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Der kommende Aufstand

Der kommende Aufstand

Titel: Der kommende Aufstand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unsichtbares Komitee
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politischen Austritts. Von da an gibt es keine
     andere Versöhnung als die medikamentöse,und
     die polizeiliche. Genau deswegen schreckt diese Gesellschaft ja
     nicht davor zurück, ihren zu lebendigen Kindern Ritalin
     aufzuzwingen, hemmungslos Longen aus pharmazeutischen
     Abhängigkeiten zu flechten und sich anzumaßen, sie könne
     »Verhaltensstörungen« ab drei Jahren ausfindig machen. Weil es
     die Hypothese des Ichs ist, die überall rissig wird.
    6 Citoyenneté im Französischen, A.d.Ü.

Zweiter Kreis »Unterhaltung ist ein vitales Bedürfnis«
Zweiter Kreis
»Unterhaltung ist ein vitales Bedürfnis«
    Eine Regierung, die den Ausnahmezustand
     gegen fünfzehnjährige Kinder ausruft. Ein Land, das sein Heil in
     die Hände einer Fußballmannschaft legt. Ein Bulle in einem
     Krankenhausbett, der sich beklagt, Opfer von »Gewalttaten«
     geworden zu sein. Ein Präfekt, der gegen die, die sich
     Baumhäuser bauen, einen Erlass verfügt. Zwei zehnjährige Kinder
     in Chelles, die wegen des Brands einer Spielhalle unter Anklage
     stehen. Diese Epoche zeichnet sich durch eine gewisse
     Situationskomik aus, die ihr aber jedes Mal zu entgehen
     scheint. Man muss dazu sagen, dass die Meinungsmacher keine
     Mühen scheuen, um das laute Auflachen, das solche Neuigkeiten
     begrüßen sollte, in den Registern der Klage und der Empörung zu
     ersticken.
    Ein explosiv lautes Auflachen, das ist die passende Antwort
     auf all die ernsten »Fragen«, die die Aktualität aufzuwerfen
     beliebt. Um mit der abgedroschensten zu beginnen: Es gibt keine
     »Einwanderungsfrage«. Wer wächst noch da auf, wo er geboren ist?
     Wer wohnt da, wo er aufgewachsen ist? Wer arbeitet da, wo er
     wohnt? Wer lebt da, wo seine Vorfahren wohnten? Und die Kinder
     dieser Epoche, wessen Kinder sind sie, die des Fernsehens oder
     die ihrer Eltern? Die Wahrheit ist, dass wir in Massen von jeder
     Zugehörigkeit losgerissen wurden, dass wir von nirgendwo mehr
     sind, und dass daraus, gleichzeitig mit einer ganz neuen
     Bereitschaft zum Tourismus, ein unleugbares Leiden folgt. Unsere
     Geschichte ist die der Kolonisierungen, der Migrationen,der Kriege, der Exile, der Zerstörung aller
     Verwurzelungen. Es ist die Geschichte all dessen, was aus uns
     Fremde in dieser Welt, Gäste in unserer eigenen Familie gemacht
     hat. Wir wurden unserer Sprache enteignet durch den Unterricht,
     unserer Lieder durch die Schlagermusik, unserer Körperlichkeit
     durch die Massenpornografie, unserer Stadt durch die Polizei,
     unserer Freunde durch die Lohnarbeit. Dazu kommt, in Frankreich,
     die grausame, jahrhundertealte Individualisierungsarbeit einer
     Staatsgewalt, die ihre Subjekte vom frühesten Kindesalter an
     benotet, vergleicht, diszipliniert und trennt, die instinktiv
     die Solidaritäten, die sich ihr entziehen, zermalmt, damit nur
     noch die Staatsbürgerschaft überbleibt, die reine, wahnhafte
     Zugehörigkeit zur Republik. Der Franzose ist mehr als jeder
     andere der Enteignete, der Elende. Sein Hass gegen den Fremden
     verschmilzt mit dem Hass gegen sich selbst als
     Fremden . Seine mit Entsetzen vermischte Eifersucht auf die
     »Vorstädte« drückt nur sein Ressentiment aus gegen alles, was er
     verloren hat. Er kommt nicht umhin, diese sogenannten
     »Problemviertel« zu beneiden, wo noch ein bisschen
     gemeinschaftliches Leben fortbesteht, einige Verbindungen
     zwischen den Wesen, nichtstaatliche Solidaritäten, eine
     informelle Ökonomie, eine Organisation, die sich noch nicht von
     denen abgelöst hat, die sich organisieren. Wir sind an einem
     solchen Punkt der Beraubung angekommen, an dem die einzige Art,
     sich als Franzose zu fühlen, darin besteht, auf die Immigranten
     zu schimpfen, auf alle, die augenscheinlicher Fremde wie
     ich sind. Die Immigranten haben in diesem Land eine seltsame
     Position der Souveränität: Wenn sie nicht da wären, würden
     die Franzosen vielleicht nicht mehr existieren.
     
    Frankreich ist ein Produkt seiner Schule,
     und nicht andersherum. Wir leben in einem äußerst schulmäßigen
     Land, woman sich an das Bestehen des Abiturs
     wie an einen bedeutsamen Augenblick seines Lebens erinnert. Wo
     Rentner einem noch von ihrem Scheitern bei dieser oder jener
     Prüfung vor vierzig Jahren erzählen, und wie sehr das ihre ganze
     Karriere, ihr ganzes Leben belastet hat. Die Schule der Republik
     hat seit anderthalb Jahrhunderten einen Typus verstaatlichter
     Subjektivitäten geformt, die unter allen anderen

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