Der Komet im Cocktailglas
überraschend. Wir wissen, dass die Erde sich um ihre Achse dreht und dass immer nur eine Hälfte von der Sonne beleuchtet wird. Dort, wo sich ein Ort gerade von der dunklen in die helle Seite dreht, geht die Sonne auf, wo er sich von der hellen in die dunkle Seite dreht, geht sie unter. Die Erde dreht sich in Richtung Osten. An einem weiter östlich gelegenen Ort wird die Sonne also immer früher untergehen als an einem Ort, der sich weiter westlich befindet.
Vergleichen wir zum Beispiel Wien und das westlicher gelegene Genf. Anfang Juli geht in Wien die Sonne ungefähr um 21 Uhr unter. Das bedeutet, dass sich Wien aufgrund der Erdrotation um 21 Uhr aus dem Sonnenlicht gedreht hat und sich nun auf der Nachtseite der Erde befindet. Genf dagegen befindet sich etwa 800 Kilometer weiter westlich.
Die Erde muss sich noch ein kleines Stückchen drehen, bevor sich auch die Stadt in der Schweiz nicht mehr im Sonnenlicht befindet. Deswegen geht die Sonne dort erst eine knapp halbe Stunde später unter.
Wie gesagt: Das ist keine große Überraschung, sondern eine direkte Folge der Erdrotation. Woher kommen aber die unterschiedlichen Sonnenauf- und -untergangszeiten in Nord-Süd-Richtung? Innsbruck in Tirol liegt westlich von Wien und östlich von Genf; ungefähr in der Mitte dieser beiden Städte. Der Zeitpunkt des Sonnenuntergangs dort liegt dementsprechend ebenfalls in der Mitte; in Innsbruck geht sie Anfang Juli um 21:15 Uhr unter. Aber wenn wir uns von Innsbruck nach Norden begeben, sieht die Sache anders aus. Hamburg liegt knapp 700 Kilometer nördlich von Innsbruck, in Ost-West-Richtung ist die Stadt im Norden Deutschlands allerdings ungefähr genauso weit von Wien oder Genf entfernt wie Innsbruck selbst. Trotzdem geht die Sonne dort Anfang Juli erst um 22 Uhr unter!
Wenn sich Hamburg genauso weit westlich von Wien beziehungsweise östlich von Genf befindet wie Innsbruck, müsste sich die Stadt nicht genau zum gleichen Zeitpunkt aus dem Sonnenlicht herausdrehen?
Ja, müsste sie – allerdings nur, wenn die Erdachse genau senkrecht auf der Erdbahn stehen würde. Das ist aber nicht der Fall, wie wir bereits festgestellt haben, als wir im Park über die Entstehung der Jahreszeiten nachgedacht haben. Wenn wir uns die Bahn, entlang derer sich die Erde um die Sonne bewegt, als „Boden“ vorstellen und die Erde als Kreisel, dann steht der Erdkreisel nicht exakt senkrecht, sondern ist um 23,5 Grad aus der Vertikalen geneigt. Das ändert die Sache grundlegend und hat großen Einfluss auf die Auf- und Untergangszeiten. Die Erdachsebleibt immer im gleichen Winkel geneigt. 35 Stellen wir uns die Achse als Pfeil vor, den jemand durch die Erde geschossen hat. Der Pfeil drang beim Südpol in die Erde ein, ging glatt durch ihr Zentrum durch und trat beim Nordpol wieder aus. Stellen wir uns weiter vor, die Erde würde sich entlang des Ziffernblatts einer großen Uhr bewegen. In der Mitte der Uhr, dort wo normalerweise die Zeiger befestigt sind, befindet sich die Sonne. Das Ziffernblatt liegt in der Ebene der Erdbahn, und die Erde steht momentan genau auf der „3“, also rechts von der Sonne. Wir erinnern uns: Die Erdachse, und damit auch der Pfeil, ist geneigt. Wäre das nicht so, würde die Spitze des Pfeils immer genau nach oben zeigen, egal wo sich die Erde auf ihrer Bahn um die Sonne befindet. Die Achse ist aber geneigt, der Pfeil zeigt also von der „3“ nicht nach oben, sondern in diesem Fall nach rechts. Der Nordpol neigt sich also von der Sonne weg.
Nun schauen wir, was passiert, wenn die Erde sich im Laufe eines Jahres um die Sonne herum bewegt. Das tut sie übrigens gegen den Uhrzeigersinn . Wenn sie also momentan auf der „3“ unserer Uhr steht, dann wird sie sich danach zur „2“ bewegen, dann zur „1“ und dann zur „12“. Jetzt hat sie ein Viertel des kompletten Weges um die Sonne zurückgelegt; es ist also ein Vierteljahr, sind 3 Monate vergangen. Die Erde steht auf der „12“ und die Spitze des Pfeils zeigt immer noch nach rechts, nun aber weder von der Sonne weg, noch zur Sonne hin; die Erde steht ja nun „hinter“ der Sonne. Wieder drei Monate später ist die Erde über die „11“ und die „10“ auf unserer Uhr gewandert undsteht genau über der „9“, also links von der Sonne. Der Pfeil zeigt immer noch nach rechts. Das bedeutet, dass er nun nicht mehr von der Sonne weg weist, sondern genau in ihre Richtung. Der Nordpol ist jetzt zur Sonne hin geneigt. Nach weiteren drei Monaten steht
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