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Der Krieg, der viele Vaeter gatte

Der Krieg, der viele Vaeter gatte

Titel: Der Krieg, der viele Vaeter gatte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schultze-Rhonhof
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Antwort im Gepäck den Rückflug nach Berlin an. Um 22.30 Uhr wird er in der Reichskanzlei protokollarisch mit den Ehren empfangen, die sonst nur Staatsoberhäuptern vorbehalten sind. So groß ist Hitlers Wille, die Bedeutung zu unterstreichen, die er der deutsch-britischen Annäherung beimißt. 320
    Ehe Henderson das Antwortschreiben Chamberlains überreicht, tauschen sich die beiden Männer aus. 321
    Der Botschafter betont die Bündnistreue Englands zu Polen und erklärt:
    „Das englische Volk und besonders Mister Chamberlain wünschten eine
    Verständigung mit Deutschland, brauchten allerdings bei der Durch
    führung dieser Absicht die Mitwirkung Deutschlands, das versuchen müß
    te, sich mit den Polen auf friedlichem Wege zu einigen."
    Hitler entgegnet:
    „ daß er durchaus bereit gewesen sei, die schwebenden Fragen mit der
    Polnischen Regierung auf einer sehr vernünftigen Grundlage zu regeln. ...
    Jetzt hätten sich die Dinge aber soweit zugespitzt, daß täglich neue
    Zwischenfälle und neue Gewalttaten gegenüber den Volksdeutschen ge
    schähen. ... Für ihn bestehe die Wahl seiner Möglichkeiten jetzt darin, die
    Rechte des deutschen Volkes zu verteidigen oder um den Preis einer Eini
    gung mit England aufzugeben. Das sei für ihn keine Wahl, sondern er
    habe die Pflicht, für die Rechte des deutschen Volkes einzutreten."
    Nach etwa einstündigem Gespräch wird Henderson von Hitler mit der Zusicherung entlassen, er werde die Botschaft Chamberlains sorgfältig studieren und morgen schriftlich Antwort geben. Die erste Durchsicht des Briefes aus London stellt Hitler offensichtlich zunächst zufrieden. Dahlems, der schwedische Vermittler, wird jedenfalls noch um 1.15 Uhr auf Görings Anweisung hin telefonisch aus der Reichskanzlei davon informiert,
    „daß die Antwort höchst zufriedenstellend wäre und daß nun große Hoff
    322
    nung bestehe, daß die Kriegsgefahr vorbei sei."
    Am gleichen Tage gibt es noch einen weiteren Hoffnungsschimmer für die deutsche Seite. Mussolini läßt dem Auswärtigen Amt mitteilen, daß das deutsche Anrecht auf Danzig grundsätzlich anerkannt werden müsse, und daß er für alle übrigen Fragen, wie die der Abrüstung, die der Rohstoffversorgung für Deutschland und die der Kolonien, eine Vierer- oder Fünferkonferenz anregen werde. 323

    Dienstag, der 29. August

    Drei Tage vor dem Kriegsausbruch.
    Ganz Europa liegt im Fieber und trotzdem sieht es in Berlin tagsüber zunächst nach Frieden aus.

    320
    Rassinier, Seite 287
    321
    Das folgende Gespräch ist aufgezeichnet in ADAP, Serie D, Band VII, Dokument 384 322
    IMT-Vernehmungen, Band IX, Seite 519
    323
    ADAP, Serie D, Band VII, Dokument 395

    Das Oberkommando der Sowjetischen Streitkräfte gibt die Verstärkung der Truppen an der Westgrenze bekannt. 324
    Die Mobilmachungsvorbereitungen in England, Polen, Deutschland, Frankreich, Bulgarien und den Niederlanden laufen weiter; in Polen und Deutschland allerdings bislang inoffiziell. Ungarn macht gegen Rumänien mobil und umgekehrt. Die Grenzen zwischen Italien und Frankreich und die zwischen Frankreich und Deutschland werden von beiden Seiten geschlossen. Italien versetzt seine Luftwaffe in Libyen, Äthiopien, Sardinien und Sizilien in Alarmbereitschaft. Das ägyptische Territorialheer wird mobilgemacht. Spanien läßt seine Pyrenäenfestungen unter Hochdruck in Abwehrbereitschaft versetzen. In der Türkei wird einberufen und die Dardanellenstellungen werden bemannt. In Belgien sind Reservisten für 12 Divisionen und in der Schweiz 100.000 Mann für die Grenztruppen eingezogen worden. Und Irland bestreitet Großbritannien das Recht, in England lebende Iren zum Kriegsdienst heranzuziehen.

    Auch die USA – obwohl neutral – machen mit dem Herzen schon mobil. Am frühen Morgen 07.10 Uhr trifft der Abendbericht der deutschen Botschaft aus Washington in Berlin ein. Der dortige Geschäftsträger Thomsen schreibt:
    „In Militärkreisen ist Stimmung gegenüber Deutschland wesentlich weni
    ger durch Pressehetze beeinflußt, als in breiter Öffentlichkeit. In letzterer
    gilt Deutschland allgemein als Friedensstörer und Angreifer, der sich wei
    gert, politische Probleme anders als mit Gewalt zu lösen. ... Ich beurteile
    die Lage wie folgt:
    1. Roosevelt hält Neutralität für verwerflich. ...
    2. Amerika will militärisch intervenieren, a. falls England und Frankreich in Gefahr einer Niederlage geraten, b. voraussichtlich auch falls sichere Aussicht auf englisch-französischen 325

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