Der Krieg der Zwerge
verstehe nicht, was das heißen soll«, beschied er sie und seine Miene verlangte deutlichere Worte. »Was hat meine Gemahlin damit zu tun?«
»Du wirst es selbst herausfinden müssen, Tungdil. Es liegt an ihrer Familie«, blieb sie geheimnisvoll. »Sprich nicht mit ihr darüber, dass wir uns über sie unterhalten haben, sonst verdirbst du es.« Eine Wache erschien am Ende der Treppe und sah zu ihnen. »Ich weiß, dass sie mich beobachten lässt und ihre Fäden spinnt, wie es ehrlose Gnome nicht besser können«, raunte sie. »Ich bitte dich um deinetwillen: Vertraue ihr nicht bodenlos.« Sie reichte ihm die Hand und sagte laut: »Das wollte ich dir noch für Gandogar auf den Weg geben. Vraccas schütze dich und alle, die dir nahe stehen.«
Er glaubte in ihren Augen Wahrheit zu erkennen. Aber sie ist eine Dritte, und Myr hält sie für eine Spionin. Sie versucht, einen Keil zwischen uns zu treiben, sagte er sich, als sie die Treppen hinabstiegen. Zwist würde uns schwächen. Aber was ist der Grund? Plant sie in naher Zukunft eine Heimtücke in Goldhort? Hat es etwas mit den Ereignissen in Porista zu tun?
Eine Stunde später eilte er neben Myr, Boïndil und Boëndal den Stollen entlang, der sie an die Oberfläche bringen würde.
Ein Blick in Myrs rote, warme Augen vertrieb die Worte Sandas, und als sie ihn liebevoll küsste, löste sich die seltsame Mahnung der Königin in Asche auf.
Das Geborgene Land, Gauragar, in der Hauptstadt des ehemaligen Zauberreiches Lios Nudin, Porista, 6234. Sonnenzyklus, Spätherbst
Ich habe es für dich getan. Narmora kniete neben dem Bett von Furgas. Ihre Stirn lag auf der kalten Hand ihres Gefährten, das Gesicht drückte sie in die Laken. Ich habe sie bestraft und ihr die Macht genommen, mit der ich dich heilen werde. Es dauert nicht mehr lange, bis ich dich erwecke und du unsere kleine Tochter siehst.
Sie stand auf, küsste seine fahlen Lippen und verschwand aus dem Zimmer. Sie spürte die Wärme des Malachitkristalls, der sich mit der magischen Energie Andôkais voll gesogen hatte. Sobald sie in Erfahrung gebracht hatte, wie sie den Splitter einsetzen konnte, würde Furgas' Leiden enden.
Zu ihrem großen Bedauern hatte die Befriedigung über den Tod ihrer ahnungslosen Mentorin nicht lange angehalten; längst überwog die Sorge um ihren Mann und das Geborgene Land, von dem auch sie ein Teil war. Ihre Hand legte sich auf die frische Robe, die sie übergestreift hatte. Sie spürte den Stein darunter.
Aus einem Seitengang stieß Rodario zu ihr und lief neben ihr her. »Schrecklich das alles«, begann er.
»Mach ein Theaterstück draus«, lautete ihr bissiger Ratschlag.
»Ich fürchte, es wäre eine Spur zu dramatisch. Selbst für mich. Die Spectatores würden das Curiosum scharenweise verlassen. Die einzige Maga tot, gemeuchelt durch die List der Avatare, wie man annehmen darf, das Geborgene Land von den Abkömmlingen Tions bedroht …«
Sie blieb stehen und funkelte ihn an. »Du hast gelauscht?«
»Nein. Mein Ohr war zufällig in eurer Nähe«, verteidigte er sich mit Unschuldsmiene. »Und die Wände sind verflucht dünn.« Er klopfte gegen die massiven Mauern. »Jedenfalls an manchen Stellen.« Sie ging weiter, er begleitete sie beharrlich auf dem Weg zur Versammlung. »Aber weißt du, was die Spectatores am meisten erschüttern würde?«
»Dass der Hauptdarsteller schlecht ist?«
»Nein, meine dunkle Schönheit mit der scharfen Zunge.« Er stellte sich ihr in den Weg. »Dass die eigene Famula ihre Mentorin heimlich und kaltblütig umgebracht hat, obwohl Dutzende Augen auf sie gerichtet waren.«
Narmora hielt inne. »Hast du den Verstand verloren?«
»Das sollte ich dich fragen. Ich habe dein Tun beobachtet.«
»Was denkst du, beobachtet zu haben?«
Er zeigte keinerlei Angst vor ihr; anscheinend baute er auf die lange Freundschaft zwischen ihnen. »Ich kam zusammen mit den Zwergen in die Kuppelhalle und stand in deiner Nähe, um dir notfalls beizuspringen. Und dann habe ich gesehen, was du mit dem Kristall gemacht hast.«
»Und?« Ihre dunklen, fast schwarzen Augen fixierten ihn. »Was gedenkst du zu tun?«
Er verzog die Lippen. »Nun, nichts werde ich tun, wenn …«
Verächtlich hob sie das Kinn. »Geld, Unglaublicher Rodario?«, glaubte sie zu wissen. »Du möchtest mich erpressen?«
»Bitte, ich habe Stil«, winkte er beleidigt ab. »Und abgesehen davon«, er trat an sie heran und suchte ihren Blick, »bin ich immer noch Furgas' Freund. Ob ich deiner bin, weiß ich derzeit
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