Der Komet im Cocktailglas
Mikrowellen haben eine Wellenlänge von einigen Millimetern bis Zentimetern. Wir kennen sie aus dem Mikrowellenherd in der Küche; sie werden aber auch zur Übertragung verschiedenster Signale (drahtloses Internet, Fernsehen, etc.) benutzt. Für unsere Augen ist diese Art des Lichts natürlich unsichtbar; wir können nur viel kürzere Wellenlängen sehen. Aber entsprechend große Radioantennen können Mikrowellen problemlos detektieren.
Alpher und Herman sagten also voraus, dass das gesamte Universum von einer Mikrowellenstrahlung erfüllt sein müsste. Die ursprüngliche hochenergetische Strahlung, die 400.000 Jahre nach dem Urknall entstand und das junge Universum erfüllte, sollte sich bis in die Gegenwart zu einem „kosmischen Mikrowellenhintergrund“ gewandelt haben. Egal, wohin man im Universum blicke (wir erinnern uns: Der Urknall fand überall statt): Immer müsse man Mikrowellenstrahlung einer ganz bestimmten Wellenlänge sehen können. Leider wurden diese Vorhersagen von der Wissenschaft damals zwar diskutiert, aber nicht wirklich ernst genommen. Vor allem machte sich niemand die Mühe, tatsächlich nachzusehen, ob diese Strahlung wirklich da ist. Das lag vor allem daran, dass die Kosmologie, also die Wissenschaft von der Entstehung und Entwicklung des Universums, damals noch in den Kinderschuhen steckte und die Kontakte zu anderen Disziplinen nur spärlich vorhanden waren. Diejenigen, die in der Lage gewesen wären, die entsprechenden Messungen anzustellen, hatten von der Vorhersage Alphers und Hermans vermutlich nicht einmal gehört.
In den 1960er Jahren stießen andere Wissenschaftler unabhängig von Alpher und Herman noch einmal auf die kosmische Hintergrundstrahlung. Der amerikanische Physiker Robert Dicke kam bei seiner Forschung zu den gleichen Ergebnissen wie seine beiden Vorgänger, im Gegensatz zu ihnen bemühte er sich aber aktiv darum, seine Vorhersage auch durch Messungen zu bestätigen. Während er sich noch daran machte, ein passendes Teleskop dafür zu finden und die Messungen zu planen, hatten zwei andere Wissenschaftler die Hintergrundstrahlung schon entdeckt – allerdings ohne es zu merken. Arno Penzias und Robert Wilson wollten eigentlich nur eine alte Radioantenne wieder auf Vordermann bringen, um sie für den Einsatz als Teleskop in der Radioastronomie vorzubereiten. Dazu checkten sie sie erst einmal komplett durch. Wenn man den Himmel mit einem Teleskop beobachtet, möchte man ja nach Möglichkeit nur die echten Signale empfangen und möglichst wenig „Rauschen“. Deswegen bauen die Astronomen ihre optischen Teleskope in Gegenden, in denen es stockfinster ist, damit wirklich nur das Licht der Sterne gemessen wird und nicht auch die Lichtervon Straßenlaternen. Und auch die Radioastronomen müssen ihre Geräte überprüfen und nachsehen, welche anderen Arten von Strahlung abseits des Himmels sie eventuell empfangen. Und so, wie es auf der Erde jede Menge künstliche Lichtquellen gibt, die das Licht der Sterne stören, gibt es auch viele künstliche Radioquellen, die astronomische Messungen beeinflussen können.
Das Radioteleskop von Penzias und Wilson wurde von verschiedenen Signalen gestört, die sie im Jahr 1965 identifizierten und zu eliminieren begannen. Nur ein Signal wollte nicht verschwinden. Egal, was sie anstellten, das Teleskop fing trotzdem immer noch ein leises Rauschen, eine schwache Mikrowellenstrahlung auf. Die beiden überprüften die komplette Konstruktion des Teleskops, tauschten sensible Teile aus und entfernten sogar den Taubenkot (oder das „weiße di-elektrische Material“ wie sie es offiziell nannten) von der Antenne. Doch das Rauschen blieb. Egal, wohin sie das Teleskop richteten, es war da und wollte nicht verschwinden. Eine schwache Mikrowellenstrahlung, die aus allen Richtungen des Himmels kommt: Das war genau das, was Alpher, Herman und Dicke vorhergesagt hatten! Nur leider wussten Penzias und Wilson nichts von diesen Vorhersagen. Sie hatten daher ebenfalls keine Ahnung, welche große Entdeckung sie gemacht hatten. Stattdessen ärgerten sie sich, dass ihr Radioteleskop nicht das machte, was es sollte. Natürlich sprachen sie auch mit Kollegen über ihr Problem, und die Kollegen trafen auf Konferenzen andere Kollegen, und die trafen wieder andere Kollegen – irgendwann endlich fand sich jemand, der ausreichend Bescheid wusste und bemerkte, was Penzias und Wilson da entdeckt hatten. Man informierte Robert Dicke, der zu diesem Zeitpunkt
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