Der Krieg der Zwerge
Luft zerreißen, wenn ich dürfte.«
»Es würde nichts ändern«, meinte Tungdil.
»Schon, aber es würde mir gut tun«, seufzte der Zwerg sehnsüchtig. »Ich bin in der richtigen Laune, mich in ein Heer voller Schweineschnauzen zu stürzen und ihre Gedärme in hohem Bogen …«
»Sei still«, mahnte ihn Boëndal. »Wir denken nach, im Gegensatz zu dir.«
Gandogar und die Delegation der Zwerge saßen in einem der vielen Räume des Palasts um einen Tisch mit einer Landkarte und berieten darüber, was sie auf die Forderung Romos erwidern sollten. Sie tagten seit nunmehr vier Stunden, doch niemandem wollte eine gescheite Lösung einfallen. Bis zum Einbruch der Nacht erwartete man ihren Entschluss, und die Dunkelheit nahte mit großen Schritten.
»Warum wollte er uns nicht dabei haben, als er die Nachricht seines Oheims überbrachte?«, fragte Balyndis in die Runde.
Tungdil schaute zu ihr; seine Hand hielt die Finger Myrs, als müsste er sich ihrer Gegenwart und seiner Liebe auf diese Weise vergewissern, als wären sie ein Rettungsseil in einem dunklen Schacht. Zu seiner eigenen Beruhigung sagte er sich, dass er nichts mehr für die Schmiedin fühlte, die ihrerseits die Hand von Glaïmbar umfasst hielt. Sie sieht gut aus. Das verräterische schnelle Schlagen in seiner Brust stammte von der Aufregung und der Wut auf Romo und die Dritten, welche die verzweifelte Lage des Geborgenen Landes für ihre eigenen Zwecke nutzten. Jedenfalls redete er sich das ein.
»Ich denke, er wollte die Menschen und Elben zuerst einlullen und ihnen das Angebot ohne lästige Zwischenrufe schmackhaft machen, ehe wir es von Narmora erführen«, vermutete der einarmige Balendilín. »Dass du auftauchtest, damit rechneten er und diejenigen, die ihn schickten, gewiss nicht.«
»Gut für uns«, sagte Ingrimmsch überzeugt und prüfte seinen Bart, ob er noch ausreichend Fett enthielt. Der Braten hatte genügend Soße hinterlassen, die er durch stetes Reiben in die Haare eingearbeitet hatte; der Geruch nach Fleisch, der ihn umgab, störte ihn nicht.
»Gut? Noch glaube ich nicht daran. Wir haben die schmerzliche Erfahrung gemacht, dass wir Lorimbas sträflich vernachlässigt haben. Er übertrifft Bislipurs Bosheit hundertfach«, kommentierte der Großkönig betrübt und stützte den Kopf mit der scheinbar immer schwerer werdenden Krone ab. »Ich gestehe es ungern, aber wenn euch nichts Besseres einfällt als mir«, seine Augen wanderten zu Balendilín, »kann ich nur Vraccas um Gnade und Nachsicht bitten und euch den Befehl erteilen, dass ein jeder Stamm ins Jenseitige Land geht.«
»Niemals!«, protestierte Boïndil laut und hieb mit der Faust auf den Tisch. »Dann hätten die Dritten gewonnen, und …«
»… das Geborgene Land wäre vor den Avataren Tions gerettet«, vollendete Gandogar laut und Ehrfurcht gebietend. »Boïndil Zweiklinge, ich weiß, wie du dich fühlst. Auch in mir sträubt sich alles, den Dritten unsere wunderschönen Berge und Hallen zu überlassen. Doch erinnere dich an den Auftrag, den wir von unserem Schöpfer Vraccas erhielten.« Er sprach sie reihum an. »Erinnert euch alle ! Wir sind dazu auserkoren, die Bewohner des Geborgenen Landes vor jedem Schaden zu behüten. Verlangt dies von uns, deswegen unserer Heimat den Rücken zu kehren, um den Untergang zu verhindern, ist es unsere Pflicht, so zu handeln.«
Nach den Worten des Großkönigs herrschte Schweigen im Raum. Verzweifelt suchten die Zwerge nach einer anderen Lösung.
»Wie wäre es mit einem schnellen Feldzug gegen die Dritten, um sie zur Preisgabe der Waffe zu zwingen?«, warf Königin Xamtys ein.
Balendilín lehnte ihre Idee ab. »Das Schwarze Gebirge ist uns allen vollkommen unbekannt. Ich kenne keine sicheren Wege und Pässe. Allein die Vorbereitungen für unser Unternehmen würden zu lange dauern, um sie mit einem Überraschungsangriff zu überrumpeln, selbst wenn uns die Menschen und Elben beistünden. Und außerdem sitzen sie noch im Schwarzjoch und könnten uns von dort aus in den Rücken fallen.«
»Der Zeitpunkt ihres Vorhabens ist aus ihrer Sicht vollkommen.« Tungdil sank gegen die Lehne des Stuhls. »Sie lassen uns fast keine Wahl.«
»Fast?«, horchte Gandogar auf. »Tungdil Goldhand, stehst du ein zweites Mal davor, ein Held zu werden?«
»Nicht ich. Die Dritten.«
Boëndal und Boïndil wechselten schnelle Blicke, sie ahnten, was ihr Freund der Runde gleich erzählen wollte. Balyndis bemerkte die Kopfbewegung der Brüder, Ingrimmsch zwinkerte ihr
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