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Der König muß sterben

Der König muß sterben

Titel: Der König muß sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Espen
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auf die heiße Herdplatte und verteilte den aufsteigenden Dampf mit einem Büschel Heu. Beide Badende seufzten wohlig, als sie in das Wasser der tiefen, ovalen Bottiche eintauchten.
    »Ich kann auch zur Ader lassen, Schropfköpfe aufsetzen und massieren, und ich besitze ein silberbeschlagenes Schermesser für Bart und Haare.«
    »Nein, nein«, seufzte Henri. »Ich habe mir den Bart nach dem Tod des Papstes abrasiert, und was jetzt wieder gewachsen ist, kann bleiben. Dem Sarazenen wächst ohnehin, wie du sehen kannst, kein richtiger Bart.«
    Das Mädchen begann sogleich, die Oberkörper der Männer mit dem festen Schwamm zu waschen, schnell rötete sich deren Haut. Als Mara sich danach die von einer Pike stammende Wunde dicht über dem linken Knie des Sarazenen ansah, musste dieser mit dem Badequast seine Scham bedecken. Mara machte ein sachkundiges Gesicht und meinte: »Die Wunde ist sauber und schon gut verheilt, ich lege aber nach dem Bad dennoch eine Packung drauf. Während Ihr Euch weiter säubert, bereite ich sie zu.«
    »Was nehmt Ihr dazu, Mädchen?«, wollte Uthman wissen.
    »Schwarz gestochenen Torf aus der Gegend, der zieht alles Üble heraus.«
    Nach dem Bad setzten sich die Männer wieder an das Kaminfeuer. Sie trugen jetzt ihre alte Reisebekleidung über dem frischen Unterzeug. Die Wunde des Sarazenen war verbunden, und Uthman warf dem Mädchen dankbare Blicke zu.
    »Woher kommt sie eigentlich?«, fragte er, als Mara in der Küche verschwunden war.
    Joshua antwortete: »Sie war Novizin im Hospital des nahe gelegenen Franziskanerklosters, der Prior hat sie verführt, ihr Kind starb bei der Geburt. Danach verließ sie die Gemeinschaft und kam zu mir. Sie ist ein gutes Mädchen.«
    Sean brach das darauf folgende Schweigen. »Sie kann hübsch singen, wir singen oft im Duett. Neulich hat sie mir sogar ein Lied gedichtet, wollt ihr es hören, ihr Herren?«
    »Später«, sagte Joshua. »Jetzt haben wir Wichtigeres zu besprechen. Sind die Pferde gut versorgt?«
    »Ja.«
    »Dann kannst du bleiben und zuhören.«
    »Das Land ist aus den Fugen«, begann Henri. »Sie können sich auf keinen neuen Papst einigen, und jeder regionale Kirchenfürst macht, was er will. Für uns ist das aber kein Nachteil, denn so sind sie mit sich selbst beschäftigt. Und der König entwertet unaufhörlich die Münzen, schon sagt man, er sei ebenso falsch wie das Geld, das er prägt. Nichts funktioniert mehr. Nur die Häscher des Königs sind gut organisiert. Wir müssen daher jederzeit auf der Hut sein.«
    Uthman fügte hinzu: »Der Großinquisitor reist unaufhörlich durch Frankreich, um uns auf die Spur zu kommen…«
    »… sein persönlicher Feldzug…«
    »… Zwar weiß er genau, dass alles, was den Tempel betrifft, nicht der bischöflichen Jurisdiktion und auch nicht der dominikanischen Inquisition unterliegt, weil uralte Privilegien die Templer allein den Papst unterstellen. Aber das hat ihn nicht gestört, als Clemens noch lebte, und jetzt schon gar nicht. In erster Linie sucht er Henri. Mich hält er wahrscheinlich nur für eine ungläubige Wanze, die er nebenbei zerquetscht. Aber er ist auch dankbar für alle die anderen, die er in die Finger bekommt, denn er befragt sie gründlich. Wir haben uns den Sommer über kaum noch getraut, Kontakt zu jemandem aufzunehmen, um ihn nicht zu gefährden. Aber lange geht das nicht mehr gut.«
    »Der König muss sterben!«, sagte Henri. »Dann brechen die Dämme, und sie werden genug zu tun haben, um das Land wieder in den Griff zu kriegen, bevor es auseinander bricht. Erst dann können wir weiterplanen. Verlassen wir Frankreich oder nicht? Wohin können wir dann noch gehen? Wir werden es wissen, wenn unsere Tat ausgeführt ist.«
    »Es ist in die Wege geleitet, Henri. Lies den Brief. Wir können schon in ein paar Tagen zusammen aufbrechen, um nach der Antwort zu suchen, die uns die Tauben vielleicht gebracht haben. Dann können wir auch beratschlagen, wie wir vorgehen.«
    »Fest steht immerhin«, meinte Henri, »dass ich den Mord ausführe. Ich war mit meinem Wort dem Papst verpflichtet, aber ich bin mit keinem Eid an den König gebunden. Wir locken ihn in die Falle, und dann werde ich handeln.«
    »Aber kennt er dich nicht von Angesicht?«
    Henri schüttelte den Kopf. »Nein. Unser erster gescheiterter Anschlag geschah ja bei Nacht und Nebel, und wir waren verkleidet. Es könnte höchstens sein, dass einer seiner religiösen Berater mich erkennt. Aber das Risiko muss ich eingehen, wenn

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