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Der König der Lügen

Der König der Lügen

Titel: Der König der Lügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Hart
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Sie schenkte mir ihr leises Lachen, das mit dem Schluckauf. Dann kam ihr Mann herein und sagte, er bringe jetzt die Babysitterin nach Hause. Wir wussten beide nicht, dass die zwei miteinander schliefen. Also gab sie ihm einen Kuss auf die Wange und sagte, er solle vorsichtig fahren. Er hupte, als er aus der Einfahrt fuhr, und sie lächelte und erzählte mir, dass er das immer tat.
    Der Unfall passierte auf dem Rastplatz am Interstate, zwei Meilen weit entfernt. Der Wagen parkte dort. Sie waren nackt auf dem Rücksitz, und er musste oben gelegen haben, denn der Aufprall schleuderte ihn durch die Frontscheibe, während sie im Wagen blieb. Er hatte einen Kieferbruch, eine Gehirnerschütterung und Schnittwunden im Gesicht, auf der Brust und am Geschlechtsorgan, und das war völlig richtig so. Das Mädchen kam nie wieder zu Bewusstsein, und das war eine absolute Tragödie.
    Der Highway-Polizist erzählte mir, ein betrunkener Fahrer sei zu schnell in die Ausfahrt eingebogen, habe die Kontrolle über sein Fahrzeug verloren und sei in den parkenden Wagen gerast. Wie es so gehen kann, meinte er. Verrückt manchmal.
    Jean hielt noch zwei Monate zu ihrem Mann, bis in der Zeitung stand, dass das siebzehnjährige Mädchen, das da im Koma lag, schwanger war. Da brach sie zusammen. Ich fand sie, als sie das erste Mal versuchte, sich umzubringen. Blutiges Wasser lief unter der Badezimmertür hervor, und ich renkte mir beim Eindrücken der Tür die Schulter aus. Sie hatte ihre Kleider anbehalten, und später erfuhr ich, dass sie es getan hatte, weil sie wusste, dass ich sie finden würde, und weil sie mich nicht in Verlegenheit bringen wollte. Der Gedanke daran zerriss mir unrettbar das Herz.
    Ezra weigerte sich, sie in eine Klinik einweisen zu lassen. Ich drängte, ich flehte, ich brüllte, aber er blieb fest: Es würde die Familie in ein schlechtes Licht setzen. Jean blieb bei ihm und Mutter — die drei allein in diesem großen Haus.
    Als ihr Mann sie verließ, nahm er ihr einziges Kind mit. Sie war so deprimiert, dass sie ihn gewähren ließ. Er legte ihr die Sorgerechtspapiere vor, und sie unterschrieb. Wäre es um einen Sohn und nicht um eine Tochter gegangen — ich glaube, Ezra hätte dagegen gekämpft. Aber es war ein Mädchen, und so tat er es nicht.
    An jenem Abend versuchte sie es noch einmal, diesmal mit Tabletten. Sie zog ihr Hochzeitskleid an und streckte sich auf dem Bett unserer Eltern aus, um dort zu sterben. Danach kam sie für acht Monate in die Psychiatrie, und Alex Shiften teilte dort das Zimmer mit ihr. Als Jean entlassen wurde, kam Alex mit. Wir erfuhren nie etwas über sie. Die beiden hatten sich zum Schweigen verschworen. Unsere Fragen, die anfangs höflich waren, wurden höflich ignoriert. Die Fragen wurden spitzer, die Reaktionen darauf auch. Als Alex eines Tages zu Ezra sagte, er solle sich verpissen, dachte ich, jetzt sei dem Fass der Boden ausgeschlagen. Wir hörten auf zu fragen. Wir alle wussten nicht, wie wir mit ihnen umgehen sollten, und vor lauter Unbehagen taten wir einfach so, als wäre alles in Ordnung. Ein Narrenschiff.
    Als ich die heruntergekommene Sackgasse verließ, dachte ich ans Lachen. Es war wie beim Atmen: Man wusste nie, wann man es zum letzten Mal tun würde. Und es machte mich traurig, dass Jeans letztes Lachen so dünn gewesen war. Ich wünschte, ich hätte ihr einen besseren Witz erzählt.
    Ich versuchte mich an mein eigenes letztes Lachen zu erinnern, aber ich konnte immer nur an Jean und diese Rotzblase denken. Das war toll gewesen. Doch die Erinnerung kann wie eine Schleuse sein: Ist sie einmal geöffnet, bekommt man sie nur schwer wieder zu. Während ich fuhr, schwappten Bilder und Gefühle in Wellen über mich hinweg. Ich sah meine Mutter zerschmettert auf dem Boden, dann Ezras Safe und sein kaltes, spöttisches Grinsen, und dann Alex Shiftens triumphierendes Lächeln. Ich sah Jean als Kind und dann als Erwachsene, wie sie in der Badewanne schwamm; ihr verdünntes Blut war wie ein durchscheinendes Leichentuch, das schimmernd über den Boden und die Treppe hinunterfloss. Die kalten Hände meiner Frau auf meiner Haut, und dann unweigerlich Bilder von Vanessa Stolen: der Schweiß auf ihrem Gesicht und ihren Schenkeln, ihre straffen Brüste, die sich kaum bewegten, wenn sie den Rücken über dem feuchten Flanelllaken wölbte. Ich spürte ihre Augen, hörte das Stocken in ihrer Kehle, wenn sie meinen Namen keuchte, und dachte an das Geheimnis, das mich so viele Jahre lang daran

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