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Der Krieg der Zwerge

Der Krieg der Zwerge

Titel: Der Krieg der Zwerge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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eingewickelt in ihrem Körbchen lag. Das Holpern der Kutsche gefiel ihr, sie schlief tief und fest.
Sie steuerten nach den Anweisungen ihres Führers das Haus des Dorfältesten an, wo er vom Kutschbock sprang, den Mann rücksichtslos vom Mittagstisch wegholte und durch den strömenden Regen an das Fenster der Kutsche scheuchte. Der Regen rann ihm in die flachen Schuhe.
Andôkai klappte die Scheibe herunter. »Wir suchen Nachfahren der Siedler, die sich vor etwa siebzig Sonnenzyklen in diesem Dorf niederließen«, sagte sie sogleich. Gegenüber niedrig stehenden Menschen hielt sie sich wie immer nicht lange mit Begrüßungen auf. »Wo finde ich sie?«
»Wer seid Ihr, dass Ihr mich in den Regen zerren lasst? Was wollt Ihr von ihnen?«, sagte der Mann in dem Bemühen, ein wenig Autorität zu zeigen.
Damit geriet er bei der Maga jedoch an die Falsche. »Beides geht dich nichts an. Es genügt, wenn du weißt, dass ich mit Sonderbefugnissen deiner Königin reise und weit über dir stehe«, herrschte sie zurück. »Da es sie noch gibt, sagst du mir auf der Stelle, in welchem Haus sie leben.« Ihr Blick fing den des Dorfältesten ein und starrte ihn unerbittlich nieder. »Gibt es einen Grund, sie nicht zu sehen?«
Er hob den Arm und deutete die Straße hinab. »Nein. Das letzte Haus zur Linken.« Schon rannte er geduckt zurück ins Haus.
Hinter den milchigen Butzenscheiben drückten sich seine Kinder und seine Frau die Nasen platt, wie Narmora erkannte. Eine Kutsche hatten sie in ihrem Leben sicherlich noch nie zu Gesicht bekommen.
Die Peitsche knallte, das Gefährt trug sie ihrem Ziel entgegen.
Kaum standen die Räder, sprang Andôkai hinaus, und Narmora schloss sich ihr an. Sie schlug kräftig gegen die Tür der kleinen Kate, bis diese von einem Mann um die fünfzig Zyklen geöffnet wurde, dessen Gesichtsausdruck zwischen Überraschung und Übellaunigkeit schwankte. Als er die unbekannten Frauen vor sich sah, wurde seine Haltung noch abweisender; schweigend wartete er darauf, dass sie sich vorstellten.
»Dürfen wir hereinkommen?«, verlangte die Maga mehr als sie bat.
»In Eurer noblen Kutsche ist mehr Platz als bei uns, ich sollte mit meiner Familie dort einziehen«, erwiderte er mürrisch, während er abschätzend die Umhänge betrachtete, um mehr über die unwillkommenen Besucherinnen zu erfahren. In seinen Worten hörten sie einen unbekannten Zungenschlag. »Weshalb wollt ihr herein?«
»Weil es regnet?«, antwortete Narmora und lächelte. »Die Mäntel werden die Nässe nicht ewig abhalten können, und wir würden gern mit dir sprechen.«
»Dann redet schnell, und Ihr werdet nicht nass«, lautete sein schroffer Gegenvorschlag.
Die Maga stand kurz davor zu zerspringen. »Es geht um das Jenseitige Land und darum, was deiner Heimat von dort drohen könnte, Bauer«, schleuderte sie ihm ungehalten entgegen. »Gib die Tür frei und rede mit uns, wenn dir diese Hütte lieb und teuer ist.«
Eine unverständliche Frauenstimme drang aus dem Hintergrund, der Mann trat fluchend zur Seite und bedeutete ihnen einzutreten.
Sie standen in einer rußgeschwärzten Unterkunft, die nicht einmal die Bezeichnung Kate verdient hatte. In dem engen Raum drängten sich sieben Kinder, das kleinste von ihnen war gerade mal einen halben Sonnenzyklus alt, das älteste acht.
Die Mutter, die ein Kleid aus grobem Leinen und eine Wolljacke darüber trug, hatte am Tisch Platz genommen und schaute ängstlich zu den beiden Frauen, deren Umhänge mehr Wert besaßen als die gesamte Einrichtung.
Es stank nach dem verbrannten Fett der Talgkerzen. In einer Ecke standen Hochbetten dicht an dicht, eine Leiter führt zum Alkoven, in dem die Eltern schliefen und sich hinter einem Tuch ein wenig Abgeschiedenheit gönnten.
Was Narmora für eine achtlos dahingeworfene Decke auf dem unteren Bett gehalten hatte, bewegte sich plötzlich und hustete laut. Bei näherem Hinsehen erkannte sie das runzlige Gesicht einer sehr alten Frau, deren dürrer Leib unter den Laken fast nicht zu erkennen war.
»Danke, dass du uns hereingelassen hast«, sagte Narmora und nickte der Mutter zu, die sie auf Mitte vierzig schätzte. »Seid ihr die Nachfahren der Siedler, die aus dem Jenseitigen Land hierher kamen?«
Die Frau schaute zuerst zu ihrem Mann, der neben der Tür verharrte, die Arme vor der Brust verschränkt hatte und gleichgültig die Schultern hob. »Was wollt Ihr, edle Damen? Wie kommen wir zu der Ehre oder … ist es … etwas Schlimmes, was Euch nach Gastinga führt?

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