Der Krieg der Zwerge
angespannt. »Vraccas, bewahre sie vor Schaden!«
Narmora stützte die Arme auf die Zinne und ließ den Glanz nicht mehr aus den Augen. »Ich hoffe, dass sie ein Einsehen haben und abziehen.«
»Da!« Ingrimmsch zog an Tungdils Arm, dann deutete er auf das Licht. »Seht ihr, wie es schwächer wird?«
»Fyrna hat es geschafft!«, rief Xamtys ungläubig. »Vraccas … ich opfere dir meinen gesamten Hort, wenn du uns diese Prüfung ersparst!«
Tatsächlich verringerte sich sie Helligkeit, bis sie zu einem Widerschein an den Felswänden wurde und gänzlich verlosch.
Es ist tatsächlich geschafft! Tungdil wandte sich lachend zu Narmora. »Du hattest Recht! Die einfachste Antwort ist oftmals die richtige.«
Den Zwergen auf den Wehrgängen der Festung und auf den Wällen in der Schlucht entging das Geschehen nicht. Sie jubelten laut, die Spannung fiel von ihnen ab, und für wenige Augenblicke fielen die Schranken zwischen den Ersten, den Freien und den Dritten. Die Freude einigte sie. Kurz.
»Warten wir ab, was uns Fyrna erzählt«, sagte Tungdil und schüttelte der Maga die Hand. Dann ging er hinein, um sich einen Humpen heißes Gewürzbier zu nehmen und auf dem Turm die Rückkehr der tapferen Botin mitzuerleben.
Die Nacht verstrich.
Die Morgensonne erhob sich über die Gebirgskämme und wärmte die frierenden Zwerge mit ihren ersten Strahlen. Die Zuversicht der Zwerge wuchs.
Doch Fyrna Edelhaupt aus dem Clan der Erzfinder kam nicht.
Gegen Mittag ließ Xamtys einen Erkundungstrupp ausschicken, weil das Wetter sich zu verschlechtern drohte und bei einem Schneesturm keiner mehr einen Fuß vor die Tür setzen konnte.
Stunden später kehrten sie zurück, mit einer bewusstlosen, aber lebendigen Botin. Narmora untersuchte sie und kümmerte sich um die Erfrierungen, welche die Nacht im Schnee der jungen Zwergin beschert hatte.
»Ansonsten fehlt ihr nichts«, beruhigte sie Tungdil und die anderen nach einer ersten Begutachtung. Sie weckte sie mit leichten Schlägen gegen die Wange und reichte ihr einen Becher heißen Flechtentee.
Hastig trank Fyrna davon. »Ich habe versagt, Königin«, gestand sie bibbernd und beugte niedergeschlagen das Haupt vor Xamtys. »Ich kam zu spät.«
»Du kamst zu spät? Was soll denn das nun wieder heißen?« Boïndil deutete zur Schlucht. »Da unten sind sie nicht, also wo, bei allen Bestien Tions, sind sie hin verschwunden? Haben sie sich in Reinheit aufgelöst?«
»Sei ruhig«, brummte Boëndal und rempelte ihn in die Seite.
»Ich näherte mich ihnen, so weit es ging, doch irgendwann war das Licht zu grell. Also rief ich laut, um auf mich aufmerksam zu machen«, begann sie ihre Erzählung. »Eine Gestalt aus Licht flog heran und fragte mich freundlich, was ich wolle.« Fyrna schaute zu Narmora. »Ich sagte ihr genau die Worte, die Ihr mir aufgetragen hattet, ehrenwerte Maga, doch die Gestalt lachte. Es war ein grausames, klares Lachen, wie ein hoher und heller Ton, der durch meinen Körper lief. Ich spürte ihn.« Sie nahm einen Schluck. »Die Gestalt sagte, ich solle mich nicht sorgen, es ginge rasch. Dann berührte sie mich, und ich … erwachte hier bei euch.«
Tungdil schaute in die besorgten Gesichter seiner Freunde. »Wenn sie nicht hier sind und auch nicht auf dem Weg zu uns, wo sind sie dann verblieben?«
»Im Tunnel«, ertönte Lorimbas' Stimme krächzend hinter ihnen. Der Dritte hatte sich ihnen unbemerkt genähert und die letzten Worte vernommen. »Sie haben unsere Tunnel entdeckt.«
Tungdil lief ein Schauder über den Rücken. »Sie werden mitten im Geborgenen Land erscheinen. Und am Schwarzjoch erwartet sie niemand«, flüsterte er entsetzt. »Wir stehen an der falschen Stelle, um sie aufzuhalten!«
Die Betroffenheit lähmte sie. In ihrer Vorstellung sahen sie, wie das reine Licht aus dem Berg schwebte und das Weiße Heer ihm folgte und auf der vergeblichen Suche nach Nôd'onn ganze Städte und Länder zu Asche verbrannte.
»Bin ich in einer Gruft? Genug geschwiegen«, forderte Ingrimmsch entschieden. »Worauf warten wir noch? Wir wissen, wo wir gebraucht werden.«
Das Geborgene Land, das Königreich Gauragar, Schwarzjoch, 6234. Sonnenzyklus, Frühwinter
Theogil Harthand nahm die Kette mit beiden Händen und zog fest daran. Die Umlenkrollen und die Funktionsweise des Flaschenzugs erleichterten ihm die Arbeit. So hob er die herrenlose Lore, die auf der falschen Schiene gestanden hatte, mühelos an und von den Gleisen.
Er wusste nicht, woher sie gekommen war.
Als er seinen Dienst
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