Der Kreuzfahrer
habe!« Ganz langsam zog er sein Schwert, und das Kratzen des Metalls am Rand des Futterals klirrte mir in den Zähnen. Er grinste mich abscheulich an und trat einen Schritt vor.
Ich sagte: »Sir Richard, Ihr würdet doch gewiss keinen nackten Mann erstechen? Bitte erlaubt mir, mich wenigstens zu bekleiden wie ein anständiger Christenmensch?« Ich bemühte mich um einen möglichst demütigen Tonfall und suchte dabei unauffällig den Umkreis meiner Kleidung ab. Da ergriff der Waffenknecht das Wort. Er richtete sich neben William auf und holte ein schweres Bündel sandverkrusteter Ledergürtel hinter seinem Rücken hervor. Daran hingen mein Dolch und mein Schwert. Er ließ sie vor sich hin und her baumeln und fragte. »Sucht Ihr vielleicht das hier,
Herr?
« Dann lachte er bellend. Dass er mich mit »Herr« ansprach, war in gewisser Weise schlimmer, als mit »Sängerknabe« angeredet zu werden. Ich konnte meine Enttäuschung nicht verhehlen, und Malbête brüllte vor Lachen. »Wenn es sein muss, zieh dich ruhig an, Sängerknabe. Ich habe es nicht eilig. Ich nehme mir gern Zeit, solch kleine Freuden zu genießen.« Mit der linken Hand wies er großzügig auf meine Kleidung.
Ich beugte mich langsam vor, ließ Malbête nicht aus den Augen, streckte die Hand aus und fuhr mit den Fingern tastend durch den Sand – und hatte ihn. Ich schnappte mir einen faustgroßen Stein, den ich schon im Auge gehabt hatte, seit ich aus dem Wasser gekommen war. Ich wirbelte herum, zog blitzschnell den Arm nach vorn und schleuderte den Stein mit aller Kraft auf Sir Richards Gesicht. Wie erwähnt, bin ich ein guter Schütze, und mit meiner Schnelligkeit im Kampf habe ich auch schon geprahlt, doch so schnell wie in diesem Augenblick war ich noch nie im Leben gewesen. Der Stein schoss aus meiner Faust auf Malbêtes Kopf zu, ein halbes Pfund glattgeschmirgelter Fels zielte direkt auf seine Nase – und im letzten Moment duckte er sich. Doch Gott war an jenem Tage bei mir. Der Stein zischte über Malbêtes Kopf hinweg und traf den Mund des Bewaffneten, der gerade hinter ihn getreten war. Er krachte dem Mann mit erstaunlicher Wucht ins Gesicht, und dieser sackte auf dem Sand zusammen. Malbête wirbelte geduckt von mir weg, blickte immer wieder ungläubig zu dem bewusstlosen Soldaten hinüber und ließ mir gerade genug Zeit, um meinen Schild an mich zu reißen. Dann schlug er mit seiner langen Klinge zu, und ich fing sie mit einem scharfen Knall auf der Fläche des Schildes ab.
Ich tat einen Schritt in Richtung des gefallenen Waffenknechts, um an meine Waffen zu gelangen, die im Gewirr der Gürtel neben ihm lagen, doch Malbête war zu gerissen, um das zuzulassen. Er trat vor und führte zwei rasche Hiebe gegen meinen Kopf und meine rechte Seite. Ich fing sie mit dem Schild ab und wich zurück. Plötzlich wurde mir bewusst, dass ich splitternackt und nur mit einem altmodischen Schild bewaffnet war. Sir Richard hatte das Gleichgewicht wiedergefunden, ließ die Klinge auf meine nackten Schienbeine herabfahren und lachte, als ich mich mit einem Satz in Sicherheit brachte. »Das wird ja noch amüsanter, als ich es mir ausgemalt hatte«, gluckste er dumpf, und ich sah ihm an, dass ihm dieses Spiel tatsächlich Vergnügen bereitete. Wieder schlug er mit dem Schwert auf mich ein und wirkte hocherfreut, als ich stolperte. Ich versuchte immer noch, mich näher an meine Waffen heranzuschieben, doch jedes Mal, wenn ich mich in diese Richtung bewegte, trieb er mich mit ein paar gut gezielten Hieben zurück, und ich musste hüpfen, mich ducken oder den Schild hochreißen, um am Leben zu bleiben. Keuchend starrte ich ihn über den Rand des Schildes hinweg an. Ich verabscheute ihn aus tiefstem Herzen. Wieder spürte ich diesen dunklen Strudel der Wut, und diesmal rauschte er in mir empor und sprudelte als schiere, berserkerhafte Wut in meinen Kopf – ich wusste, dass dieser Mann mich nicht töten konnte. Ich war gewiss, dass ich ihn töten würde – für Nur, für Ruth, für Reuben und um meiner selbst willen. Dies war der Tag, da seine schwarze Seele in die Hölle fahren würde.
Er musste irgendetwas in meinem Gesicht gesehen haben, denn er hörte auf zu lachen und brummte: »Nun, genug herumgespielt. Es wird Zeit, die Sache zu beenden.« Er trat vor und drosch mit einer raschen Abfolge wuchtiger Hiebe von links und rechts auf mich ein, die mich in Stücke gehauen hätten, wenn er mich getroffen hätte. Ich blockte, parierte und wartete auf das
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