Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Komet im Cocktailglas

Der Komet im Cocktailglas

Titel: Der Komet im Cocktailglas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florian Freistetter
Vom Netzwerk:
erfinden und Bars, in denen er ausgeschenkt wird. 1857 wurde der erste offizielle Fußballverein gegründet, 37 und heute sitzen wir in einer Bar und starren auf einen Fernsehapparat, auf dem eben noch ein Fußballmatch zu sehen war und jetzt nur noch Rauschen. Und das Licht des Urknalls? Das ist immer noch unterwegs im All...
    Man stellt sich den Urknall ja oft wie eine normale Explosion vor, die an einem bestimmten Ort stattgefunden hat. Das allerdings ist falsch. Vor 13,7 Milliarden Jahren ist nicht einfach irgendwo etwas explodiert und hat alle Materie und das Universum geschaffen. Es gab kein „irgendwo“. Es gab nichts. Keinen Raum und keine Zeit. Raum und Zeit selbst entstanden damals selbst erst. Der neu entstandene Raum begann sich auszudehnen und tut das heute noch. Es gibt keinen bestimmten Ort im Universum, an dem der Urknall stattgefunden hat. Vor 13,7 Milliarden Jahren war der ganze Kosmos in einem unvorstellbar kleinen Bereich zusammengedrängt. Dieser Bereich enthielt all die Materie, die es damals gab und die es heute noch gibt. Seit damals hat sich dieser zunächst winzige Punkt immer weiter aufgebläht und das gigantische Universum geschaffen, das wir heute sehen. Der „Ort“, an dem der Urknall stattgefunden hat, ist also überall!
    Das gilt auch für die Strahlung, die damals freigeworden ist. Das Licht des Urknalls verbreitete sich mit der Expansion des Universums durch den ganzen Kosmos. Dabei hat es sich aber auch ein wenig verändert. Seit dem Big Bang hat sich der Raum beständig ausgedehnt. Die Strahlung in diesem Raum wurde ebenfalls ein wenig „gestreckt“, die Lichtwellen wurden auseinandergezogen. Ursprünglich war die Strahlung enorm energiereich, sie hatte eine sehr kurze Wellenlänge. Die Expansion des Raums hat die Wellen aber immer weiter gestreckt und ihre Energie immer weiter verdünnt. Heute sieht das Licht des Urknalls ganz anders aus als damals. Aber wir wissen, wie!
    1948 wusste man noch nicht viel über den Ursprung des Universums. Ein paar Jahrzehnte zuvor hatte der amerikanische Astronom Edwin Hubble eine revolutionäre Entdeckung gemacht. Er fand heraus, dass sich jede Galaxie von jeder anderen Galaxie entfernte. Alles im Universum strebte auseinander, und zwar umso schneller, je weiter es voneinander entfernt war. 38 Das bedeutete aber, dass früher alles näher beieinander war. Und noch früher noch näher. Bis irgendwann, an einem fernen Punkt in der Vergangenheit, sich alles an einem einzigen Punkt zusammendrängte. Das Universum musste also irgendwann einen Anfang gehabt haben und sich seitdem ausdehnen. Diese Vorstellung gefiel vielen Wissenschaftlern nicht. Man hatte sich in den Jahrzehnten davor daran gewöhnt, das Universum als etwas zu betrachten, das ewig ist und ohne Anfang und Ende existierte. Die Idee eines konkreten Anfangs in der Vergangenheit war für viele Wissenschaftler absurd. Außerdem sah das zu sehr nach göttlichem Schöpfungsakt aus, und die Religion wollte man nach Möglichkeit aus der Kosmologie heraushalten.
    Selbst der große Albert Einstein, dessen allgemeine Relativitätstheorie eigentlich ein Universum vorhersagte, das sich ausdehnt, vertraute seinen eigenen Gleichungen nicht und modifizierte sie so, dass sie einen statischen und ewigen Kosmos beschrieben (später sah er aber ein, dass er sich damit geirrt hatte). Der prominente britische Astronom Fred Hoyle fand die ganze Geschichte über den Anfang des Universums so absurd, dass er die These in einem Interview abwertend als „Big Bang“ bezeichnete und so unabsichtlich den heute gebräuchlichen Ausdruck für dieses Ereignis schuf.
    Es gab damals nur wenige Wissenschaftler, die den Urknall ernst nahmen. Zu ihnen gehörten die Amerikaner Ralph Alpher und Robert Herman. Sie wollten berechnen, wie das frühe Universum kurz nach dem Urknall ausgesehen haben musste. Bei ihren Rechnungen stellten sie genau das fest, was schon weiter oben beschrieben wurde: Ganz zu Beginn war das Universum noch zu heiß, als dass sich Atome hätten bilden können. Erst später war es kühl genug, und zu diesem Zeitpunkt musste sich jede Menge Strahlung auf ihren Weg durchs All gemacht haben. Alpher und Herman wussten natürlich auch, dass die Expansion des Raums die Wellenlänge der Strahlung verändern musste, und sie berechneten, wie sich dieser Effekt auswirkt. Heute, so lautete das Ergebnis, das sie 1948 veröffentlichten, bestehe das Licht des Urknalls aus langwelligen Mikrowellenstrahlen.

Weitere Kostenlose Bücher