Der König der Lügen
Anspruch nehmen, für mich Zeit im Gefängnis, Zeit hinter Gittern. Es könnte Tage dauern.
»Jawohl.« Langsam verstummten die Gespräche, und wieder legte sich beinahe vollkommene Stille über den Gerichtssaal. »Sind Sie sich der Auswirkungen Ihres Antrags bewusst?«, fragte die Richterin, und ihre Robe raschelte. »Diese Vorverhandlung ist ein Eckstein eines ordentlichen Gerichtsverfahrens. Es widerstrebt mir sehr, darüber zu entscheiden, Mr. Pickens. Ich befürchte, dass Ihre Urteilskraft beeinträchtigt sein könnte.« Ich konzentrierte meinen Blick auf einen Punkt hinter der Richterin und schaute weder nach rechts noch nach links, als ich antwortete. »Soll ich meinen Antrag wiederholen, Euer Ehren?« Sie seufzte, und ihre Worte sanken schwer von Bedauern auf den Saal herab. »Gut, Mr. Pickens. Ich bitte ins Protokoll aufzunehmen, dass der Beschuldigte auf sein Recht auf eine Vorverhandlung zur Feststellung des hinreichenden Tatverdachts verzichtet und ein Eilverfahren zur Freilassung gegen Kaution beantragt.« Sie hob die Stimme, als Douglas wieder aufsprang. »Ein Antrag, dem dieses Gericht stattzugeben geneigt ist.«
»Einspruch!« Douglas schrie beinahe.
Die Richterin lehnte sich zurück und winkte mit ihrer schmalen Hand. »Treten Sie nach vorn«, befahl sie. »Beide.« Als wir vor dem Richtertisch standen, schaute sie mit der strengen Missbilligung einer Lehrerin auf uns herab und bedeckte mit derselben pergamentenen Hand ihr Mikrofon. Douglas öffnete den Mund, aber sie redete mit eisenharten Worten über ihn hinweg.
»Wo liegt hier das Problem, Douglas? Sie haben ihn verhaftet, beschuldigt und vor dieses Gericht gebracht. Glauben Sie ehrlich, dass Fluchtgefahr besteht? ...Nein? Ich auch nicht. Wissen Sie, ich habe Ihr Beweismaterial gesehen, und ganz unter uns gesagt, es ist lückenhaft. Aber das ist Ihre Sache, nicht meine. Meine ist es, über diesen Antrag zu entscheiden.« Sie sah mich vielsagend an, und ich spürte, wie ihr Blick auf meinem blauen Auge verweilte. »Sie haben die Absicht, die Vorwürfe zu bestreiten, nicht wahr, Mr. Pickens?«
»Und Sie haben die Absicht, dies vor Gericht zu tun. Trifft das nicht ebenfalls zu?«
»Jawohl.«
»Sie werden also hier sein.«
»Ich würde es mir nicht entgehen lassen.«
»Bitte sehr, Douglas«, sagte die Richterin. »Er würde es sich nicht entgehen lassen.« Ich glaubte zu hören, wie Douglas mit den Zähnen knirschte. »Da wir hier außerhalb des Protokolls und ganz unter uns miteinander sprechen, und da ich die Hauptverhandlung nicht leiten werde, werde ich Ihnen jetzt sagen, was ich sagen muss.« Ihre nächsten Worte waren an mich gerichtet. »Ich habe den Haftbefehl unterschrieben, weil ich keine Wahl hatte. Auf dem Papier bestand ein hinreichender Tatverdacht für eine Verhaftung, und wenn ich nicht unterschrieben hätte, dann hätte es ein anderer Richter getan.« Sie wandte sich an den Staatsanwalt.. »Ich glaube nicht, dass er es getan hat, Douglas. Wenn Sie mich mit dieser Äußerung zitieren, werde ich sie bestreiten. Aber ich kenne diesen Mann seit zehn Jahren, und ich kann nicht glauben, dass er seinen Vater umgebracht hat. Ich werde es nicht glauben. Sie können sich also in diesem Gericht hinstellen und gegen eine Kaution argumentieren. Sie können schimpfen und wettern. Das ist Ihre Entscheidung. Aber ich werde nicht zulassen, dass dieser Mann wieder zu den anderen Häftlingen gesperrt wird. Das ist meine Entscheidung. Und mein Vorrecht.«
Ich sah Douglas an. Seine Züge waren zu Stein erstarrt. »Das wird nach Begünstigung stinken, Euer Ehren.«
»Ich bin neunundsechzig Jahre alt und habe nicht vor, mich noch einmal zur Wiederwahl zu stellen. Glauben Sie nicht, dass mich das einen feuchten Kehricht interessiert? Und jetzt gehen Sie an Ihre Plätze. Beide.«
Meine Füße trugen mich zurück zum Tisch der Verteidigung, und ich setzte mich. Ich riskierte einen Blick auf Douglas; er saß mit rotem Kopf da und ignorierte Detective Mills angelegentlich.
»Mr. Pickens«, sagte die Richterin. Ich erhob mich. »Haben Sie dem Gericht zur Unterstützung Ihres Antrags noch etwas vorzutragen?«
»Nein, Euer Ehren.« Ich setzte mich wieder und war der Richterin für vieles dankbar. Vor diesem Publikum zu stehen und zu begründen, weshalb man mich vertrauensvoll aus dem Knast entlassen könnte, wäre bestenfalls unangenehm gewesen. Sie hatte mir diese Demütigung erspart.
»Die Staatsanwaltschaft?«, fragte sie. Wenn Douglas jetzt
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