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Der Kopflohn - Roman aus einem deutschen Dorf im Spätsommer 1932

Der Kopflohn - Roman aus einem deutschen Dorf im Spätsommer 1932

Titel: Der Kopflohn - Roman aus einem deutschen Dorf im Spätsommer 1932 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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zwischendurch heimspringen und was arbeiten. Denn mehr ließ sich für heute mit der Müllersnichtenicht machen. Es kam ihm sehr gelegen, daß Kößlin an ihn herantrat. »Hopp, wir gießen schnell durch.« Er fügte hinzu: »Du warst aber lang in de Stadt.« – »Was hätt ich machen sollen?«
    »Geh mal vor, fang an, hopp, hopp! Ich muß mich noch mal umtun.«
    Warum hat er hopp gesagt, was hat er mir zweimal hopp zu sagen? dachte Kößlin. Ist ja Quatsch. Warum soll der Kunkel nicht hopp sagen. Hat der Johann eine Tour in meinem Kopf angedreht? Sie entfernten sich langsam von der Schafswiese. Kunkel beschrieb, was daheim zu machen war. Kößlin sagte unruhig: »Schon gut, Kunkel.« Entweder so rum, oder andersrum, dachte Kößlin. Dieser Mann ist mein Gruppenführer. Ich muß jetzt eben sofort durch was Schweres durch. Und wenn mich Johann tausendmal dauert. Er sagte gequält: »Du, Kunkel, da ist mir vorhin folgendes passiert – «
    Die Brauteltern, die Paare und die enge Verwandtschaft waren bei Schnäpsen sitzengeblieben. Sie tranken nicht zu viel; dies galt hierzulande als Schande. Es fröstelte ein wenig aus dem Buchenwald, sie wären ohnedies gleich aufgestanden. Da wurde der alte Merz ins Haus gerufen.
    Kößlin sagte zu Kunkel: »Ich will mit dem Geld nichts zu tun haben. Das geht mich überhaupt nichts an.«
    Kunkel sagte: »Laß mal jetzt.« In seinem Kopf entstand flink ein sauberes Geflecht aus Schlußfolgerungen, aus Nutzanwendungen, aus Geld und Hochzeit. Er sagte: »Das kann ich alles ganz gut mit dem alten Merz allein ausmachen. Du mußt ja jetzt sowieso weg.«
    Er merkte nichts davon, daß Kößlins Gesicht anders aussah, als es je, seit er es kannte, ausgesehen hatte.
    Kößlin zögerte einen Augenblick. Dann rannte er heim in einer plötzlichen Gier auf anstrengende, betäubend schwere Arbeit.
    Gleich darauf kam der alte Merz aus dem Garten. Er warf sofort alle Festbeklommenheit ab. Sein Blick war scharf. Er ließ Kunkel ausreden.
    »Schon gut, Kunkel. Ist schon alles gemacht. Schon vorgesorgt, daß er mir nicht durch die Lappen geht. Nichts Neues, Kunkel.«
    Er holte aus seinem Pult die fertige Anzeige mit dem Datum des vorigen Tages und dem Amtsstempel.
    »Jetzt, wo er’s selbst weiß, muß man ihn festhalten. Jetzt schick ich meinen Neffen auf die Försterei, daß der Reisinger mit seinem Hanomag die Gendarmen holt.«
    Er weidete sich an Kunkels Anblick, der offensichtlich über diesen Ausgang verdutzt und verärgert war.
VI
    Johann schnallte den Riemen. Er hörte eilige Schritte, er war gar nicht überrascht, er dachte an Kößlin. Er war erst überrascht, als er Kunkel und Niklas im Garten erblickte. Niklas hielt ihn am Arm. »Dich haben wir.« Johann sah zwischen Niklas und Kunkel hin und her, er lächelte ein wenig. Da hörten sie rasche, stampfende, stierartige Schritte von der Gasse her. Zillich stieß die Zauntür auf. Sein Gesicht brannte, als hätte er endlich den Feind entdeckt, der sein Elend verschuldete. Johanns Gesicht veränderte sich, er riß sich los. Er sprang Zillich an die Kehle, bevor der über ihn kam. In diesem Augenblick zerriß die Stille endgültig, und die Wildheit wurde sichtbar, die allen Dingen innewohnt. Himmel und Erde vertauschten sich mit Leichtigkeit. Die Pumpe schüttelte ihre Mähne aus aufgehängtem Bast, das mittlere lahme Kind geriet unter die Walze der ineinander verbissenen Männer und jammerte, der Hahn schrie, als sei ein Tag neu angebrochen. Zillich hielt Johann mit seinen Armen umklammert, als wollte er seine Beute nicht loslassen. Erhatte ihn, er war heiß und lebendig. Er drückte ihn in die Knie, er drückte sein Knie auf Johanns Kopf. Johann schnellte wieder hoch, aber Niklas und Kunkel packten ihn, sie hielten ihn dem Zillich vor, der mit aller Wucht auf ihn einschlug. Zillich sah nicht, aber er spürte, daß dieser fremde Mann endlich aufgerissen war. Er hatte ihn nie zuvor gesehen, sein Gesicht war ihm unbekannt, er hatte es zerschlagen, bevor er es erblickt hatte. Doch war er diesem Mann auf den Grund gekommen. Er spürte das fremde Blut an seiner Hand mit ungeheurer Erleichterung wie einen eignen Aderlaß. Sein Unglück war draußen, für diesen Augenblick wenigstens. Inzwischen waren viele Dorfleute in Bastians Garten gerannt, Schüchlin zuerst. Als er sein furchtbares Versäumnis begriff, den ganzen Schaden durch Unaufmerksamkeit, da sprang er vor und schlug. Nun begriffen alle Männer, daß nicht nur Zillich das Recht zum Schlagen

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