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Der König der Lügen

Der König der Lügen

Titel: Der König der Lügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Hart
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umklammert, und ich fragte mich, wie lange sie hier schon wartete und auf wen. Der andere war ein uniformierter Polizist. Ich sah, wie er sich an dem Schalter mit der kugelsicheren Scheibe ins Besucherbuch eintrug und seine Dienstwaffe in eins der Stahlfächer an der Wand schließen ließ. Er wandte uns nie ganz den Rücken zu, und Hank beobachtete ihn mit kaum verhohlenem Unbehagen. Ich wusste ja, dass er unter diesen Umständen nicht mit mir in Verbindung gebracht werden wollte, und ich fragte mich, was ihn trotzdem hergeführt hatte.
    »Kommen Sie«, sagte ich. »Unterhalten wir uns draußen. Ich habe genug von diesem Laden.«
    Hank nickte und lächelte wieder. »Das lasse ich mir nicht zweimal sagen. Ich kriege Zustände hier.«
    Die Helligkeit draußen war belebend. Wir lehnten uns an die brusthohe Betonmauer und beobachteten, wie der Verkehr auf der Main Street entlangkroch. Es war später Nachmittag, die Sonne stand tief und golden am Himmel. Im Bezirksstrafgericht waren noch zwei Sitzungen im Gange, und ein paar Beschuldigte lungerten draußen herum und warteten darauf, dass ihre Fälle verhandelt wurden. Beim Hinausgehen hatte ich zwei Anwälte gesehen, aber draußen war keiner, und dafür war ich dankbar.
    »Sie haben keine Zigaretten dabei, was?«, fragte ich.
    »Nein, tut mir leid. Aber warten Sie.« Bevor ich ihm sagen konnte, er solle sich nicht bemühen, war Hank auf einen der wenigen Leute zugegangen, die an der Mauer herumstanden. Mit einer zerknüllten Marlboro-Packung und einer Schachtel Streichhölzer kam er zurück. Er gab mir beides.
    »Der Typ da drüben«, sagte er und deutete mit dem Daumen über die Schulter, »er war heute im Gericht, zusammen mit Ihnen. >Macht sie fertig<, hat er gesagt.«
    Ich zündete mir eine Zigarette an und fragte mich einen Moment lang, was dieser Typ verbrochen haben mochte. Ich schob die Zigarettenschachtel in meine Hemdtasche.
    »Verstehen Sie mich nicht falsch, Hank, aber Sie sind nicht derjenige, den ich hier erwartet habe.«
    Er lehnte sich mit dem Rücken zum Verkehr an die Mauer und verschränkte die Arme. Er sah mich nicht sofort an.
    »Ich war heute Morgen auch im Gericht«, sagte er. »Bin gekommen, weil ich mit Ihnen reden wollte, und habe Ihren Auftritt mitgekriegt. Ich dachte mir, jemand sollte Ihre Frau anrufen, weil sie ja nicht da war. Jemand sollte ihr sagen, dass sie die Kaution aufbringen soll.«
    »Ich habe versucht, sie anzurufen.«
    Hank nickte, und in seinem Blick lag so etwas wie Mitleid. »Ich auch. Hat sich niemand gemeldet. Aber ich war ja nicht im Knast. Also bin ich hingefahren.« Er schaute hinauf zu der Stelle, wo die Dachkante des Gefängnisses an das Gerichtsgebäude stieß. »Sie öffnete nicht, als ich klingelte. Ich ging ums Haus herum, und da saß sie hinten auf der Terrasse, trank Eistee und las Cosmopolitan.«
    Es wurde still zwischen uns, und ich wusste, wie unangenehm es ihm war, mir das alles zu erzählen. »Vielleicht hat sie nichts davon gewusst«, sagte ich und meinte meine Gerichtsverhandlung.
    »Sie hat es gewusst«, sagte Hank. »Das schlechte Gewissen war ihr anzusehen, als ich um die Ecke kam.«
    »Sie hat es gewusst, und sie wollte keine Kaution stellen?«
    »Ganz so schlimm war es nicht. Sie habe ein paar Leute angerufen, sagte sie, und jetzt warte sie darauf, dass das Geld zusammenkäme.«
    »Wen hat sie angerufen?«, fragte ich. Hank zuckte die Achseln.
    »Hab nicht gefragt. Keine Ahnung. Aber Sie wollte wissen, ob ich Sie abhole.«
    »Das war alles?«
    Hank zuckte zusammen und klopfte auf seine Tasche. »Hätt's fast vergessen. Ich soll Ihnen das hier geben.« Er gab mir einen zweimal zusammengefalteten Zettel. Ich erkannte ihr Papier. Früher hatte sie es immer mit Parfüm besprüht. Weil sie mich liebe, sagte sie. Ich faltete den Brief auseinander und las ihn. Er war kurz und unparfümiert.
    »Sie teilt mir mit, dass sie mich immer noch liebt, sogar sehr, und dass irgendein schmutziger Penner meinen Hund geklaut hat.«
    »Ich weiß«, sagte Hank. »Ich hab's gelesen.«
    Ich faltete den Zettel wieder zusammen und steckte ihn ein. »Tut mir leid, Mann«, sagte Hank. »Das Leben kann gemein sein.«
    Ich nickte.
    »Und Ihre Frau auch.«
    »Warum sind Sie hier, Hank ?«, fragte ich noch einmal.
    »Vielleicht, um Ihren Arsch zu retten«, sagte er, und ich blickte von seinen Schuhen hinauf zu seinem Gesicht und wartete auf die Pointe. »Im Ernst«, sagte er. »Hören Sie. Ich hatte meine Zweifel, okay. Ich meine, wer

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