Der Krieg der Zwerge
Kinderspiel für sie, was ihn natürlich noch mehr anstachelte. Schon schienen seine Augen ins Leere zu blicken, der Kampfgeist hatte von seinem Verstand Besitz ergriffen und leitete ihn. »Ich werde dir zeigen, was es heißt, die Lebensretterin meines Bruders töten zu wollen«, grollte er und steigerte die Geschwindig keit seiner Angriffe.
»Ich wollte sie nicht töten«, widersprach sie und musste nun schon mehr Acht geben, um den zuckenden Beilen zu entkommen.
»Verräterin!« Er täuschte einen hohen Schlag an. »Ich? Sie hat das Tor doch ge…« Das Beil vollführte einen unerwarteten Schwenk und schlug ihr von unten in die Achsel. Es knirschte und klirrte, Kettenhemd und Knochen wurden zerteilt. Während Sanda noch mit dem Schock und dem Schmerz rang, trat Ingrimmsch ihr von vorn gegen die Kniescheibe, brach sie und zwang sie nieder. »Sie lügt!«, schrie Myr aufgebracht, riss ihren Dolch hoch und wollte sich auf sie stürzen, aber Tungdil hielt sie davon ab. »Beruhige dich, sie kann dir nichts mehr tun.« »Ich schwöre es«, stöhnte Sanda und versuchte mit der anderen Hand, die Blutung aufzuhalten. »Myr hat das Tor geöffnet, ich kam zu spät.« Sie schluckte. »Ich kenne sie. Sie ist die Tochter von Lorimbas.« »Sicher!«, lachte Ingrimmsch. »Und ich bin Vraccas' leiblicher Sohn.«
»Sie ist es!« Sanda lehnte sich ermattend gegen die Mauer, ihr Blut schoss aus der tiefen Wunde, das Beil hatte die Schlagader gekappt. »Ich erkannte sie am ersten Tag, als sie in Goldhort auftauchte, und wollte es Gemmil sagen, aber sie drohte mir. Sie würde ihrem Vater eine Botschaft senden, und alle meine Verwandten würden umgebracht werden.«
»Schamlose Lügnerin!« Myr zeigte mit dem Dolch auf sie. »Du versuchst vor deinem Tod, Zwist zu säen. Du bist die Dritte, nicht ich.«
»In Porista hat sie den Überfall auf sich vorgetäuscht, um Romo die gesamten Aufzeichnungen zu geben, ohne einen Verdacht zu erwecken. Warum hätte er ihr sonst das Leben geschenkt?«, redete sie leise weiter und schloss die Augen. »Hat sie dir erzählt, Tungdil, dass sie schon zweimal ver heiratet war? Der eine Mann starb am Fieber, der andere erkrankte und kam in den Flammen um, als das Schlaf zimmer brannte.« Sie richtete ihre braunen Augen auf ihn und er konnte keine Lüge darin erkennen. »Als ich sah, dass sie sich an Gemmil anpirschte, kam ich ihr in die Quere.« Tungdils Gedanken überschlugen sich, er musste an die Ereignisse in Porista denken, an die Rückreise, ihren ungewöhnlichen Gefühlsausbruch nach dem Brand. »Mein Fieber, Myr, das Feuer im Gasthof«, begann er langsam. »Schwöre, dass es ein Zufall war.« In ihren roten Augen flackerte Unsicherheit auf. Er packte sie am Arm, zog sie zu sich wie ein störrisches Kind. »Schwöre es bei deiner Liebe zu mir!«
Tränen quollen ihr aus den Augenwinkeln. »Tungdil … Ich … Du glaubst einer Dritten mehr als mir?«, bäumte sie sich halbherzig gegen seine Forderung auf. »Schwöre es, und ich rede nie wieder darüber.« Sie senkte den Blick. »Ich hätte dir niemals neues Leid zufügen können. Die Gefühle für dich kamen, und ich konnte nichts dagegen tun. Seit jener Nacht im Gasthof verstand ich, dass du für mich mehr bedeutest, und … ich …« Sie fing an zu weinen.
»Myr, sag, dass du nicht Lorimbas' Tochter bist«, raunte Tungdil. Er fühlte sich übler verraten denn je zuvor. Erst Balyndis, jetzt sie, meine Gemahlin. Mit einem Mal war alles um ihn herum unwichtig, der Kampf gegen die Dritten, die Rettung des Geborgenen Landes … Sie schniefte, trocknete die Tränen mit dem Ärmel ihrer Robe und blickte ihm fest in die Augen. »Doch, Tungdil. Ich gestehe es, dass mein Vater Lorimbas Stahlherz mich zu den Freien sandte, um sie auszuhorchen, ihre Geheimnisse zu erkunden und die Eroberung vorzubereiten. Ich wurde so bleich geboren, wie ich bin. Die Natur gab mir die bestmögliche Tarnung, und zusammen mit ein paar Lügen und Augenaufschlägen gehörte ich zu den Freien. Aber du hast alles verändert.« Sie nahm seine Hand. »Ich sollte dich eigentlich töten, doch mein Herz entschied sich anders. Du …«
Sie schaute an ihm vorbei und erschrak. Schnell packte sie ihn bei den Schultern und machte einen Schritt um ihn herum, da traf sie etwas mit solcher Wucht in den Rücken, dass sie gegen ihn taumelte. Tungdil fing sie auf, sie öffnete die Lippen und rang nach Luft wie eine Ertrinkende. Hinter ihr stand Salfalur. Die Hände umspannten den Griff des Kriegshammers,
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