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Der Krieg der Zwerge

Der Krieg der Zwerge

Titel: Der Krieg der Zwerge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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Stürme und vorübergehende Kühle. Frühling und Sommer rangen noch miteinander, wobei es ihr so vorkam, als spielte auch der Winter in der Auseinandersetzung mit.
    »Kein guter Ort für Bücher«, sagte Andôkai tadelnd zu dem Archivverwalter, einem Mann um die sechzig Zyklen mit Halbglatze und einer roten Nase vom vielen Weintrinken. Seine einst wohl teure Garderobe hing schlampig und ausgewaschen an seinem Körper. »Es ist zu feucht.«
    »Ich weiß«, bedauerte er. »Aber es sind nur ein paar Umläufe innerhalb eines Sonnenzyklus, ansonsten herrscht das beste Wetter von Weyurn bei uns. Ihr habt die schlechteste Zeit für Euren Besuch gewählt, ehrwürdige Maga.« Er verneigte sich und geleitete Andôkai zu einem Hochregal, das sieben Schritt vor ihnen aufragte, über und über mit Büchern gefüllt. »Das sind die Verzeichnisse der Untertanen der letzten hundert Zyklen, einschließlich der Heiraten, Geburten und Todesfälle.«
    Narmora hasste den Ort seit ihrer Ankunft und wollte nicht länger als notwendig bleiben, schon aus Sorge um die Gesundheit ihrer kleinen, anfälligen Tochter, der sie den Namen Dorsa gegeben hatte. »Wir suchen nach Einwanderern, die aus dem Westen, dem Jenseitigen Land, nach Weyurn kamen«, bemühte sie sich, die Auswahl einzugrenzen. »Wurden Auswärtige in eigenen Listen geführt?«
    Der Verwalter überlegte. »Mit etwas Glück und dem Beistand Palandiells kommt Ihr im Südtrakt rascher zu einem Ergebnis«, schätzte er und rieb sich den Rotz an seinem Ärmel ab. »Dort sind alle Zugezogenen festgehalten. Also … alle. Auch die aus den anderen Königreichen.« Er ging voran, um die beiden Frauen zu führen.
    Narmora blieb schräg hinter der Maga. Diese aber hielt dem Mann nun die Bevollmächtigung Königin Weys unter die Nase und verlangte, dass sich alle Bediensteten, die lesen konnten, in dem Trakt einfanden, um ihnen bei den Nachforschungen zur Hand zu gehen.
    Nach außen gab Narmora vor, die gefügige Famula zu sein. Sie bemühte sich mehr denn je, ihre Lektionen im Umgang mit den magischen Kräften zu lernen, und erntete dadurch das Lob ihrer Mentorin.
    Was Andôkai nicht ahnte, war der Umstand, dass sich ihr Ansporn verändert hatte. Er lag nur noch in zweiter Linie darin, das Geborgene Land vor der merkwürdigen Bedrohung aus dem Westen zu schützen. Seit der Unterredung mit Rodario in Porista strebte sie nach einem ganz anderen Ziel: der Einhaltung ihres Todeseides, den sie am Bett ihres Gefährten geleistet hatte. Bevor sie ihn in die Tat umsetzte, musste sie viel und geduldig lernen und ihre Erbitterung und den Abscheu verbergen.
    Sie waren im Südtrakt des Gebäudes angelangt. Die Maga wandte sich ihrer Famula zu, ihr Arm deutete nach rechts zu einem weiteren Hochregal. Eine hölzerne Treppe führte zur Balustrade hinauf. »Du beginnst auf dieser Seite, ich gegenüber. Die anderen werden sich um die Aufzeichnungen kümmern, die ebenerdig zu erreichen sind.«
    Narmora deutete eine Verbeugung an und erklomm die knarrenden Stufen. Schließlich befand sie sich auf dem schmalen Rundgang, der mit einem Geländer ges ichert war, welches einen Suchenden vor dem Sturz aus zehn Schritt Höhe bewahrte. Andôkai winkte ihr von der gegenüberliegenden Seite zu und griff nach dem ersten Folianten. Sie blies über die Seiten, und eine dicke Staubschicht wirbelte auf.
    Narmora tat es ihr nach, aber ihre Augen glitten über die handschriftlichen Krakeleien, ohne den Sinn zu erfassen. Warum hast du mir und Furgas das angetan? Um mich in deine Lehre zu zwingen? Sie blätterte gedankenverloren um, der unfassbare Verrat der Maga und ihre Intrige beschäftigten sie nach wie vor.
    Leider ergab alles, was ihr Rodario in jener Nacht kalkweiß offenbart hatte, einen Sinn. Die Tötung der Räuber und der Frau durch Djerůn, damit sie nicht mehr ausplauderten, das ganze Verhalten der Maga und die Folgen der Ereignisse fügten sich zusammen und ließen allein den Schluss zu, dass alles eingefädelt worden war, damit sie sich der Magie verschrieb.
    Wieder wendete sie eine Seite, ohne auf den Inhalt zu achten.
    Du wirst es bitter bereuen, mich in die Geheimnisse eingeweiht zu haben, dachte sie und blickte hinüber zu Andôkai. Sobald Furgas geheilt war und sich herausstellte, dass es keine tatsächliche Gefahr aus dem Jenseitigen Land gab, würde sie sich das Leben der Maga für die Leiden von Furgas und für den Tod ihres Sohnes nehmen. Und nicht einmal der Leibwächter würde es verhindern!
Ihr Herz

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