Der Krieg der Zwerge
raunte sie gefährlich. »Ich kann sie in den Ewigen Schlaf schicken.«
Die Zwergin senkte den Kopf. »Du wirst ihnen nichts tun, Schwarzauge«, gab sie wenig eingeschüchtert zurück.
Ungerührt stieß Ondori zu und versenkte die Schneide im Leib des ohnehin schon Ermordeten. Doch die Zwergin fiel auf ihre List herein und glaubte, ihr unerbittliches Schweigen hätte seinen Tod verschuldet. »Nun sind es noch achtzehn, Unterirdische, dich eingeschlossen. Wie oft wirst du noch lügen?«
»Du Scheusal!« Ohne Vorwarnung warf sich die Zwergin nach vorn, schlug den Kampfstab zur Seite und prallte gegen die Albin, die mit raubtierhafter Geschmeidigkeit unter ihr wegrutschte und sich ihren starken Fingern entzog.
»Zu langsam.« Ondori trat ihr mit voller Wucht unters Kinn und grinste, als sie sah, wie der Leib der Zwergin erschlaffte. Da hat mir die Fügung eine nette Beute beschert. Sie erhob sich und streifte den Schnee ab, als die vermeintlich Bewusstlose ihren Dolch zog und ihn ihr durch den linken Unterschenkel zog. Die Schneide biss durch das Leder des Stiefels, ihr Bein knickte ein.
»Zu den Waffen!«, schrie die Zwergin und hechtete auf die Albin, den Dolch auf die Kehle gerichtet. »Ein Schwarzauge ist im Lager!«
»Tötet sie nicht!«, rief Ondori trotz ihrer Schmerzen. »Sie ist wichtig, wir brauchen sie lebend.« Sie fing den Arm mit der Klinge ab. Die Zwergin verfügte über enorme Kraft und hatte dazu noch ein ordentliches Gewicht, nicht zu vergessen die Entschlossenheit, die Mörderin eines Freundes zur Rechenschaft zu ziehen.
Vier Albae standen ihr bei, packten die Angreiferin von hinten, rissen sie zurück und schleuderten sie hart auf den gefrorenen Boden. Dann stellten sie sich auf ihre Arme und Beine, doch noch immer versuchte sie, sich aus der Gewalt ihrer Feinde zu befreien.
Die Albin schnitt einen Fetzen Stoff aus dem Umhang eines toten Zwergs und verband sich damit die tiefe Wunde, die sich bald von selbst schließen würde. »Verwünschte Bergmaden«, knurrte sie und rammte der Zwergin das stumpfe Ende des Stabs in den Bauch, sodass sie sich krümmte. »Wir werden dich mitnehmen, Unterirdische. Du bist die Frau des Königs und eine sehr gute Freundin von Tungdil Goldhand.« Sie wies ihre Begleiter an, die Zwergin zu fesseln. »Mein Gespür sagt mir, dass du wert voll für uns sein wirst.«
Sie humpelte vorweg; ihre Krieger folgten ihr und zerrten die Gefangene mit sich, die sich störrisch wie ein Esel benahm – was darin endete, dass die Albae sie durch den Schnee hinter sich her schleiften. Es war die einzige Spur, die sie bei ihrem Überfall hinterließen.
Ondori atmete auf, als sie sich wieder in den Sattel ihres Stieres Agrass schwang. Der Schnitt pochte und klopfte; zwar sorgte das Schwarze Wasser dafür, dass sich die Wunde schneller schloss als bei einem normalen Wesen, aber es tat weh. Das Ende des Stricks, mit dem sie die Zwergin gebunden hatten, verknotete sie in einer Öse am Sattel, sodass ihre Gefangene nicht weglief.
Sie kehrten zu ihrer kleinen Streitmacht zurück und setzten den Weg in Richtung Âlandur fort. Der Bulle wandte den Kopf, die Nüstern blähten sich im Wind. Sein Verhalten warnte die Albin, sie drehte sich im Sattel um und schaute nach Westen. Was, bei allen Wesenheiten, ist das?
Ein lang gezogenes Band aus Licht bewegte sich durch Gauragar und hielt ohne Umschweife auf die Grenze ihrer Heimat zu. Die Spitze des Zuges durfte höchstens zwei volle Umläufe vom Wald entfernt sein.
Haben die Menschen etwas Neues ersonnen, um die Stämme in Brand zu setzen?, wunderte sie sich über den unvermittelt zurückgekehrten Mut der Angreifer, verwarf den Gedanken jedoch sogleich wieder. Sie kannte keine Lampe, die ein solches Licht warf, selbst die Laternen der Elben erreichten nicht diese durchgehende Helligkeit. Feuer konnte es auch nicht sein, dafür war der Glanz zu hell, zu weißlich.
»Unterirdische!« Ihr Fuß traf die Zwergin, die neben ihrem Stier stand, mitten ins Kreuz. »Ist das euer Werk?«
Die Gefangene warf ihr einen mörderischen Blick zu und zuckte dann mit den Schultern. »Vielleicht, Schwarzauge.«
»Also nicht.« Es sieht aus, als rönne geschmolzenes Palandium über die Erde … Für Ondori kam nur eine Lösung für das Phänomen in Frage, und die lautete: Andôkai.
Die Maga musste von den Menschen so lange beschwatzt worden sein, bis sie sich einen Zauber hatte einfallen lassen, um gegen ihr Volk vorzugehen. Kaum nahm die Idee in ihren Gedanken Form an,
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