Der Krieg der Zwerge
Kraft.«
»Ha! Die Blechdose lebt noch!«, machte Ingrimmsch.
»Und es scheint die richtige zu sein.«
»Boïndil!«, kam es von allen Seiten auf ihn eingeprasselt. Mürrisch zog er die Schultern hoch und schwieg. Vorerst. »Dein Blut, Herrin.«
»Was ist damit?«
»Ich brauche es, Herrin. Es ist besser als das Fleisch der Kreaturen, von denen ich mich ernähre. Das Blut einer Maga bindet mich an sie und verleiht mir neue Kraft.« »Geht alle hinaus«, verlangte Narmora und gab sich Mühe, ihre Aufregung zu verbergen. »Ich muss einen Zauber sprechen, um ihn zu heilen, der für euch schädlich sein kann.« Besonders Ingrimmsch verließ nur wider strebend die Halle. Als sie allein waren, kniete Narmora mit klopfendem Herzen neben ihm nieder, krempelte die Robe hoch und hielt ihm anbietend die Schlagader vor das Visier. Djerůn hob die Rechte, öffnete die Verschlüsse der Maske und schob den Gesichtsschutz nach oben. Sie überwand sich, die Kreatur, die sich ihr offenbarte, anzuschauen. Wie Bayndis erschauerte sie bei dem schrecklichen Anblick. »Es tut weh, Herrin«, bereitete er sie auf die Schmerzen vor. Mit einer schnellen Bewegung seines Kopfes rammte er ihr die Zähne in den Unterarm, schlitzte ihn der Länge nach auf und presste ihn an seinen lippenlosen Mund. Narmora wurde sofort schwindelig. Ihr neuer Vertrauter schien ihr alles Blut aus den Adern saugen zu wollen. Als sie kurz vor einer Ohnmacht stand, gab er sie frei, und sie sank neben ihn auf den Hallenboden und sprach einen Heilzauber, um den offen stehenden Schnitt zu schließen. Djerůns Augen begannen blauviolett zu leuchten, das Licht wurde gleißend und durchdringend, heller als der Schein der Sonne. Sie hörte es unter seiner Rüstung knistern und rascheln, klicken und knacken, dann schob sich zuerst die Lanzenspitze aus dem Metall des Harnischs, und die vielen anderen abgebrochenen Waffenstücke klirrten auf den Stein.
»Ihr schmeckt gut, Herrin. Sogar ein wenig nach Andôkai«, dröhnte Djerůn mit neuer Kraft wie ein junger Gott. »Und ihr schmeckt nach Macht, Herrin. Viel mehr Macht als Andôkai besaß. Eine gute Quelle, die mich nährt und heilt.« Er stand auf, frisch und ausgeruht, als erhöbe er sich von einem Mittagsschlaf, und neigte sein Haupt, das nach wie vor von einem Helm geschützt wurde. »Nun will ich Euch berichten, Herrin …
Andôkai sandte mich aus, um nach den Avataren zu suchen. Ich durchquerte das Rote Gebirge, ich durchwanderte die Ebene dahinter und fand Zwerge, die merkwürdige Dinge trieben. Da es nicht mein Auftrag war, mich um sie zu kümmern, umging ich sie.
Ich passierte einen Krater, vierfach so breit, wie die Schlucht vor der Festung lang ist, in dem eine glühende Masse kochte, und dahinter einen verwüsteten, mit Asche bedeckten Landstrich, der großer Dürre zum Opfer gefallen war. Darin lagen Skelette von Soldaten in den Farben von Weyurn. Dann stieß ich auf ein Heer. Sie trugen weiße Banner mit zehn unterschiedlichen Runen;
ihre Rüstungen waren so weiß, dass es in meinen Augen brannte,
und sie ritten Schimmel, so weiß, wie ich noch kein Pferd gesehen habe.
Obwohl ich mich vor ihnen verbarg, um sie auszukund schaften, bemerkten sie mich und griffen mich an. Für einen von ihnen, den ich erschlug, drangen vier neue auf mich ein, bis sie mich niederrangen und vor die Angesichter von zehn Gestalten zerrten, die sich in eine Aura aus Reinheit hüllten. Ein Strahlenkranz umspielte jeden von ihnen; derart geblendet, konnte ich ihre Gesichter nicht erkennen. Sie fragten mich, woher ich käme, und weil ich nicht antwortete, überschütteten sie mich mit ihrer Gnade, Liebe, Hoffnung und Wärme, dass es mich schreien ließ. Doch ich verging nicht darin, wie sie dachten. Ich riss mich los und rannte, um Andôkai zu erzählen, was ich gesehen hatte.
Und sie riefen mir nach, dass die Ehrlichen und die Aufrichtigen des Geborgenen Landes sich nicht länger zu fürchten brauchten. Sie brächten allen anderen, die da unrein und böse seien, das Verderben und wollten das Land von dem Dämon Tions befreien, der hunderte von Zyklen über es geherrscht habe. Ich lief durch Sonnen und Mondenschein, bis ich über verborgene Pfade bis vor die Festung der Zwerge gelangte.«
Narmora fuhr sich über den Arm, der narbenlos verheilt war. Jetzt weiß ich wenigstens, was sie bei uns wollen. Sie denken, dass Nôd'onn und das Tote Land noch immer existieren. Nur wissen sie nicht, dass wir ihn in der Zwischenzeit besiegt haben.
Weitere Kostenlose Bücher