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Der König der Lügen

Der König der Lügen

Titel: Der König der Lügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Hart
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mich entspannen, und kniete vor mir nieder. Ich wusste, dass es falsch war, aber ich verbarg mich hinter geschlossenen Augen, als sie in Zungen redete und einen Zauber von furchtbarer Macht wirkte. Ich unterwarf mich, und in der Unterwerfung erfuhr ich die Verdammnis des durch und durch Korrupten.

ZEHN
    A ls ich früh am Sonntagmorgen die Augen öffnete, sah ich kaltes, graues Licht. Es stahl sich unter der Jalousie herein und berührte das Bett, aber der Rest des Zimmers blieb im Dunkeln. Barbara schlief neben mir, ihr schweißfeuchtes Bein an meinem. Ich rutschte bis an die Bettkante und blieb dann still liegen. Ich fühlte mich zerbrechlich. Meine Augenlider waren verklebt, und die Zunge, die meinen Mund ausfüllte, schmeckte wie etwas, das schon lange tot war. Ich dachte an die brutalen Wahrheiten, die so oft im ersten Dämmerlicht des Morgens hereinkommen. Für mich gab es ein paar, und sie alle hatten hierhergeführt. Ich war mir selbst ein Fremder. Ich hatte für meinen Vater Jura studiert, hatte für meinen Vater geheiratet, und für denselben Mann und die abscheuliche Frau, die das Bett mit mir teilte, hatte ich meinen Traum von einer Familie aufgegeben — ja meine Seele. Jetzt war er tot, und alles, was ich hatte, war diese eine Wahrheit: Mein Leben war nicht mein Leben. Es gehörte einer leeren Hülse, die mein Gesicht trug. Trotzdem würde ich mich nicht bemitleiden.
    Ich hob den Kopf und blinzelte hinüber zu Barbara: schlafverfilztes Haar, zerknitterte Haut, ein offener Mund, der innen glitzerte. Mein Gesicht verzog sich bei diesem Anblick, aber trotzdem, selbst jetzt in der Dämmerung der Erkenntnis, musste ich ihre Schönheit anerkennen. Doch ich hatte sie nicht wegen ihres Aussehens geheiratet; das konnte ich mir sagen, und ich konnte es mir glauben. Geheiratet hatte ich sie wegen ihrer Leidenschaftlichkeit, ihrer Energie. Der Fahrtwind ihrer Überzeugungen hatte mich in ihrem Kielwasser mitgerissen: Sie würde eine perfekte Ehefrau abgeben, und nur ein Trottel würde sie gehen lassen.
    Irgendwie war ich zu diesem Glauben gelangt, und ich meinte, jetzt den hässlichen Grund dafür zu wissen. Vanessa hatte es gesagt: Ich hatte sie für Ezra geheiratet. 0 Gott.
    Meine Füße fanden den Boden, und ich tastete mich aus dem Zimmer. In der Wäschekammer suchte ich mir eine schmutzige Jeans und ein Paar Flipflops heraus. Ich holte das Telefon und eine Schachtel Zigaretten und setzte mich vorn auf die Veranda. Nebel lag über dem Park, und es war kalt. Fröstelnd zündete ich mir eine Zigarette an und blies den Rauch in die Welt. Nichts regte sich, und in der Stille fühlte ich mich sehr lebendig. Ich wählte Vanessas Nummer, Ihr Anrufbeantworter meldete sich, und ich wusste, dass sie schon aufgestanden war und barfuß durch das nasse Gras lief. Während ich auf den Piepton wartete, beschloss ich, ihr die Wahrheit zu sagen: dass sie recht hatte, und dass es mir leid tat. Nicht, dass ich sie liebte. Noch nicht. Das musste von Angesicht zu Angesicht geschehen, und so weit war ich noch nicht. Es gab andere Probleme — Dinge, die nichts mit Wahrheit zu tun hatten oder damit, dass mein Leben eine Katastrophe war. Aber ich wollte sie wissen lassen, dass ich verstanden hatte. Dass sie recht hatte und ich unrecht. Also ließ ich alles heraus. Die Worte waren nur Worte, ein blasser Anfang alles in allem, doch etwas mussten sie immerhin wert sein. Als ich die Verbindung trennte, fühlte ich mich gut. Ich hatte keine Ahnung, was die Zukunft bringen würde, aber das war mir egal.
    So saß ich da und rauchte, wobei sich in mir etwas bewegte, das ich vor langer, langer Zeit gekannt hatte. Die Sonne ging auf und berührte mich mit ihren warmen Rosenfingern, und einen Augenblick lang war mir friedlich zumute. Dann spürte ich Barbaras Anwesenheit.
    »Was tust du hier draußen?«, fragte sie.
    »Ich rauche.« Ich machte mir nicht die Mühe, mich umzudrehen.
    »Es ist Viertel vor sieben.«
    »Ach ja?«
    »Sieh mich an, Work.«
    Ich drehte mich um. Sie stand in der Tür, in einen Fleece-Mantel gehüllt. Ihr Haar war zerzaust, ihre Augen verquollen über dem missmutigen Mund. Ich wusste, ihre Gedanken waren genau wie meine bei der vergangenen Nacht. »Woran denkst du?«, wollte sie wissen.
    Ich warf ihr einen Blick zu, der als Warnung dienen sollte, aber ich wusste, sie würde diese zarte Botschaft nicht entziffern können. Dazu müsste sie mich kennen, und wir waren Fremde. Also sagte ich ihr, was ich dachte, ich

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