Der König der Lügen
nur zu bedenken, dass Kinder der folgerichtige nächste Schritt für uns wären, und wir könnten den zusätzlichen Platz gebrauchen.«
Ich versuchte mich zu beruhigen. Erschöpfung senkte sich auf mich herab wie nasser Zement, aber ich entschied trotzdem, dass es vielleicht an der Zeit war, ein paar hässlichen Wahrheiten ins Gesicht zu sehen. Vanessas tränenüberströmtes Gesicht erschien ungebeten vor meinem geistigen Auge. Ich dachte an das, was sie gesagt hatte, an die Wahrheiten, die sie mir unter die Nase gerieben hatte, Wahrheiten, die mir so verhasst waren, dass ich lieber Vanessa zerschmettert hatte, statt mich ihnen zu stellen.
»Wieso haben wir niemals Kinder bekommen, Barbara?« , fragte ich.
»Du hast gesagt, du musst dich auf deine Karriere konzentrieren.« Ihre Antwort kam unmittelbar und ungeprobt, und mir wurde klar, dass sie glaubte, was sie sagte. Eine entsetzliche Stille erfüllte meinen Kopf, eine arktische Ruhe.
»Das habe ich nie gesagt«, antwortete ich. Der bloße Gedanke war absurd. Dem hohlen Götzenbild meiner Anwaltskarriere hatte ich mehr als genug geopfert. Den Gedanken an Kinder würde ich niemals aufgeben.
»Doch, das hast du ganz bestimmt«, sagte Barbara. »Ich erinnere mich genau. Du wolltest dich auf die Kanzlei konzentrieren.«
»Jedes Mal, wenn ich das Thema Kinder angesprochen habe, Barbara, hast du mir gesagt, du seist noch nicht bereit dafür. Du hast das Thema gewechselt. Wenn es nach mir gegangen wäre, hätten wir inzwischen schon fünf.«
Eine seltsame Klarheit zog über ihr Gesicht, der Schatten des Begreifens. »Vielleicht war es Ezra«, sagte sie und zuckte dann zusammen, als wäre sie erschrocken, dass sie die Worte tatsächlich ausgesprochen hatte.
»>Vielleicht war es Ezra«, wiederholte ich.
»Das habe ich nicht gemeint«, sagte sie, aber es war zu spät. Ich wusste, was sie meinte, und plötzlich rauschte es in meinen Ohren — eine Kakophonie, die mich fast vom Stuhl warf.
Vielleicht war es Ezra.
Vielleicht... war... es... Ezra.
Ich starrte meine Frau wie aus weiter Ferne an und verstand. Ezra wollte, dass ich seine Tradition der Größe weiterführte. Sie wollte, dass ich mehr Geld verdiente. Kinder würden mich ablenken. Ihr Gesichtsausdruck verwandelte sich in etwas, das mir Angst machte. Meine Frau und mein Vater hatten sich verschworen, um mich meiner Kinder zu berauben, und ich hatte es zugelassen, schwerfällig und tumb wie ein Ochse. Die Klarheit war überwältigend. Taumelnd stand ich auf. Barbaras Stimme war ein fernes Summen. Irgendwie fand ich die Scotch-Flasche und goss mir ein ganzes Wasserglas ein. Barbara sah mich an. Ihre Lippen bewegten sich, und dann ging sie auf den Beinen einer Fremden in die Küche. Die Zeit blieb stehen. Sie spülte die Teller ab, räumte sie in die Spülmaschine und wischte über die Arbeitsplatte. Beim Arbeiten schaute sie zu mir herüber, als befürchtete sie, ich könnte verschwinden. Aber ich konnte mich nicht von der Stelle rühren; es war niemand da, der mich führte. Ich glaube, darüber musste ich lachen.
Als sie mich schließlich holen kam, war ich so betrunken, dass ich nicht mehr sprechen konnte, verloren in Tiefen, von deren Existenz ich nichts geahnt hatte. Gestohlen! Die Kinder, die ich mir immer gewünscht hatte, die Familie, auf die ich mich seit dem College gefreut hatte. Von denen, die mein größtes Vertrauen genießen sollten, war mir mein Leben gestohlen worden. Und ich hatte es geschehen lassen. Nennen Sie es blindes Vertrauen. Nennen Sie es Feigheit. Nennen Sie es Beihilfe durch Unterlassung. Die Schuld war auch meine, und die Ungeheuerlichkeit dieser Tatsache überwältigte mich.
Wie durch einen Nebel griff die Hand meiner Frau nach mir. Sie führte mich ins Schlafzimmer, setzte mich hin und blieb vor mir stehen. Ihre Lippen bewegten sich, und einige Zeit später folgten die Worte. »Keine Sorge, Darling. Wir werden das alles herausfinden. Ich bin sicher, Ezra hat vorgesorgt.« Was sie sagte, ergab wenig Sinn.
Sie zog sich aus und hängte ihr Top sorgfältig auf, bevor sie sich umdrehte und mir ihre Brüste präsentierte wie das Manna aus dem Himmel eines anderen. Sie streifte den Rock herunter und entblößte Beine aus gegossener Bronze. Sie war eine zum Leben erweckte Statue, eine Trophäe für gutes Benehmen. Ihre Finger fanden die Verschlüsse der Kleidung, die mir als Panzer hätte dienen sollen und es nicht tat. Mit Siegerlächeln nahm sie mir die Hose; sie sagte, ich solle
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