Der König von Havanna
tiefer, ganz rein, Schätzchen …!«
Der reine Wahnsinn. Yunisleidi war fröhlich, mitteilsam, verliebt, hatte in Las Tunas einen dreijährigen Sohn. Seine Großeltern passten auf ihn auf. Sie schickte ihnen Geld von hier. Aber was soll’s, wenn sie es nicht sagte, hielte man sie für eine Jungfrau. Sie erzählte ihm von ihrem Bruder: »Wir kamen beide nach Havanna, weil wir dort verhungerten. Um uns hier durchzuschlagen. Er ist Stricher, und was für einer. Keine Ahnung, wie er das kann. Neulich Abend, Rey, brachte mein Bruder einen alten Schwulen mit, ich weiß nicht, woher, weil ich kein Wort kapiert habe. Aber mein Bruder verstand ihn. Er behauptete, er habe ihn im Nacional aufgegabelt. Ein Alter mit Kohle. Über zwei Stunden hat er es ihm mit dem Schwanz besorgt. Ich weiß nicht, wie er das schafft … ach, der kann einfach viel ab.«
»Nun tu mal nicht so, du vögelst doch auch mit jedem.«
»Das ist nicht dasselbe. Ich mache die Beine breit und die Augen zu. Ein Mann hingegen muss … na, jedenfalls hat ihm der Alte echt hundert Dollar gegeben.«
»Hundert?«
»Er wollte ihm fünfzig zahlen, aber mein Bruder kitzelte noch fünfzig extra aus ihm heraus. Wenn so ein Alter nicht die gewünschten Scheinchen locker macht, gibt ihm Carlos was auf die Mütze. Meine Brüder sind alle gleich. Wild und brutal …«
»Wie viele seid ihr?«
»Neun. Ich bin das einzige Mädchen. Und Carlos ist der Zivilisierteste. Immerhin ist er zur Schule gegangen und … na, jedenfalls kann er reden und so …«
»Red nicht so viel, Yuni, mir ist schon ganz schwindlig. Mach Musik an.«
Yunisleidi drehte das Radio an. Salsa. Viel Salsa, und sie zog sich etwas über; enge Shorts und ein winziges, winziges Top. Ein Stückchen der Brustwarzen und ein Viertel des Pos waren zu sehen. Diese Mulattin war eine Nummer für sich. Sie ging hinunter, um Rum und Zigaretten zu besorgen, brachte Rey eine Zigarre mit. »Ich mag Männer, die Zigarren rauchen. Zünd sie dir an und trink Rum. Ich möchte dich so richtig männlich sehen und mir vorstellen, dass ich dein Weib bin und du mir zehn Mal am Tag den Schwanz reinsteckst. Ich bin deine Nutte. Ich werde für dich arbeiten, mein Süßer, werde für dich sorgen, damit du lebst wie ein König.«
»Weißt du, wie man mich nennt?«
»Wie denn?«
»Den König von Havanna.«
»Zu Recht. Aber du wirst mein König sein. Mein König nur für mich allein. Du hast einen Schwanz aus Gold. Ich werde für dich da sein, Schätzchen. Ich bin in dich verliebt wie eine Hündin. Du bist ein Verrückter …«
»Hör jetzt auf, Yuni, es reicht, sei nicht kitschig. Ich will die Musik hören.«
»Soll ich dir was kochen? Ich habe Brot und Eier. Und dann wasche ich dir deine Klamotten. Ich will, dass du immer sauber bist und gut riechst.« Wieder umarmte und küsste sie ihn.
»Und sobald wir ein paar Pesos beisammen haben, kaufe ich dir eine Goldkette, einen Ring und eine Uhr und ganz viel zum Anziehen. Du wirst mein König sein, mein Junge, du wirst schon sehen.«
»Yuni, es reicht, sei endlich still, verdammt! Du klebst ja wie Honig.«
»Und ist das schlimm? Ist es schlimm, wenn ich mit meinem schönen Mann wie Honig bin?«
»Hmmm.«
Yunisleidi briet Eier, wusch Reys Klamotten, machte das Zimmer sorgfältig sauber, bügelte irgendwas, badete, lackierte sich die Nägel. Sie war ein nicht zu bremsender Wirbelwind und entzückt, einen Mann um sich zu haben und trautes Heim zu spielen. Sie trällerte fröhlich, strahlte zum Klang der über den Äther ausgestrahlten Salsa. Ah, man konnte mit so wenig glücklich sein, das Gehirn runtergeschaltet auf wenige Umdrehungen pro Minute. Das gute Leben. Yunisleidi flatterte um Rey herum wie ein vom Licht angezogener Nachtfalter.
»Das Bad ist für dich bereit. Wasch dich. Du ziehst etwas von Carlos an, und wir gehen.«
»Wohin?«
»Auf den Malecón, zu den Hotels, irgendwo da. Los, komm schon, wir können hier nicht so trocken abhängen. Man muss sich auf der Straße um die Grünen schlagen. Komm schon, wasch dich.«
»Und ich muss wirklich baden?«
»Klar, mein Süßer, du bist völlig verschwitzt von der Arbeit, vom Vögeln … ach, Schätzchen, die Leute in Havanna baden nicht sehr oft … in Las Tunas …«
»In Havanna gibt’s kein Wasser.«
»Und wieso habe ich dann Wasser?«
»Du hast Glück. Ich habe noch nie in einer Wohnung mit Wasser gewohnt.«
»Also gut, bade jetzt. In Las Tunas habe ich zwei, drei Mal am Tag gebadet …«
»Ja, ja, schon
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