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Der König von Berlin (German Edition)

Der König von Berlin (German Edition)

Titel: Der König von Berlin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Evers
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ging zwei Schritte Richtung Tür, dann wieder zurück in die Mitte des Raums. «Ich glaube Ihnen. Die Frage ist, glaubt Ihnen auch Herr Kolbe, der immerhin Kopf und Kragen riskiert hat, um Sie zu schützen?»
    Kolbe räusperte sich, er fühlte sich spürbar unkommod. «Wir haben diesen Empfang, diese Präsentation doch observiert, einschließlich der Heimwege. Mussten wir. Immerhin waren der Bürgermeister, Herr Breissing, Maschmann und solche Leute da, und es ging um ein neues, gefährliches Gift. Deshalb haben die Kollegen ja gewusst, dass die beiden spätnachts noch bei Machallik aufgelaufen sind. Ich meine, ich wollte nur helfen. Also habe ich meinen Leuten gesagt, das sei eine interne, verdeckte Ermittlung. Die sollten sie gar nicht erwähnen.»
    Lanner schürzte die Lippen. «Und das haben die dann einfach so gemacht?»
    Kolbe lächelte verlegen. «Einfach so? Na ja, ich hab die da schon um einen Gefallen gebeten, aber Sie wissen ja, wie das dann so läuft, eher so informell.»
    Rimschow schlug sich mit der flachen Hand gegen die Stirn. «Meine Fresse, Manfred, warum hast du mir denn kein Wort gesagt?»
    Kolbe schoss aus dem Sofa und stand da wie weiland das HB-Männchen. «Ich wusste doch nichts! Ich wusste nur, dass ihr euch gehasst habt, du und Machallik. Und dann kommst du wütend mit deinem ‹best girl› angerauscht und rauschst kurz danach noch wütender wieder ab, und plötzlich ist Machallik tot. Was soll ich da denken? Ich wollte nur helfen! Hätte ich was gesagt, hättest du dir doch niemals helfen lassen! Du hättest außerdem alles auf dich genommen, ohne auch nur zu fragen, ob uns das überhaupt recht ist, wenn du für uns alle den Kopf hinhältst und wir ewig in deiner Schuld stehen!» Wütend stampfte Kolbe zur Tür, musste wie zuvor Breissing einsehen, wie unglaublich geschlossen diese Tür war, schritt weiter zur Wand, lehnte sich mit dem Rücken daran, verschränkte die Arme und starrte wie ein beleidigtes Kind auf den Boden.
    Diesmal ließ Rimschow seine Hände auf die Oberschenkel klatschen und rief nochmals: «Meine Fresse!»
    «Freunde fürs Leben!» Dem Polizeipräsidenten hatte dieser Ausbruch seines Elitepersonals immerhin wieder ein wenig Farbe ins Gesicht zurückgebracht. «Stellt sich nur noch die Frage, was wir mit Kollegen machen, die Observierungsberichte gefälscht und unterdrückt haben.»
    Lanner schnaufte aus. Dann setzte er sich auf die Lehne, auf der eben Breissing gesessen hatte. «Ich denke, auf ein Dienstverfahren mehr oder weniger kommt es jetzt auch nicht mehr an. In diesem Fall scheint mir vielleicht mal eins weniger angebracht. Oder findet hier im Raum jemand, er habe sich während dieser Affäre so vorbildlich verhalten, dass er guten Gewissens zwei Kollegen wegen eines gewiss nicht bös gemeinten Gefälligkeitsvergehens ohne eigene Vorteilsnahme die Zukunft versauen dürfte?»
    Kolbe schaute interessiert auf, und Lanner begriff sofort, dass dieser Satz sein Leben auf seiner Dienststelle in nächster Zeit erheblich angenehmer machen würde. Er wusste zwar nicht, wie Kolbe ihn unter die Leute bringen würde, ohne dass ihm selbst ein Zacken aus der Krone brach. Aber er würde es tun, den Anstand hatte er.
    Lanner, jetzt doch sichtlich erschöpft, nahm einen letzten großen Anlauf: «Also gut, da nun etliche Verdächtige mehr oder weniger ausgeschieden sind, sollte ich vielleicht noch einmal die wichtigste, die eigentlich allererste Frage in jeder Ermittlung stellen: Cui bono? Wer profitiert eigentlich von Erwin Machalliks Tod?» Er schaute geradewegs zu Toni Karhan.
    «Machen Sie sich nicht lächerlich!» Laut, selbstbewusst und heftig tadelnd hatte Claire Matthes den Satz Lanner entgegengeschleudert. In der Vergangenheit war es von vielen übersehen worden, doch nun bemerkte jeder, zumindest jeder im Bunker, wer hier eigentlich die Hausherrin war. In ihrem geschmackssicheren, klassischen, aber durchaus pfiffigen blassrosa Tweedkostüm stand sie stolz und furchtlos da. «Toni hätte nie im Leben Erwin Machallik vergiftet.»
    Lanner musterte die ebenso zarte wie energiegeladene Frau. «Es ist auch gar nicht Toni Karhan, den ich verdächtige. Zumal wir im Körper des Toten auch Reste von Kamillentee und Schnittchen gefunden haben. Schnittchen, die er vermutlich von einem Teller genommen hat, auf dem sie in Schneckenform lagen.» Respektvoll erhob er sich von der Sofalehne. «Entschuldigen Sie, Frau Matthes, der gestrige Tag, die letzte Nacht und auch der heutige Tag

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