Der König der purpurnen Stadt: Historischer Roman (German Edition)
Sache einzuweihen, Sir«, sagte Harry ernst.
»Wie bitte? Ist Euch eigentlich klar, was Ihr da redet?«
»Ja, durchaus«, versicherte Harry grimmig und wies auf den armen Tropf an seiner Seite. »Aber ich weiß, was ich weiß.«
Greenes Erschütterung schlug plötzlich in Ärger um. »Wie könnt Ihr es wagen, solche Anschuldigungen gegen den Bürgermeister dieser Stadt zu erheben? Ausgerechnet Ihr, der Sohn eines verdammten …«
»Ich glaube nicht, dass die Frage meiner Herkunft hier vonBelang ist«, fiel Harry ihm schneidend ins Wort. »Aber ganz wie Ihr wünscht, Master Greene. Wenn Ihr nicht gewillt seid, den Tatsachen über Euren Schwiegersohn und den Bürgermeister dieser Stadt ins Auge zu sehen, dann reiten mein Freund und ich eben direkt nach Westminster. Der König mag ein Hitzkopf sein, aber ich glaube, er urteilt nicht voreingenommen. Gute Nacht, Sir. Ich würde zu gerne hören, was Ihr dem Sheriff erzählt …« Er ruckte an dem Strick, mit dem die Hände der Jammergestalt gebunden waren, und wollte sich zum Ausgang wenden.
Greene hob begütigend die Hand. »Nein, wartet, Willcox.« Agnes hatte Recht. Er wurde zu alt für so etwas hier. »Ich hoffe, Ihr verzeiht mir, es ist ein schwerer Schlag für mich.«
Harry nickte versöhnlich. »Ich weiß.«
»Aber erklärt mir, warum Ihr Hillock unbedingt heute Nacht stellen wollt.«
»Hillock ist mir völlig gleich. Aber ich vermute, dass er meinen Freund Cecil in seinem Keller gefangen hält. Und wenn Hillock erfährt, dass er überführt ist, ist Cecils Leben keinen Pfifferling mehr wert.«
Die Männer des Sheriffs machten sich nicht die Mühe, an Rupert Hillocks Tür zu klopfen, sondern traten sie kurzerhand ein und schwärmten im dunklen, stillen Haus aus.
Harry war bei den Ersten, aber er wandte sich nicht wie die anderen zur Treppe. Mit der Fackel in der erhobenen Rechten ging er den Korridor zur Küche entlang, hinaus in den Hof und durch die Hintertür in Hillocks Laden. Er war noch nie im Leben in diesem Haus gewesen, aber es ähnelte den meisten kleinen Krämerhäusern der Stadt.
Crispin, der immer bemüht gewesen war, Cecils Scham für den Lebenswandel seiner Mutter zu lindern und ihm zu erklären, wie es zu alldem gekommen war, hatte dem Jungen irgendwann die ganze Geschichte erzählt. Auch davon, dass Jonah Annot hatte heiraten wollen, um ihrem Kind einen Vater zu geben, und dass Rupert das verhindert hatte, indem er ihn im Keller unter dem Tuchlager eingesperrt hatte.
Getreulich hatte Cecil das seinerseits Harry erzählt, wie er ihm alle Dinge anvertraute, die ihn bewegten und beschäftigten. Daher wusste Harry von der Existenz dieses Kellers und wo er ihn suchen musste.
Als die Hintertür krachend aufflog, fuhr der Lehrjunge von seinem Strohlager auf. »Was ist denn los?«, fragte er schlaftrunken.
Harry war über ihm, ehe er die Augen noch ganz geöffnet hatte, und packte ihn an der Schulter. »Der Keller. Zeig ihn mir. Los.«
Rob, Ruperts Lehrling, starrte furchtsam zu ihm auf. Dann kam er auf die Füße, führte den Eindringling in den hinteren Teil des Ladens zurück und wies auf ein schweres Regal, das eigentümlich platziert quer in dem engen Lager stand. »Da drunter.«
Harry stemmte sich mit der Schulter gegen das Regal. Es rutschte erst ein Stück und fiel dann polternd um. Von unten war kein Laut zu hören.
Harry wies auf die freigelegte Falltür. »Mach auf«, befahl er mit einer ungeduldigen Geste.
Der Junge steckte zwei Finger in den Ring, zog mit aller Kraft und brachte die schwere Tür schließlich auf.
»Im Haus wimmelt es von Soldaten und Bütteln«, eröffnete Harry dem Jungen. »Komm also nicht auf die Idee, die Tür hinter mir zuzuwerfen. Es würde nichts nützen.«
»Nein, Sir«, beteuerte Rob furchtsam. Er wartete nur, bis der Fremde mit der Fackel in der Kellerluke verschwunden war. Dann öffnete er die Vordertür des Ladens und nahm die Beine in die Hand.
Er war noch keine zwanzig Schritt weit gekommen, als er seinem Meister, der von einem seiner nächtlichen Ausflüge heimgetorkelt kam, in die Arme oder, genauer gesagt, vor den Wanst lief.
Rupert packte Rob am Schopf und blinzelte auf ihn hinab. »Was hast du hier verloren, Bengel?«, lallte er.
Die Angst verlieh dem Jungen genug Kraft, sich loszureißen. »Männer des Sheriffs, Master«, keuchte er. »Sie durchsuchen das Haus!«
Rupert war schlagartig nüchtern. Mit einem Wink scheuchte er den Jungen fort, verbarg sich dann im Eingang zu
Weitere Kostenlose Bücher