Der Kopfgeldjägerkrieg 02 - Das Sklavenschiff
spürte der echte Kud'ar Mub'at das Prickeln des Bewusstseins seines Unterknotens, wie ein Ziehen an der Neurofaser, die sie verband.
Gut gemacht. Kud'ar Mub'at wandte die eigenen Gedanken dem Unterknoten zu. Du hast diesen Kopfgeldjäger komplett eingewickelt.
Der Abrechner reagierte darauf mit angemessener und schicklicher Bescheidenheit. Ich habe Ihr Lob nicht verdient. Es war ganz einfach. Er will glauben, was er hört. Meine Worte sind nur die Ihren aus einem anderen Mund.
Und dennoch ... du sprichst sie mit beachtenswertem Scharfsinn. Solche Worte oder Gedanken hatte Kud'ar Mub'at noch nie zuvor an einen seiner Unterknoten verschwendet. Das wäre so, als würde er eines seiner Fassettenaugen in dem auf der Spitze stehenden Dreieck seines Gesichts, eines seiner vielgliedrigen Beine oder irgendeinen anderen Teil seiner selbst loben. Denn seine Unterknoten waren ja nichts weiter als von ihm selbst generierte Erweiterungen des Sammlers. Und wenn er nun solche Bemerkungen über den kleinen Buchhalterknoten machte, so zeigte das nur, wie sehr sich der Abrechner von den anderen Knoten des Netzes unterschied und wie sehr Kud'ar Mub'at mittlerweile auf ihn angewiesen war.
In Kud'ar Mub'ats von Chitin umhüllter Brust wuchs jetzt ein weiteres Gefühl, das Gefühl vorweggenommenen Bedauerns. Ich werde ihn vermissen, wenn er nicht mehr da ist. Er verbarg diesen Gedanken sorgfältig vor dem Unterknoten, denn Kud'ar Mub'at hatte nicht die Absicht, den Abrechner entdecken zu lassen, welches fernere Schicksal er für ihn vorgesehen hatte. Der Sammler hatte sich längst dazu durchgerungen, dass die Tage des Buchhalterknotens gezählt waren, ganz gleich, wie nützlich oder wichtig dieser für ihn geworden war. Die bloße Tatsache, dass der Abrechner eine solche Bedeutung erlangt hatte und zu Kud'ar Mub'ats wertvollstem Geschöpf geworden war, besiegelte sein Schicksal. Der Abrechner hatte bereits mehr Intelligenz und unabhängigen Willen entwickelt als alle übrigen Unterknoten des Netzes zusammen. Das war der Grund, weshalb er eine Aufgabe wie die Nachahmung von Kud'ar Mub'at aus dem Innern der sonst leeren Hülle überhaupt bewältigen konnte.
Kud'ar Mub'at stieß in den hintersten Winkeln seiner Erinnerung auf die Zeit, lange bevor er sich in den führenden Schieber, Strippenzieher und Strohmann der Galaxis für die kriminellen und halb kriminellen Elemente diverser Welten verwandelt hatte und in der er selbst für die Angelegenheiten seines Vorgängers, des arachnoiden Sammlers, der ihn seinerseits als bloßen Unterknoten ausgesponnen hatte, ebenso wertvoll geworden war wie der Abrechner jetzt für ihn. Sein Vorgänger hatte vor seinem Ende eben den Fehler gemacht, den niemals zu wiederholen sich Kud'ar Mub'at fest vorgenommen hatte. Er hatte eine seiner Eigenschöpfungen zu intelligent und unabhängig werden lassen. Wie wertvoll und angenehm die Dienste eines solchen Knotens auch sein mochten, Rebellion, Meuterei und Mord waren gewiss ein zu hoher Preis dafür. Vatermord mochte für manche Spezies ein Teil der natürlichen Ordnung und ein unvermeidlicher Bestandteil des Übergangs von einer Generation zur nächsten sein - zumindest galt dies, nach allem, was man hörte, für Trandoshaner wie Bossk. Kud'ar Mub'at hatte jedoch keine Ahnung, ob das Gleiche auch auf Sammler wie ihn zutraf, denn der einzige Angehörige seiner Spezies, den er jemals gekannt hatte, war jener Sammler gewesen, der ihn erschaffen und den er im Gegenzug ermordet und verschlungen hatte.
Diese Handlungsweise war Kud'ar Mub'at damals, als er sie vollzogen hatte, natürlich oder wenigstens ganz leicht und befriedigend vorgekommen. Doch manchmal, in der Dunkelheit des stumm zwischen den Sternen treibenden Netzes, in den kurzen Pausen, wenn es kein Geschäft zu tätigen galt, gestattete sich der Sammler die Frage, ob es sich dabei nicht vielleicht doch um eine Ausnahme, eine Verirrung der natürlichen Ordnung gehandelt hatte. Möglicherweise war sein jahrtausendealter Vorgänger alt und müde geworden und hatte seinen ausgewählten Nachfolger bereits mit einer angeborenen Fähigkeit zur Rebellion und zum Töten, zur Vertilgung und Machtergreifung erschaffen und ausgestattet. Vielleicht war sein Handeln weniger eine Rebellion als eine Erfüllung des Schicksals gewesen. Diese Vorstellung bereitete Kud'ar Mub'at kein Unbehagen, sondern ließ ihn im Gegenteil tief in seinem Innern einen Hoffnungsschimmer ausmachen. Vielleicht konnte er seinem kleinen
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