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Der Kopflohn - Roman aus einem deutschen Dorf im Spätsommer 1932

Der Kopflohn - Roman aus einem deutschen Dorf im Spätsommer 1932

Titel: Der Kopflohn - Roman aus einem deutschen Dorf im Spätsommer 1932 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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hatte, sondern jeder gab aus seiner eigenen Verzweiflung einen Schlag bei.
    Auch Marie war durch den Lärm angelockt worden. Sie hatte Johann nicht wiedersehen wollen. Jetzt suchte sie umsonst mit aufgerissenen Augen sein junges Gesicht. Schon wandten manche Frauen, von dem gründlich ausgekosteten Schauspiel ermüdet, ihren Blick auf Marie. Sie erinnerten sich, sie hie und da mit dem Fremden gesehen zu haben. Schon fiel auf Mariens runde, in der letzten Zeit blasser gewordene Backen ein Abglanz der Schande.
    Man hatte Bastian vom Feld heimgerufen. Er hatte nämlich seinen guten Rock ausgezogen und war an die Rüben gegangen, statt auf die Hochzeit zurückzukehren. Damit wollte er seinen Bruder strafen, weil er sein eigenes Kind gekränkt hatte. Jetzt stand er, zunächst von niemand beachtet, in seinem eigenen verwühlten Garten und zitterte. Er wußte, was ihm morgen bevorstand. Seine Schuld würgte ihn. Er hatte vielleicht geahnt, wen er bei sich aufnahm, aber er hatte unterlassen zu fragen, weil er müde war. Er versuchte, alles Gott zu erklären, aber erkonnte in seiner Angst und in dem großen Lärm sich nicht verständlich machen und nichts verstehen.
    Der alte Merz hatte nichts dagegen, wenn seine Gäste einer Prügelei beiwohnten, er wollte aber sein Fest nicht stören lassen. Er schickte also die kleine Hilfsmagd, um alle zurückzurufen. Die Gäste gehorchten auch sofort, bis auf Zillich. Der machte sich still davon, allein, über die Felder. Denn er hatte übergenug. Je mehr er sich von Oberweilerbach entfernte, desto mehr fing sein Herz neu zu drücken an. Als er seinen eigenen Hof betrat und den ganzen Schwarm seiner Kinder streitend und schreiend über dem umgestürzten Karren erblickte, als er die Stube betrat, in der die Frau grade die Teller richtete, da packte ihn eine gewaltige Enttäuschung, als hätte er erwartet, am Abend eines solchen Festtags alles anders vorzufinden. Statt dessen schienen ihm über diesen Tag seine Kinder noch viel zerfetzter und abgerissener geworden, seine Frau noch viel älter, das Brot, das sie ihm gleich darauf vorsetzte, noch viel härter.
    Johann wurde in Bastians Haus getragen, wo er bis zur Ankunft der Gendarmen bewacht wurde und langsam zu sich kam. Von jetzt an kümmerten sich nur noch die Leute um den Vorfall, die nicht eingeladen waren und nichts zu versäumen hatten. Bastian beteuerte diesen Leuten, die ihn verächtlich betrachteten, daß er von allem nichts gewußt hatte.
    Nach kurzer Zeit kam auch seine Frau. Sie sah ruhig wie immer aus, als wüßte sie noch von nichts. Sie hörte kurz mit zu, was Bastian schwatzte, sah ihn aufmerksam, etwas verwundert an und ging dann ins Haus. Bei Johanns Anblick zeigte sie keinen Schrecken, sondern holte Wasser und legte ihm ein Kissen unter.
VII
    Ein Teil der Gäste begleitete das Lehrerpaar vor das Lehrerhaus, aber weder Luise, die in ihrem Brautschmuck noch mächtiger und gelassener als sonst aussah, noch der Lehrer gaben Anlaß zu Rufen und Aufforderungen, durch die ein solcher Brautzug ins Jubeln und Tanzen gerät. Die Gäste sagten unter sich, daß der Bräutigam in den Jahren sei, um zu begreifen, was von ihm verlangt wurde, und wenn er es nicht begriff, dann war es an der Zeit, daß es ihm von diesem offenbar tüchtigen und kräftigen Mädchen beigebracht wurde.
    Vor dem Schulhaus hing ein großes Willkommensschild, das die Kinder gemalt hatten, und ein Asternkranz. Ein halbes Dutzend älterer Schulmädchen stand vor der Tür und sang. Luise zeigte keine Überraschung und betrachtete die singenden Mädchen aufmerksam, als ob sie sie zum erstenmal sähe. Ein paar Hände voll Körner wurden über die Braut geworfen, die Luise aus ihrem Schleier schüttelte und von denen der Lehrer eins aus seinem Schnurrbart zupfte. Sie stiegen die Treppe in ihre Wohnung hinauf. Die Wohnung umfaßte ebensoviel Platz wie die zwei großen daruntergelegenen Klassenzimmer. Sie bestand in der Hauptsache aus Küche, Flur, Wohn- und Schlafzimmer. Die winkligen dunkeln Stuben standen jetzt voll von dem Hausrat, der aus Merzens Haus hereingeholt war. Statt der schmalen Betten aus Tannenholz mit ihren Flanelldecken, in denen der Lehrer und seine verstorbene Mutter geschlafen hatten, wölbten sich Berge von Bettzeug aus den glänzenden eichenen Laden. An den Knäufen des Wäscheschranks hingen Lavendelsträuße. Luise sah sich alles wortlos an und sah durchs Fenster. Drunten im Schulhof standen ein Barren und ein Turngerät. Sie drehte sich ins

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