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Der Krieg am Ende der Welt

Der Krieg am Ende der Welt

Titel: Der Krieg am Ende der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Vargas Llosa
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Serra do Angico ziehen. Andernfalls müßte sie zehn Meilen weiter nach Westen, ehe sie einen anderen Fahrweg für ihre Kanonen fände.
    »Hinter Angico wird es gefährlich«, knurrt Pajeú.
    Wie andere Male, zeichnet João Abade mit der Spitze seines Jagdmessers Linien auf die Erde.
    »Wenn sie auf den Taboleirinho ausweichen, geht uns alles schief. Unsere Leute erwarten sie rund um die Favela.«
    Pajeú stellt sich die Weggabel auf dem Abhang hinter der steinigen, dornigen Hochebene von Angico vor. Wenn die Hunde nicht in Richtung Pitombas gehen, kommen sie nicht an die Favela. Warum sollten sie über Pitombas gehen? Siekönnten auch den anderen Weg einschlagen, der sie auf die Hänge des Cambaio und des Taboleirinho führt.
    »Es sei denn, sie stoßen dort auf eine Wand von Kugeln«, erklärt João Abade, das Lämpchen über die Striche auf der Erde haltend. »Wenn sie auf dieser Seite nicht durchkommen, bleibt ihnen nichts übrig, als in Richtung Pitombas und Umburanas zu ziehen.«
    »Also erwarten wir sie am Ortsausgang von Angico«, pflichtet Pajeú bei. »Den ganzen Weg über werden wir ihnen von rechts Kugeln verpassen. Sie werden sehen, daß der Weg versperrt ist.«
    »Das ist nicht alles«, sagt João Abade. »Danach müßt ihr noch Zeit finden, João Grande in Riacho zu verstärken. Auf der anderen Seite sind genügend Leute. Aber nicht in Riacho.«
    Da überwältigen mit einemmal Müdigkeit und Anspannung Pajeú, den João Abade plötzlich schlafend an Taramelas Schulter herabgleiten sieht. Taramela bettet ihn auf den Boden und entfernt das Gewehr und die Schrotflinte des kleinen Jungen, die Pajeú auf den Knien liegen hat. Mit einem »Gelobt sei der gute Jesus Ratgeber« verabschiedet sich João Abade. Als Pajeú erwacht, tagt es über dem Kamm des Hohlwegs, aber um ihn herum herrscht noch tiefe Nacht. Er schüttelt Taramela, Felicio, Mané Quadrado und den alten Macambira, die ebenfalls in der Grotte geschlafen haben. Während sich über den Höhen ein bläulicher Schimmer ausbreitet, beginnen sie, die in Rosario verschossene Munition durch die zu ersetzen, die die Katholische Wachmannschaft hier vergraben hat. Jeder Jagunço erhält dreißig Schuß in seinen Beutel. Pajeú läßt jeden von ihnen wiederholen, was er zu tun hat. Einzeln brechen die vier Gruppen auf.
    Als die von Pajeú die Felsplatten der Serra do Angico hochsteigt – sie wird als erste angreifen, um sich von den Höhen an bis Pitombas verfolgen zu lassen, wo die anderen postiert sein werden –, hört sie ferne Trompeten. Die Kolonne ist aufgebrochen. Er läßt zwei Jagunços oben zurück und geht, sich am Fuß des Hangs auf die Lauer zu legen, vor der Schneise, die sie zwangsläufig benutzen müssen, da nur auf ihr die Räder der großen Wagen rollen können. Er verteilt die Leute so am Gebüsch, daß sie den nach Westen abzweigenden Weg beschießen können, und wiederholt ihnen, daß es sich diesmal nicht darum handelt, wegzurennen. Das kommt später. Zuerst muß das Gefecht durchgestanden werden. Und zwar so, daß der Antichrist glaubt, er hätte Hunderte von Jagunços vor sich. Danach muß man sich zeigen, muß sich jagen lassen bis Pitombas. Einer der zwei Jagunços, die er auf der Höhe zurückgelassen hat, kommt und meldet, eine Patrouille sei im Anmarsch. Es sind sechs Soldaten; sie lassen sie durch, ohne zu schießen. Einer stürzt vom Pferd, denn am Morgen sind die Felsplatten rutschig von der Feuchtigkeit, die sich in der Nacht angesammelt hat. Danach kommen noch zwei Patrouillen, dann die Schanzarbeiter mit ihren Schaufeln, Picken und Sägen. Die zweite Patrouille schlägt den Weg zum Cambaio ein. Schlecht. Heißt das, daß sie sich teilen? Fast unmittelbar darauf erscheint die Vorhut. Sie folgt dicht auf die Schanzarbeiter. Werden alle neun Einheiten so nahe beieinander sein?
    Er hat das Gewehr schon geschultert und zielt auf einen alten Reiter, der der Chef sein muß, da fällt ein Schuß, ein zweiter, mehrere Gewehrgarben. Während er das Durcheinander der sich gegenseitig überrennenden Protestanten auf der Straße beobachtet und selber schießt, sagt sich Pajeú, daß er feststellen muß, wer das Feuer eröffnet hat, ehe er den ersten Schuß abgegeben hat. Er schießt sein Magazin leer, langsam, genau zielend, und denkt, daß die Hunde durch die Schuld dessen, der zuerst geschossen hat, Zeit gehabt haben, zurückzuweichen und bergauf zu fliehen.
    Das Feuer hört auf, sobald die Straße leer ist. Auf der Höhe sind

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