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Der König von Havanna

Der König von Havanna

Titel: Der König von Havanna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pedro Juan Gutiérrez
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ab. Platz war für vierzig, aber zweihundert fuhren mit.
    »Und was für ein Glück, dass wenigstens der hier gekommen ist, zehn Stunden haben wir an der Haltestelle verbracht«, wiederholte eine dicke Alte mehr als zwanzig Mal, und dass sie fast ersticke und keine Luft mehr bekäme, und sie forderte mehr Platz. Irgendjemand mokierte sich über die Alte und sagte zu ihr, wenn sie mehr Platz wolle, solle sie lieber ein Taxi nehmen. Die Dicke erwiderte, leider käme Anschaffen für sie nicht mehr infrage. »Also schlage ich mich auf diesem Laster durch, genau wie du, wie die Kühe.« Alle lachten über die ulkigen Einfälle der dicken Alten. Bei Cuatro Caminos stieg Rey ab. Alles war schmutzig und verfallen, schön schweinisch, die Leute verwahrlost, durchtrieben und laut. Die gerade aus Oriente angekommenen Mulattinnen mit ihren großen, verführerischen Ärschen waren für drei, vier Pesos zu allem bereit. Das tat gut. Varadero war viel zu sauber und schön, viel zu still und ruhig. War gar nicht wie Kuba.
    »Hier schlägt der Puls, das ist meine Welt«, sagte sich Rey. Der König von Havanna war wieder in seinem Reich.

 
     
     
     
     
     
    Es war Mittag, und auf dem Marktplatz herrschte Hochbetrieb. Rey blieb dort und spazierte umher. Vielleicht bot sich ihm ein kleiner Job. Bei den lebenden Tieren war wenig los, viel hingegen beim Fleisch. Aber die Fleischstücke waren unter der Aufsicht von zwei, drei Schwergewichten. Ein Dicker mit Wampe, großer Goldkette und nettem Gesicht beobachtete, was um ihn herum vor sich ging. All die Messer, der Geruch von Schweinefleisch und Blut, die Verkäufer, die ihre Waren und Preise ausriefen – hier gefiel es ihm. Wie gerne hätte er sich darangemacht, das Fleisch in Stücke zu schneiden, die Knochen zu zerhacken, den Schweinen die Köpfe zu spalten und die Hand in ihre warmen Eingeweide zu stecken und sie herauszureißen. »Wie gerne würde ich hier arbeiten und jeden Tag drei, vier Schweine schlachten. Einen Schlag vor den Kopf und dann mit einem langen Messer das Herz herausschneiden, hahaha. Dann vierteilen, ausbluten lassen …« Er wunderte sich, dass er an all das denken musste, während er seine Augen nicht von dem Dicken mit der Goldkette abwandte und auf ihn zuging. Er wollte ihn fragen, ob er Arbeit für ihn hatte. Zweifellos war er der Besitzer. Er trat näher und wollte schon fast den Mund aufmachen, aber die Kraft, die der Mann ausstrahlte, schüchterte ihn ein. Er war ein großer, korpulenter Kerl mit dickem Wanst, trug saubere Kleidung, Ringe, Uhr, Kette, Armband. Alles aus massivem Gold. Sogar Goldkronen auf den Zähnen. Der Kerl beherrschte seine gesamte Umgebung, heiter, ruhig, gelassen. Zugleich sah er gefährlich aus. Er war der Typ Mann, der zu allem fähig war, ohne mit der Wimper zu zucken. Und das machte ihn zum Fürchten. Nicht ein Tropfen Blut oder Schweiß auf seinem makellos weißen Hemd oder seiner hellgrauen Hose. Er ließ andere für sich arbeiten, und die schwitzten und brüllten und beschmierten sich mit Schweineblut und -fett und wirkten hektisch. Er kassierte nur die Gewinne und überwachte alles mit seinem zynischen, reservierten Lächeln. Wie angewurzelt stand Rey vor dem Mann. Er wagte nicht einmal, ihm in die Augen zu sehen, senkte den Blick und setzte seinen Weg fort. Der Typ ignorierte ihn. Das da war eine armselige Laus, ein Scheißbettler.
    Rey ging zum hinteren Teil durch, der am größten war. Dort standen mindestens achtzig Stände mit Gemüse. Alles wahnsinnig teuer. Die Leute gingen herum, erkundigten sich nach den Preisen, kauften sehr wenig oder gar nichts, guckten weiter, staunten über die Preise und schoben Hunger. Der eine oder andere alte Mann murmelte: »Die werden hier Millionäre, und die Regierung tut nichts. Das ist gegen das Volk, alles gegen das Volk.« Niemand schenkte ihnen Beachtung. Ein paar alte Leute hofften weiter, die Regierung würde hier und da mal eine Lösung finden. Man hatte ihnen diese Idee eingetrichtert, und sie waren von ihr genetisch durchdrungen.
    Auch beim Gemüse gab es keine Chance. Die Schwarzen hatten alle offenen Möglichkeiten, Säcke mit Reis und Bohnen, Körbe mit Obst, Lebensmitteln und Gemüse zu stapeln, mit Beschlag belegt. Von einem Stand klaute er zwei Bananen und aß sie. Das war schwierig. Alle passten gut auf ihre Waren auf. Er fragte bei mehreren Verkäufern an: »Brauchst du Hilfe?«
    »Kundschaft brauche ich, weder Hilfe noch sonst einen Scheiß!«
    Rey verließ den

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