine Sache ja nicht gleich erlogen sein, nur weil sich zwei Leute nicht widersprechen. Da muß man auch aufpassen, daß man es nicht übertreibt mit dem Analysieren.
«Mir tut er auch nicht leid. Wie es ihm noch bessergegangen ist, hat er fast alle meine Arbeiten zusammengekauft. Fünfzig Fleischbänke muß der mindestens haben.»
«Was haben die gekostet?»
«Damals zwanzig-, dreißigtausend Schilling. Aber seit meinem Verschwinden das Zehnfache.»
«Zwei-, dreihunderttausend?»
«Hab ich mir immer schon gedacht, daß du ein guter Rechner bist.»
«Hat er sich mit den Millionen für deine Fleischbänke sanieren wollen.»
«Aber dann ist ihm ein kleines Problem dazwischengekommen. Du bist ja kein Bulle mehr, da kann ich es dir erzählen. Und dem Jacky kann es ja auch egal sein.»
«Glaubst du, daß der Jacky tot ist?»
«Ich hab da so ein Gefühl. Obwohl es mir leid um ihn täte. Nicht nur, weil er mein Händler gewesen ist. Aber wie ich dann als Horvath verschwunden bin, weil ich endlich ich selber sein habe wollen, hat mich das Gras nicht mehr interessiert. Weil das gehört nicht zu einer Hendl-Kellnerin, und ich hab eine ganz normale Kellnerin sein wollen. Aber wie dann der Streß aufgekommen ist, zuerst mit den Knochen und dann mit dem Ortovic, hab ich dem Jacky ein bißchen was abgekauft.»
«Zur Beruhigung», hat der Brenner genickt.
«Zuerst hat er sich schon gewundert, daß die Kellnerin bei ihm was bestellen will. Aber wie ich ihm meine Bestellung genau angesagt habe, hat er mich natürlich sofort erkannt. Weil jeder hat seine speziellen Bestellungen, da erkennt dich ein Händler im Schlaf. Er hat sich aber nichts anmerken lassen. Ich mag den Jacky ja gern, ein schöner Mann noch dazu. Aber er ist ein abgedrehter Hund. Ist der schnurstracks zum Marko und hat ihn erpreßt: Er läßt es noch vor der Ausstellung auffliegen, daß ich noch lebe.»
«Wären natürlich die Preise wieder in den Keller gerasselt.»
«Mir ist nur aufgefallen, daß ich den Jacky schon länger nicht mehr gesehen habe. Aber gestern taucht auf einmal der Marko bei mir auf. Vom Jacky hat er ja schon seit ein paar Tagen gewußt, wo ich mich verstecke. Aber erst, wie du auf der Vernissage aufgetaucht bist, hat er fast durchgedreht. Er hat geglaubt, daß ich dahinterstecke, daß ich knapp vor der großen Ausstellung, mit der er sich sanieren will, alles auffliegen lasse. Am liebsten hätte er mich eigenhändig totgeschlagen, damit es endlich stimmt, daß ich tot bin. Er hat mir gedroht, daß er mir den Mord in die Schuhe schiebt, und hat wie irr geschrien:
Ich weiß nämlich, von wem die Knochen im Keller sind. Ich weiß es, und ich werde aussagen, falls du vor der Ausstellung auftauchst.
Er ist vollkommen außer sich gewesen. Fast hat er mir meinen Busen heruntergerissen. Aber in dem Moment ist der Alte dazwischengekommen und hat ihn hinausgeschmissen.»
«Und von wem sind die Knochen?»
«Das mußt du den Marko fragen.»
Sie sind jetzt nach Bad Gleichenberg hineingefahren, ein verschlafener Kurort, wo du schon beim Durchfahren das Reißen kriegst. Aber sie sind nicht durchgefahren, sondern der Horvath hat gleich vor der Disco
Little Joe
geparkt.
«Was machen wir hier?» fragt der Brenner. Er hat sich die ganze Geschichte nicht zusammenreimen können und ist von den vergeblichen Versuchen so müde geworden, daß er auf der Stelle hätte einschlafen können. Und in eine Disco gehen ist das allerletzte gewesen, was er jetzt gewollt hätte.
«Ich fahr wieder heim. Aber du könntest ins
Little Joe
gehen», sagt der Horvath und deutet auf den silbernen Porsche, der auf dem Parkplatz vor dem
Little Joe
steht.
«Wieso hast du das gewußt, daß der Pauli da
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