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Der Kojote wartet

Der Kojote wartet

Titel: Der Kojote wartet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tony Hillerman
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ein Verrückter?«
    »Na ja, eben so«, meinte Shirley, die plötzlich ernst geworden war. »Sie wissen schon. Wer würde sich sonst die Mühe machen, einen Berg weiß anzumalen?«
    Das Wort Berg war leicht übertrieben. Tatsächlich handelte es sich um einen Vulkankegel - eines der vielen zerklüfteten Gebilde aus schwarzem Basalt, die östlich der Chuska Mountains hier und da aus der Prärie aufragten.
    »Vielleicht ist er gar nicht so unbegabt«, meinte Chee. »Bist du schon mal draußen gewesen, um dir sein Werk aus der Nähe anzusehen?«
    Shirley fuhr zusammen. »Da würd' ich nie hingehen!« beteuerte sie.
    »Warum nicht?« fragte Chee, obwohl er bereits wußte, was sie davon abhielt. Wahrscheinlich stand dieser Basaltkegel im Mittelpunkt irgendeiner lokalen Legende. Aus irgendeinem Grund war es da draußen nicht ganz geheuer. Vermutlich war dort jemand ermordet worden und hatte seinen chindi zurückgelassen, der an diesem Ort spukte. Und es sollte dort auch Hexen geben. Delbert, der im Chuska-Hochland westlich von hier aufgewachsen war, hatte einmal davon gesprochen, daß dieser Kegel zu den Orten gehörte, an denen der Skinwalker Clan seine Geheimtreffen abhielt. jedenfalls ein Ort, den man besser mied - und gerade das hatte den Felsenmaler für Delbert Nez um so interessanter gemacht.
    »Was der Kerl da tut, ist nicht nur völlig verrückt«, hatte Delbert gesagt. »Daß er einen Berg anmalt, meine ich. Aber diese Sache hat auch was Unheimliches an sich. Da draußen ist es nicht geheuer. Sogar Menschen, die nicht abergläubisch sind, machen einen weiten Bogen um diesen Ort. Niemand will dort gesehen und selbst für einen Skinwalker gehalten werden. Ich glaube, daß die Malerei einen bestimmten Zweck hat. Und ich möchte rauskriegen, wer dieser verdammte Schmierer ist - und welche Absicht er damit verfolgt.«
    Chee, der ebenso beharrlich sein konnte, verstand nur zu genau, worauf es Nez ankam. jetzt sah er auf seine Uhr. Wo blieb Delbert so lange?
    Die Tür wurde geöffnet. Eine Frau mittleren Alters, deren Haar von einem blauen Tuch zusammengehalten wurde, kam herein. Sie zahlte ihre Tankrechnung und verwickelte Shirley in ein Gespräch über den geplanten Sing-und Tanzabend in der Schule in Newcomb. Chee trank noch einen Becher Kaffee. Hinter zwei jugendlichen kam ein alter Mann herein, auf dessen T-Shirt in großen Lettern DON'T WORRY, BE HAPPY stand. Die nächste Kundin war etwa in Shirleys Alter und brachte hörbares Donnergrollen mit, bevor sich die Tür hinter ihr schloß. Die Frauen schwatzten kichernd miteinander. Chee sah erneut auf die Uhr. Delbert ließ sich wirklich verdammt lange Zeit.
    Chee trat in die Nacht hinaus.
    Der leichte Wind roch nach Regen. Chee hastete um die Ecke und über den Parkplatz hinter dem Handelsposten. Im Auto schaltete er das Funkgerät ein und versuchte, Nez zu erreichen. Nichts. Chee ließ den Motor an und legte mit durchdrehenden Rädern einen Kavaliersstart hin, der eigentlich gar nicht seiner Art entsprach. Auch seine plötzliche Besorgnis war ungewöhnlich. Er schaltete seine Sirene und das Blaulicht ein.
    Chee war erst wenige Minuten unterwegs, als er Scheinwerter sah, die ihm auf der Route 33 entgegenkamen. Erleichtert nahm er den Fuß vom Gas. Aber bevor ihn die Scheinwerfer erreichten, sah er den rechten Blinker des anderen Wagens aufleuchten. Das Fahrzeug, das vor ihm nach Norden abbog, war nicht Delberts Streifenwagen mit dem Wappen der Navajo Tribal Police auf der Tür, sondern ein reichlich mitgenommener weißer Jeepster. Chee erkannte ihn. Der Wagen gehörte dem Vietnamesen (oder Kambodschaner oder was er sonst war), der an der Shiprock High School unterrichtete. Chees Scheinwerfer huschten über das Gesicht des Fahrers.
    Dann setzte der Regen ein: zuerst als Schauer aus großen, weit verteilten Tropfen, die an die Windschutzscheibe klatschten, danach als Wolkenbruch. Die Fahrbahn der Route 33 war breit und glatt, die Mittellinie frisch markiert. Aber diesen Sturzbächen vom Himmel waren Chees Scheibenwischer nicht gewachsen. Er fuhr langsamer und hörte den Regen aufs Dach trommeln.
    Unter gewöhnlichen Umständen ließ jeder Regen Chee jubeln - eine ganz natürliche, ursprüngliche Reaktion, die den Bewohnern eines Trockengebiets angeboren ist. Aber diesmal wurde sein Jubel durch Sorge und ein leichtes Schuldgefühl unterdrückt. Nez war durch irgend etwas aufgehalten worden. Nach dem Abreißen der Funkverbindung hätte er sich auf die
    Suche nach ihm

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