Der Krieg der Zwerge
Insgeheim hatte sie angenommen, dass er einen unglaublichen Gestank verströmte, aber entweder überlagerten die Gerüche der Schmiede seine Ausdünstungen, oder er war reinlicher, als sie angenommen hatte. Menschen, die ständig eine solche Last mit sich herumschleppten, würden hundert Schritt gegen den Wind nach Schweiß stinken.
Balyndis arbeitete zügig, verzurrte Drähte, ließ Djerůn Armbewegungen machen und hörte genau hin, ob sich irgendein Teil möglicherweise im Kampf verkeilen könnte. Glücklicherweise blieb das Metall ruhig, nichts quietschte oder kreischte aufbegehrend.
Erleichtert verließ sie das Podest, auf dem sie arbeitete, kehrte an den Amboss zurück, schob die Binde hoch und nahm Djerůns Helm vom Halter. Sie hatte ihn mattiert und die dämonische Visierfratze poliert, um sie hervorzuheben; die Augenpartie wurde durch eine dünne Lage schwarzes Tionium eigens betont. Stolz fuhr sie mit dem Lappen noch einmal drüber und gab einen Tropfen Öl auf die Scharniere.
»Djerůn, wir haben es geschafft«, sagte sie, ohne zu wissen, ob der Koloss sie verstand. »Wenn bei deinem Anblick kein Feind schreiend davonläuft, weiß ich es auch nicht.« Sie zog den Stoff vor die Augen, nahm die ledergefütterte Kettenhaube sowie den Helm und tastete sich an dem gespannten Faden entlang, der sie zu dem Leibwächter führte.
Dann passierte es.
Balyndis trat auf etwas am Boden der Schmiede, es fühlte sich an wie ein rundes Stückchen Kohle, das unter der harten Sohle wegglitt.
Sie geriet ins Ungleichgewicht, taumelte und fiel. Ein Dorn des Helms zischte knapp an ihrem Gesicht vorbei, er verfehlte ihr Auge nur um die Dicke einer schmalen Messerklinge – und er zog ihr die Binde in die Höhe.
Sie lag am Boden, Helm und Haube vor sich, den Kopf nach vorn gerichtet, und blickte genau auf den auf einem Amboss ruhenden Djerůn.
Und ihre Lider waren nicht geschlossen.
Balyndis hatte in ihrem Leben als Schmiedin und tapfere Kriegerin manch Schreckliches auf dem Schlachtfeld gesehen. Sie hatte Orks und Ogern gegenübergestanden, deren Gesichter sicherlich kaum als schön zu bezeichnen waren; auch der Anblick von offenen Wunden und hervorquellenden Gedärmen brachte sie nicht mehr aus der Fassung.
Jetzt aber öffnete sich ihr Mund zu einem unterdrückten Schrei, den ihr das Grauen aus der Kehle wrang. Sie starrte auf die breiten Kiefer mit den vorstehenden Reihen nadelspitzer Reißzähne, die mühelos das dickste Fleisch schnitten und die Gebeine darunter brachen. Das menschenähnliche, viel zu große Haupt Djerůns bestand aus Knochen, über dem sich eine dünne, ungesund bleich aussehende weiße Haut spannte; die Adern schimmerten grellgelb hindurch. Ohrmuscheln fehlten ihm, anstelle der Nase hatte er zwei dreieckige Löcher.
Die riesigen Augen wandten sich ihr zu. Langsam erhob er sich, näherte sich ihr und streckte die gepanzerte Hand aus, die spielend Stein zu Mehl zerquetschen konnte.
Ich habe ihn angeschaut! Vraccas sei mir gnädig und steh mir bei, oder er wird mich umbringen! Alles in der Zwergin schrie danach, sich in Sicherheit zu bringen, doch ihr Körper gehorchte ihr nicht.
Die Finger packten zu, erwischten das Kettenhemd und zogen sie daran in die Höhe. Helm und Haube entglitten ihren schreckenssteifen Händen, aber Djerůn fing sie auf, bevor sie auf die Steinplatten schlugen.
Dann trug er sie zu ihrem Podest, stellte sie darauf ab und drückte ihr den Kopfschutz in die Hand, setzte sich und schob mit dem kleinen Finger der Linken das Tuch wieder über ihre Augen.
Balyndis blinzelte verwundert. Er ließ mir mein Leben! Sie hörte den dunklen Brummton und verstand es als Aufforderung, ihre Arbeit fortzusetzen und niemals über das zu sprechen, was sie im Schein der Esse gesehen hatte.
Sie zwang ihre Finger unter ihre Kontrolle; ein wenig hölzern, aber gehorsam folgten sie ihr, um zuerst die Haube und dann den Helm auf Djerůns Kopf zu setzen. Glücklich, dass sie den schrecklichen Anblick hinter Eisen verborgen hatte, schob sie die Augenbinde vom Kopf und ging die Treppen hinab, um sich ihre Arbeit aus einiger Entfernung anzuschauen.
Djerůn stand auf, und die Schmiedin konnte nicht anders, als das unheimliche Wesen zu bewundern. Die neue Rüstung schien ihm zu gefallen, er hatte keinerlei Einwände vorgebracht, obwohl sie die Rezeptur wegen der unleserlichen Anweisung mehrfach abgeändert hatte.
Vraccas und Samusin seien gelobt, dankte sie den Göttern, dass ihr aus der Not geborener Betrug kein
Weitere Kostenlose Bücher