Der kommende Aufstand
Forscher, Programmierer, Entwickler, Berater,
Ingenieure hören buchstäblich nie auf zu arbeiten. Selbst
ihre Sexgeschichten erhöhen ihre Produktivität. »Die kreativsten
Unternehmen sind auch diejenigen, in denen es die meisten
intimen Beziehungen gibt«, theoretisiert ein Philosoph für
Personalmanager. »Die Mitarbeiterdes
Unternehmens«, bestätigt derjenige von Daimler-Benz, »gehören
zum Kapital des Unternehmens […] Ihre Motivation, ihr Know-how,
ihre Innovationsfähigkeit und ihr Bemühen um die Wünsche der
Kundschaft bilden den Rohstoff der innovativen Dienstleistungen
[…] Ihr Verhalten, ihre soziale und emotionale Kompetenz haben
ein wachsendes Gewicht in der Bewertung ihrer Arbeit […] Diese
wird nicht mehr nach der Stundenzahl ihrer Anwesenheit bewertet
werden, sondern auf der Basis der erreichten Ziele und der
Qualität der Resultate. Sie sind Unternehmer.«
Die Gesamtheit der Aufgaben, die nicht an die Automation
delegiert werden konnten, bildet eine Nebelwolke von Stellen,
die, da sie nicht von Maschinen ausgeübt werden können, von
jedem beliebigen Menschen ausgeübt werden – Lagerarbeiter,
Lagerverwalter, Fließbandarbeiter, Saisonarbeiter, etc. Diese
flexiblen, undifferenzierten Arbeitskräfte, die von einer Arbeit
zur anderen wechseln und nie lange in einem Unternehmen bleiben,
können sich nicht mehr zu einer Kraft zusammenfügen, weil sie
nie im Zentrum des Produktionsprozesses sind, sondern scheinen
wie in eine Vielzahl von Zwischenräumen versprüht, damit
beschäftigt, die Löcher dessen zuzustopfen, was noch nicht
mechanisiert wurde. Der Zeitarbeiter ist das Sinnbild dieses
Arbeiters, der keiner mehr ist, der keinen Beruf mehr hat,
sondern Kompetenzen, die er im Laufe seiner Einsätze verkauft,
und dessen Verfügbarkeit auch noch eine Arbeit ist.
Am Rande dieses Kerns von effektiven
Arbeitern, die für das gute Funktionieren der Maschine notwendig
sind, breitet sich nunmehr eine überzählig gewordene Mehrheit
aus, die gewiss für den Absatz der Produktion nützlich ist, aber
kaum für mehr, und die in ihrer Untätigkeit die Maschine mit dem
Risiko belastet, mit ihrer Sabotage zu beginnen. Die
Drohungeiner allgemeinen Demobilisierung ist
das Gespenst, das in dem gegenwärtigen Produktionssystem
spukt. Auf die Frage »Warum also arbeiten?« antworten nicht alle
wie diese Ex-Sozialhilfeempfängerin in der
Zeitung Libération : »Für mein Wohlbefinden. Ich musste
mich beschäftigen.« Es gibt ein ernsthaftes Risiko, dass wir
schließlich doch eine Beschäftigung für unsere Untätigkeit
finden werden. Diese fluktuierende Bevölkerung muss
beschäftigt oder festgehalten werden. Nun hat man bis heute
keine bessere Disziplinierungsmethode als die Lohnarbeit
gefunden. Man wird also die Zerschlagung der »sozialen
Errungenschaften« fortsetzen müssen, um die Widerspenstigsten in
den Schoß der Lohnarbeit zurückzuführen, diejenigen, die sich
nur angesichts der Alternative, an Hunger zu krepieren oder im
Knast zu verfaulen, ergeben. Die Explosion des
Sklaverei-Sektors, der »persönlichen Dienstleistungen« muss
weitergehen: Putzfrauen, Gastronomie, Massage, Hausbetreuung,
Prostitution, Pflege, Nachhilfeunterricht, therapeutische
Freizeitbeschäftigungen, psychologische Hilfe etc. Das Ganze
begleitet von einer kontinuierlichen Erhöhung der Sicherheits-,
Hygiene-, Verhaltens- und Kulturnormen, von einer Beschleunigung
der Vergänglichkeit der Moden, denn sie allein schaffen die
Notwendigkeit solcher Dienstleistungen. In Rouen haben die
Parkscheinautomaten ihren Platz an die »menschliche Parkuhr«
abgegeben: jemand, der sich auf der Straße langweilt, händigt
Ihnen einen Parkschein aus und vermietet Ihnen gegebenenfalls
einen Regenschirm bei Schauerwetter.
Die Ordnung der Arbeit war die Ordnung einer
Welt. Die Offensichtlichkeit ihres Ruins versetzt in Starrkrampf
allein bei dem Gedanken an alles, was darauf folgt. Heute hängt
Arbeiten weniger mit der ökonomischen Notwendigkeit,
Warenzu produzieren, zusammen, als mit
der politischen Notwendigkeit, Produzenten und
Verbraucher zu produzieren, die Ordnung der Arbeit mit allen
Mitteln zu retten. Sich selbst zu produzieren ist auf dem
besten Weg, die herrschende Beschäftigung einer Gesellschaft zu
werden, in der die Produktion gegenstandslos geworden ist: wie
ein Tischler, den man seiner
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