Der Krieg der Zwerge
angetreten hatte, hatte sie da gestanden. Wahrscheinlich hatte sie sich aus einem toten Gleis gelöst, doch glücklicherweise war sie unterwegs mit keiner anderen Lore kollidiert, in der Zwerge saßen. Das hätte sicherlich einen schweren Unfall nach sich gezogen. Nun blockierte sie die Spur für eventuelle Nachzügler, die im Schwarzjoch einen Halt einlegten, ehe sie weiter ins Rote Gebirge rollten, um sich den Avataren zu stellen.
»Weg mit dir«, sagte er leise zu dem Karren und drückte ihn mit einer Hand vorwärts. Die Aufhängung war mit kleinen Rädern an den Deckenschienen festgemacht, was ein Rangieren und Umsetzen der Wagen wesentlich vereinfachte.
Er schob sie in die hintere Ecke der Halle, wo die überzähligen Loren gelagert wurden. Vorsichtig setzte er sie ab, löste die Haltehaken aus den vorgesehenen Ösen und legte die Hände auf den oberen Rand, um sie nach hinten zu schieben. Da vernahm er das Geräusch.
Es kam aus dem Tunnel, und es hörte sich an wie das weit entfernte Rattern vieler Loren hintereinander.
Wer soll das sein?, fragte er sich und überlegte, welche Truppenkontingente für heute angemeldet waren. Alle Krieger der Dritten befanden sich auf dem Weg nach Westen oder waren bereits angekommen. Die Anweisungen Lorimbas' hatten sie unerwartet getroffen, doch sie wurden ohne Zögern befolgt.
Theogil ließ die Lore los und bewegte sich vorsichtig auf den Tunnel zu, aus dem er die Laute vernahm. Mit angehaltenem Atem horchte er, um Gewissheit zu erlangen. Und bekam sie auch. Das Rattern und Surren wurde immer lauter.
Diese Schwachköpfe, ärgerte er sich. Sie halten die Mindestabstände nicht ein, sie werden bei der Ankunft ineinander rasseln und sich trotz der langen Auslaufzone gehörig verkeilen!
Hastig begann er damit, Vorkehrungen zu treffen, verstärkte die Strohsäcke an den Prellböcken, damit es nicht so viele Verletzte gäbe, und bezog neben dem großen Hebel des Stellwerks Posten. Sobald er sie sah, wollte er die Loren auf die verschiedenen Ankunftsbuchten verteilen und auf diese Weise die Zahl der Unfälle verringern. Noch immer konnte er sich nicht vorstellen, welche Einheit ins Schwarzjoch zurückkehrte.
Der Zwerg starrte auf den dunklen Schlund und wartete darauf, das schwache Licht zu sichten, das von der Blendlaterne am Kopf der Lore stammte.
Es dauerte nicht lange, und er sah einen Schein, doch der rührte keinesfalls von der Blendlaterne her. Er leuchtete den Tunnel vollständig aus und erhellte ihn, als schiene die Sonne hinein. Theogil musste wegs chauen, so grell wurde das Licht, als es sich näherte.
Was haben die denn dabei? Haben sie eine neue Laterne entwickelt?, wunderte er sich und verließ sich gänzlich auf seine Ohren, die ihm sagten, wann er den Hebel bedienen musste.
Nun hörte er das Kreischen der Bremsen, die Kutscher drückten die Eisenklötze gegen die schmalen Räder, verringerten die Geschwindigkeit. Wind schoss aus der Röhre, herausgepresst von den nahenden Wagen.
Theogil roch seltsame Düfte, wie sie weder zu den Zwergen noch zu Menschen, Elben oder Ungeheuern gehörten. Die Böe spielte mit seinem Bart und brachte die Enden seines Kettenhemds zum Schaukeln. Sie führte den Geruch von geölten Waffen, sauberem Eisen und gewaschenen Händen mit sich und mengte sich zu einem Odeur der Reinheit. Dann schoss die erste Lore lichtumspielt aus dem Tunnel und erleuchtete die gewalt ige Halle bis in den letzten Winkel.
»Was immer es ist, macht es aus«, verlangte der Zwerg lauthals. Tränen rannen aus seinen überforderten Augen; er schloss die Lider, bediente den Hebel blind und wies den Vehikeln je nach Rattern und Kreischen ihre Ankunftsbuchten zu. »Schafft sie von den Gleisen«, rief er, um die Geräusche zu übertönen. »Oder wir bekommen viele Verletzte.«
Das Licht, das die Zwerge mit sich brachten, war so grell, dass er das Blut in seinen Lidern sehen konnte. Die Helligkeit durchdrang die dünne Haut und machte sie geradezu transparent, als schaute er unmittelbar in die Mittagssonne.
Eine Hitzequelle bewegte sich auf ihn zu, jemand packte ihn mit glühenden Fingern an der Schulter und drückte ihn unsanft vom Hebel weg. »He, pass auf! Du verbrennst mich!« Nun musste er doch die Augen öffnen und blinzelte vorsichtig.
Vor ihm stand ein Wesen aus Licht, es war menschengroß und umgab sich mit einer Aura aus Weiß, das in den Pupillen brannte. Die Luft um es herum flirrte. »Ich grüße dich, Untergründiger«, sagte es mit freundlicher Stimme
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