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Der König muß sterben

Der König muß sterben

Titel: Der König muß sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Espen
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Laune. Sicher strich er dabei selbst großen Gewinn ein.
    Philipp deutete auf den stellvertretenden Schatzmeister. »Der Rechenschaftsbericht.«
    »Hochwohlgeborener König, hochwohlgeborener Erbprinz Charles, Eure Majestät, Königin Isabella, Ihr Herren Minister! Wir müssen bekennen, dass es uns schmerzt, dass in Frankreich nur noch einhundert jüdische Familien leben. Andererseits sind wir froh darüber, dass es den Juden nun wieder erlaubt sein soll, sich auf dem Gebiet der Krone und der Lehnsherren niederzulassen, wenn auch nur gegen Zahlung hoher Summen. Ich darf es mir zur Ehre anrechnen, den hochwohlgeborenen König zu dieser großen Geste geführt zu haben. Sie können spätestens im nächsten Jahr auch die aufgegebenen Synagogen und Friedhöfe zurückkaufen und die Herausgabe der beschlagnahmten Bücher verlangen. Allerdings mit Ausnahme der Thora.«
    Enguerrand blickte zu Renaud hinüber, der blickte hingebungsvoll die Königstochter an. Sie strich sich selbstvergessen ihr goldblondes Haar aus der Stirn, das sie von ihrem Vater geerbt hatte. In ihrem grünen Satinkleid sah sie hinreißend aus. Aber sie wirkte müde, sie hielt die Augen geschlossen, ihr Antlitz war bleich und ohne Regung, es wurde umschlossen vom Brokat ihrer Kopfbedeckung. Sie schien weit weg.
    Der Escribano fuhr fort: »Die wenigen verbliebenen Juden müssen zwar viel mehr Steuern zahlen, und auch ihre Sonderabgaben bringen der Krone Geld, aber das ist zu wenig. Deshalb kommt uns dieser Brief gerade recht. Denn sein Absender verspricht uns den Schatz des Tempels. Und er macht die Rückkehr aller Juden nach Frankreich wieder vorstellbar.«
    Pierre Dubois, der Rechtsberater des Königs, wollte etwas einwenden, aber der Schatzmeister bat um einen letzten Satz. »Wir müssen Nichtchristen dulden. Nicht zuletzt, weil sie unsere Kassen füllen werden.«
    Dubois sagte mit erhobener Stimme: »Die Juden sind eine Gefahr, haben wir das seit ihrer Ausweisung vergessen? Sie hängen den mosaischen Gesetzen an, und damit verführen sie die zum Christentum Konvertierten, heimlich das Gleiche zu tun. Solange die Juden im Land sind, wird es so sein, dass die Bekehrten mit ihnen Kontakt suchen und sich von ihnen verführen lassen. Der Bekehrungseifer der Juden lässt niemals nach. Wo immer sie können, werden sie behaupten, wer seinen Glauben verlasse, tue eine Todsünde! Sie können gar nicht anders, als so zu sprechen und zu handeln. Wir dürfen ihnen also niemals glauben. Und niemals dürfen wir sie wieder in Frankreich ansiedeln!«
    Enguerrand dachte, ja, das ist die Sprache der Inquisition. Nützt uns das wirklich? Er hatte viel von seinem Vorgänger Guillaume de Nogaret gelernt, vor allem die taktische Überlegung. Aber der skrupellose, von drei Päpsten gebannte Kanzler war verstorben, und nun musste Enguerrand selbst entscheiden. Er sah Feuer am Himmel heraufziehen. Die Kassen waren leer. Neues Unheil hing bereits mit schwarzen Wolken über ihren Häuptern, es musste nur wie eine Blase mit dem Schwert angestochen werden. Sie brauchten Geld! Und es musste echtes sein, nicht nur immer neues Billiggeld aus den königlichen Münzen!
    Dubois fuhr fort: »Ihr Könige! Wir müssen den heiligen katholischen Glauben verteidigen, der heute durch die dunklen Mächte bedroht wird. Die Juden liebäugeln mit diesen dunklen Mächten, wir müssen sie deshalb auf den rechten Weg zurückführen.«
    Und ihren Besitz beschlagnahmen, sie verurteilen, verbannen oder verbrennen, dachte Enguerrand. Er sah im Gesicht des Escribano de Raciön, wie er sich zu nennen beliebte, Angst und Wut.
    »Und wie, Dubois, soll dies Eurer Meinung nach geschehen?« König Philipps Stimme war hell und klar.
    »Mein König, das kann nur auf einem einzigen Weg geschehen. Das Heilige Offizium muss gestärkt werden. Vergesst nicht, wie viel Einnahmen wir dadurch hatten. Es gibt nur eine einzige Herde und einen einzigen Hirten. Wir müssen unduldsam sein gegen jedwede Abweichung. Die Abweichenden müssen… Angst vor der gerechten Strafe haben.«
    »So hätte Nogaret gesprochen«, mischte sich jetzt Charles von Valois, der Erbprinz, ein. »Aber wir geruhten einst zu sagen, dass alle Juden des Königreiches uns gehören und unter unserem Schutz stehen und dass es allein uns zukommt, sie zu beschützen und ihnen Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Erinnert Ihr Euch?«
    »Ihr spracht so in Paris, Erbprinz. Doch verzeiht, das ist acht Jahre her – inzwischen sind die Juden vertrieben. Und

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