Der Krieg der Zwerge
Müssen wir Weyurn wieder verlassen, weil wir das Land, das uns zugewiesen wurde, nicht bestellen können?« Sie stand auf, das Kleinste auf dem Arm. »Verzeiht uns, edle Damen, aber die Arbeit ist schwer, der Boden ist tief und nass, und mein Mann und ich …«
Andôkai runzelte die Stirn. »Beruhige dich. Wir sind nicht in einem solchen Auftrag hier. Wir wollen mehr von deiner Heimat erfahren.« Sie zog sich einen Schemel heran und setzte sich darauf, den Mantel als Unterlage nutzend. »Erzähle uns von der schlimmsten Bedrohung, vor der man sich im Jenseitigen Land fürchtet. Gewaltige Bestien oder Magier oder dämonische Wesen, irgendetwas in dieser Art?«
Die Frau nahm sichtlich erleichtert Platz und gab das Kind an ihren Mann weiter. »Eine Bedrohung?«
Narmora langte in ihre Börse und legte der Frau vier Goldmünzen vor die rissigen Hände. »Das ist der Lohn für deine Erzählung«, sagte sie freundlich. »Aber fühle dich dadurch nicht verpflichtet, etwas zu erfinden, damit es aufregender klingt. Wir wollen die Wahrheit hören.«
Sie starrte auf die blinkenden, gelben Scheiben. »Das ist sehr viel wert«, stieß sie hervor und blickte in die Gesichter der Besucherinnen. »Davon können wir einen Sonnenzyklus lang leben. Das ist zu viel für ein paar alte Geschichten.«
Ihr Mann trat neben sie und strich die Münzen ein. »Was kümmert es uns? Wenn die Herrschaften das Gold locker in der Tasche haben, werden wir uns nicht beschweren.«
»Ihr seid also aus dem Jenseitigen Land?«, hakte Narmora ein.
»Nein. Nur ich und meine Mutter. Mein Mann stammt von Weyurn«, sagte die Frau. »Mein Name ist Aspila, und meine Mutter kam als kleines Mädchen durch das Rote Gebirge. Meine Großmutter wollte weg aus unserem Dorf, weil der Krieg immer näher kam.«
»Zurück zu dem, was ich wissen will«, fiel ihr die Maga unsanft ins Wort. »Kennst du Begebenheiten, die unvorstellbar klangen, oder hast du selbst jemals gesehen, was du nicht glauben wolltest? Kennst du Legenden …«
Aspila schreckte vor der harschen Maga zurück und schaute stattdessen zu Narmora. »Es war der Krieg unseres Gebieters gegen die Amshas«, nahm sie den Faden ihrer Erzählung wieder auf. »Sie erschienen eines Morgens vor den Grenzen unseres Landes und marschierten ein. Keiner unserer Soldaten vermochte sie aufzuhalten, und da beschloss meine Großmutter, dass sie und ihre Tochter nicht warten würden, bis sie auch unser Dorf erreichten. Mein Großvater und seine drei Brüder waren bereits gefallen, es gab nichts mehr, was sie hielt.« Sie überlegte angestrengt und blickte zu ihrem Gatten. »Ich suche ein bestimmtes Wort«, wandte sie sich an ihn. »Wie übersetzt man Amsha?«
Andôkais Aufmerksamkeit richtete sich auf die alte Frau. »Kennt sie vielleicht Legenden? Du willst mir offenbar von einem Krieg erzählen, der mich nicht sonderlich interessiert.«
»Aber die Amshas sind eine Legende!«, beschwor sie die Maga. »Niemand von ihnen hatte geglaubt, dass es sie gibt. Meine Großmutter erzählte meiner Mutter von ihnen, um sie zu erschrecken. Dann nahm der Schrecken Gestalt an.«
Nun wurde die Maga hellhörig. »Warum sagst du das nicht gleich? Was sind die Amshas?«
Aspila spielte mit ihren Fingern, sie rang mit der ihr noch immer nicht vollends vertrauten Sprache. »Ich kann es nicht sagen, sie …« Sie schaute zur Decke, als hinge dort die Lösung, doch außer einem fast bis auf den Knochen verzehrten Schinken gab es dort nichts.
Narmora lächelte und bemühte sich, den schlechten Eindruck auszugleichen, den ihre Mentorin hinterließ. Samusin hat gewiss seine wahre Freude an mir. »Erzähle uns doch einfach die Geschichte«, schlug sie vor. »Vielleicht kommen wir dann gemeinsam darauf.«
Die Frau willigte ein und begann …
»Als die Götter sich selbst erschufen, einer prächtiger, schöner und tapferer als der andere, gerieten zwei von ihnen in Streit darüber, wer der bessere von beiden sei.
Es waren die Götter, die ihr Tion und Vraccas nennt, wir kennen sie als Kofos und Essgar.
Kofos schmähte Essgar und beleidigte ihn so sehr, dass Essgar in seiner immensen Wut einen glühenden Hammer aus der Esse nahm und auf ihn einschlug.
Jedes Mal, wenn das heiße Metall ihn traf, sprang ein Stückchen aus seinem Leib heraus und fiel auf die Erde, wo es die Gestalt von Kofos annahm und lebendig wurde. Die Amshas waren entstanden.
Essgars Raserei endete erst, nachdem er seinen Widersacher zehn Mal zu Boden geschlagen hatte und der sich
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