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Der König der Lügen

Der König der Lügen

Titel: Der König der Lügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Hart
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buchstabierte es in flachen schwarzen Buchstaben, die jeder Vollidiot würde lesen können. »Ich denke, dass mein Leben gekidnappt worden ist, und zwar gegen ein Lösegeld, das ich niemals bezahlen konnte. Ich sehe eine Welt vor mir, die ich noch nie gesehen habe, und ich frage mich, wie zum Teufel ich da hineingekommen bin.«
    »Du bist albern.« Sie lächelte, als könnte sie es damit herunterspielen.
    »Ich kenne dich nicht, Barbara, und ich frage mich, ob ich dich je gekannt habe.«
    »Komm wieder ins Bett«, befahl sie.
    »Ich glaube, nicht.«
    »Es ist eiskalt hier draußen.«
    »Drinnen ist es kälter.«
    Ihr Stirnrunzeln vertiefte sich. »Das tut weh, Work.«
    »Ich habe festgestellt, dass die Wahrheit oft wehtut.« Ich wandte ihr den Rücken zu. Von ferne kam ein Mann auf der Straße auf uns zu. Er trug einen langen Trenchcoat und eine Jagdmütze.
    »Kommst du oder nicht?«, fragte sie beharrlich.
    »Ich glaube, ich gehe spazieren«, sagte ich.
    »Du bist halb nackt«, sagte sie.
    Ich drehte mich um und lächelte sie an. »Ja«, sagte ich. »Ist das nicht zum Piepen?«
    »Du machst mir Angst«, sagte sie.
    Ich drehte mich wieder zu meinem Parkspaziergänger um und spürte, dass Barbara auf die Veranda heraustrat. Eine endlose Minute lang starrte sie auf mich herab, und ich konnte nur ahnen, was ihr durch den Kopf ging. Plötzlich lagen ihre Hände auf meinen Schultern, und ihre Finger kneteten mich. »Komm ins Bett.« Ihre Stimme klang nach öliger Seide und Schlafzimmerfreuden.
    »Ich bin jetzt wach«, sagte ich, und ich meinte es in mehr als einer Hinsicht. »Geh du nur.« Sie zog die Hände zurück und richtete sich schweigend auf — verärgert, verwirrt oder beides. Sie hatte ihre Engelsflügel ausgebreitet und sich erboten, mich aufzuheben, und ich hatte sie abgeschossen. Wohin würde sie sich jetzt wenden? Zu welchem Mittel konnte sie greifen, um mich zu bewegen, wenn das letzte, das willige Fleisch, sie am Ende im Stich gelassen hatte? Ich wusste nur, dass ein stiller Rückzug für sie nicht in Frage kam.
    »Mit wem hast du gesprochen?« Ihre Stimme hatte jetzt einen scharfen Unterton. Ich warf einen Blick auf das Telefon neben mir, dachte an Vanessa Stolen und empfand kaltes Staunen über meine eigene Umsicht.
    »Mit niemandem.«
    »Darf ich das Telefon sehen?«
    Ich zog an meiner Zigarette.
    »Das Telefon«, beharrte sie.
    Als ich sie anschaute, sah ich, was ich erwartete hatte: schmale Lippen in einem Gesicht, das blass geworden war. »Willst du das wirklich tun?«, fragte ich.
    In einer einzigen Bewegung bückte sie sich nach dem Telefon und riss es an sich. Sie drückte auf die Wahlwiederholungstaste, und ich wandte den Blick erneut dem Fremden in seinem langen Mantel zu. Er kam mit gesenktem Kopf näher; sein Gesicht war fast verborgen. Ich fragte mich, ob Vanessa sich jetzt melden würde, und hoffte, sie würde es nicht tun. Darüber hinaus empfand ich nichts — keinen Zorn, keine Angst, nicht einmal Reue. Ich hörte, wie Barbara die AUS-Taste drückte, und als sie sprach, klang ihre Stimme gepresst und wütend. »Ich dachte, du wärst fertig mit ihr.«
    »Das dachte ich auch.«
    »Wie lange schon?«, fragte sie fordernd.
    »Ich möchte nicht darüber reden, Barbara. Nicht jetzt.« Langsam stand ich auf, und als ich mich umdrehte, hoffte ich, in den Augen meiner Frau Tränen zu sehen, irgendeinen Hinweis darauf, dass sie mehr empfand als nur verletzten Stolz. »Ich bin müde. Ich habe einen Kater.«
    »Und wessen Schuld ist das?«, fauchte sie.
    Ich atmete geräuschvoll aus. »Ich gehe jetzt spazieren«, sagte ich. »Wir können später reden, wenn du es dann noch willst.«
    »Lass mich nur ja nicht einfach hier stehen!«
    »Ein Spaziergang wird die Distanz zwischen uns nicht vergrößern.«
    »Oh. Dann ist es also meine Schuld, dass du mich betrügst.«
    »Ich werde jetzt nicht darüber sprechen«, sagte ich.
    »Vielleicht bin ich nicht mehr da, wenn du zurückkommst«, drohte sie. Ich blieb auf halber Höhe der Verandatreppe stehen.
    »Tu, was du tun musst, Barbara. Niemand kann dir einen Vorwurf machen, ich am allerwenigsten.« Ich ließ sie schwer atmend stehen und ging den Gehweg hinunter in Richtung Straße und Park, der von kaltem Tau schimmerte.
    »Sie ist eine dreckige kleine Nutte. Ich habe nie verstanden, warum du so besessen von ihr warst!«, rief Barbara hinter mir her. Ihre Stimme wurde lauter. »Nie!« Das letzte Wort war ein Schrei.
    »Vorsicht, Barbara«, sagte ich, ohne

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