Der König der purpurnen Stadt: Historischer Roman (German Edition)
Riegel gebracht. Euer Vetter ist flüchtig, aber es kann nicht lange dauern, bis er dem Sheriff ins Netz geht.«
»Und de la Pole?«
»William?« Der König schien vollkommen erstaunt. »Was hat er damit zu tun?«
Jonah stieß hörbar die Luft aus und antwortete kopfschüttelnd: »Das solltet Ihr lieber ihn fragen, Sire.«
Edward sah ihn scharf an und nickte langsam. »Ihr könnt wetten, dass ich das tun werde.« Dann stand er auf, erleichtert, sich dieser lästigen Pflicht entledigt zu haben. »Alsdann, Sir Jonah.« Er zeigte sein gewinnendes Lächeln. »Wir sehen Euch doch hoffentlich nächste Woche zum Turnier in Windsor?«
Giselle glaubte für einen Moment, sie werde vor Erleichterung in Ohnmacht fallen, als Jonah durchs Tor geritten kam, aber sie machte wie üblich kein großes Gewese, tat vielmehr so, als kehre er nur von einer Stadtratsitzung oder einer Versammlung im Gildehaus zurück.
Er drückte einem der jungen Burschen, die in seinen Lagern arbeiteten, die Zügel in die Hand, nahm den Arm seiner Frau, küsste verstohlen ihre Schläfe und ging mit ihr zum Haus hinüber. Die Rosen blühten der brütenden Hitze zum Trotz und verströmten einen schweren, betörenden Duft. Jonah sog ihn tief ein. »Habt ihr Cecil gefunden?«
»Ja. Gestern Nacht. In Ruperts Keller.« Sie wies zur Anlegestelle hinunter. »Da ist er.«
Cecil saß mit dem Rücken zu ihnen auf der Kaimauer. Was für eine einsame Gestalt, dachte Jonah halb mitfühlend, halb spöttisch.
»Ich gehe und rede kurz mit ihm«, entschuldigte er sich, doch Harry kam mit den drei älteren Kindern aus dem Haus, die ihren Vater scheu und neugierig zugleich umringten.
Jonah hob Elena wie üblich hoch, um sie auf die Stirn zu küssen, und legte dann jedem seiner Söhne eine Hand auf die Schulter.
»War’s sehr schrecklich im Tower?«, fragte Philip atemlos.
Jonah schüttelte den Kopf.
»Haben sie Euch in einen richtig finsteren Kerker gesperrt?«
»Philip …«, mahnte Giselle seufzend.
»Nein, ich fürchte, ich muss dich enttäuschen«, antwortete Jonah.
»In Ketten gelegt?«
Wortlos streckte Jonah die Arme vor und zeigte dem Jungendie geröteten Handgelenke. Philip sog erschrocken die Luft ein, schlug beide Hände vor den Mund und starrte mit weit aufgerissenen Augen zu ihm auf. Doch als er das breite, gänzlich untypische Grinsen auf dem Gesicht seines Vaters sah, ließ er die Hände wieder sinken, und das hübsche Gesicht mit den leuchtend blauen Augen strahlte vor Erleichterung.
Jonah blickte mit leicht zur Seite geneigtem Kopf auf seinen Ältesten hinab. »Nun, Lucas? Deine Freude ist nicht ungetrübt, sehe ich.«
»Doch, Sir«, erwiderte der Junge ernst. »Aber ich bin wütend auf den König und weiß wieder einmal nicht, was richtig und was falsch ist.«
Mein armer Sohn, du bist ein ewiger Zweifler wie dein Vater, fuhr es Jonah durch den Kopf. »Ich schätze, dann wirst du weiter darüber nachdenken müssen.«
Lucas nickte.
Jonah streckte seinem jungen Kompagnon die Hand entgegen. »Danke, Harry.«
Harry Willcox scherte sich einen Dreck um Jonahs Hang zu übermäßiger Zurückhaltung und zog ihn impulsiv an sich. Im ersten Moment versteifte Jonah sich entsetzt, doch als er den jüngeren Mann antworten hörte: »Keine Ursache, Jonah, und jederzeit gern wieder«, musste er lachen, klopfte Harry die Schulter und entgegnete:
»Das wollen wir doch nicht hoffen.«
Er setzte sich ein, zwei Ellen von Cecil entfernt auf die Kaimauer und ließ wie er die Füße baumeln. Die Sonne hing wie eine geschmolzene Goldmünze am blauen Himmel über dem südlichen Ufer und blendete sie, sodass sie beide blinzeln mussten. Die Themse schimmerte stahlgrau in diesem Licht und strömte beinah lautlos, geradezu erhaben unter ihnen dahin.
Cecil hielt den Rosenkranz in der reglosen Rechten. Die aufgeschnürten Holzperlen schlängelten sich schlaff wie ein toter Wurm über seinen Oberschenkel.
Jonah überlegte, wie oft er diesen Rosenkranz in CrispinsHand gesehen hatte, wenn es still und dunkel wurde in den Straßen von Cheapside und die beiden Lehrlinge sich in Hillocks Laden für die Nacht rüsteten. Crispin mit seinen Heiligengeschichten und dem Rosenkranz, Jonah den Bauch voller Wut und den Kopf voll hochfliegender Pläne.
»Ich habe geglaubt, sie wollten den Schuldschein des Geldes wegen«, begann Cecil unvermittelt. »Ich hatte keine Ahnung, was sie wirklich damit vorhatten.«
»Nein. Ich weiß.«
»Ich sage das nicht, um mich zu
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