Der kommende Aufstand
sich immer noch
im Verhältnis zur Arbeitssphäre zu definieren, in diesem
Falle: zu ihrem Zerfall . Wir erkennen die Notwendigkeit
an, Geld zu finden, ganz gleich mit welchen Mitteln, weil es
gegenwärtig unmöglich ist, darauf zu verzichten, nicht aber die
Notwendigkeit zu arbeiten. Im Übrigen arbeiten wir nicht
mehr: wir jobben. Das Unternehmen ist kein Ort, in dem
wir existieren, es ist ein Ort, den wir durchqueren. Wir sind
nicht zynisch, wir haben nur Vorbehalte, uns missbrauchen zu
lassen. Die Reden über Motivierung, Qualität, persönliches
Engagement gleiten zur größten Verzweiflung aller
Personalverwalter an uns ab. Man sagt, dass wir vom Unternehmen
enttäuscht seien, dass dieses die Loyalität unserer Eltern nicht
gewürdigt habe, sie zu überstürzt entlassen habe. Man lügt. Um
enttäuscht zu sein, muss man einmal gehofft haben. Und von ihm
haben wir nie etwas erhofft: Wir nehmen es für das, was es ist
und immer war, ein Spiel für Betrogenemit
unterschiedlichem Komfort. Wir bedauern nur für unsere Eltern,
dass sie darauf hereingefallen sind, zumindest diejenigen, die
daran geglaubt haben.
Die Gefühlsverwirrung, die die Frage der
Arbeit umgibt, kann so erklärt werden: Der Begriff der Arbeit
hat schon immer zwei widersprüchliche Dimensionen umfasst: eine
Dimension der Ausbeutung und eine Dimension
der Beteiligung . Ausbeutung der individuellen und
kollektiven Arbeitskraft durch die private oder
gesellschaftliche Aneignung des Mehrwerts; Beteiligung an einem
gemeinsamen Werk durch die Bindungen, die sich zwischen denen
knüpfen, die im Inneren des Produktionsuniversums
kooperieren. Diese beiden Dimensionen sind in dem Begriff der
Arbeit heimtückisch miteinander verschmolzen, was letzten Endes
die Gleichgültigkeit der Arbeiter gegenüber der marxistischen
Rhetorik erklärt, die die Dimension der Beteiligung abstreitet,
wie auch gegenüber der Manager-Rhetorik, die die Dimension der
Ausbeutung abstreitet. Daher auch die Zwiespältigkeit der
Beziehung zur Arbeit, gleichzeitig verhasst – insofern sie uns
von dem entfremdet, was wir machen –, und vergöttert – insofern
es ein Teil von uns selbst ist, der dort auf dem Spiel
steht. Hier ist das Desaster vorausgegangen: Es liegt in all
dem, was zerstört werden musste, in all denen, die entwurzelt
werden mussten, damit die Arbeit schließlich als die einzige
Art zu existieren erscheint. Der Horror der Arbeit liegt
weniger in der Arbeit selber als in der jahrhundertelangen
systematischen Vernichtung von all dem, was nicht sie ist:
Vertrautheiten des Viertels, des Berufs, des Dorfes, des
Kampfes, der Verwandtschaft, Bindungen an Orte, Wesen,
Jahreszeiten, Handlungs- und Redeweisen.
Dort liegt das gegenwärtige Paradox: Die Arbeit hat
restlosüber alle anderen Arten zu existieren
triumphiert, genau in der Zeit, als die Arbeiter überflüssig
geworden sind. Die Produktivitätssteigerung, die Verlagerung,
Mechanisierung, Automatisierung, Digitalisierung der Produktion
sind dermaßen fortgeschritten, dass sie die für die Herstellung
jeder Ware notwendige Menge an lebendiger Arbeit auf fast nichts
reduziert haben. Wir erleben das Paradox einer
Arbeitergesellschaft ohne Arbeit, wo Ablenkung, Konsum und
Freizeitbeschäftigungen den Mangel an dem, wovon sie uns
ablenken sollten, nur noch verstärken. Das Bergwerk von Carmaux,
das ein Jahrhundert lang durch seine gewaltsamen Streiks berühmt
wurde, ist in ein »Kap der Entdeckung« umgewandelt worden. Das
ist ein »Multi-Freizeitzentrum«, in dem man Skateboard und
Fahrrad fährt, und das für ein »Minen-Museum« bekannt ist, in
dem man Schlagwetterexplosionen für Feriengäste simuliert.
In den Unternehmen wird die Arbeit auf immer sichtbarere Art
und Weise aufgeteilt in hochqualifizierte Stellen in Forschung,
Konzeption, Kontrolle, Koordination und Kommunikation –
verbunden mit der Umsetzung all des Wissens, das für den neuen
Prozess kybernetischer Produktion notwendig ist – und in
dequalifizierte Stellen für die Wartung und Überwachung dieses
Prozesses. Erstere gibt es in geringer Anzahl, sehr gut bezahlt
und folglich so begehrt, dass die Minderheit, die sie in
Anspruch nimmt, nicht daran denkt, einen Krümel davon
übrigzulassen. Ihre Arbeit und sie vereinen sich tatsächlich in
einer angstvollen Umarmung. Manager, Wissenschaftler,
Lobbyisten,
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