Der Krieg der Zwerge
nicht deswegen. Wegen unserer Liebe, die wir zeigen.« Sie erkannte an seinem Gesichtsausdruck, dass er ihr nicht zu folgen vermochte. »Kann es sein, dass dir die Zwillinge einige Dinge über unser Volk verheimlicht haben? Wir beide sind allein stehend, Tungdil. Es schickt sich nicht, dass wir unsere Zuneigung offen zeigen und Zärtlichkeiten austauschen, solange wir den Bund nicht eingegangen sind. Jede Berührung, die über Freundschaft hinausgeht, und auch das, was wir gerade tun, verstößt gegen den Moralcodex.«
Er grinste breit. »Wir sind Helden, Balyndis. Für uns zählt das nicht. Außerdem sind wir bald ein Paar.«
Balyndis wirkte keinesfalls so gelöst wie er. »Auch die Helden müssen sich an den Codex halten. Das ist das Gesetz der Zwerge, und deshalb reden einige über uns. Auch Paare nehmen sich zurück, wenn sie nicht allein sind.«
»Nein, das haben mir die Zwillinge nicht gesagt.« Tungdil rutschte näher zu ihr. »Sollen sie reden. Bald haben sie keinen Grund mehr.«
Eng umschlungen schliefen sie ein.
* Es kam wirklich so, wie Balyndis es ihm vorhergesagt hatte.
Königin Xamtys II. ließ ihnen den erholsamen Schlaf und bestellte sie erst nach einem vollen Sonnenumlauf zu sich.
Die Zeit bis dahin nutzten die beiden, um ausgiebig zu baden, natürlich streng durch eine Holzwand voneinander getrennt, denn noch waren sie den Ehernen Bund nicht eingegangen. Auch wenn Tungdil nichts auf das Geschwätz anderer gab, tat er Balyndis den Gefallen und gab sich Mühe, sich mehr daran zu halten.
Staunend vernahm er beim gemeinsamen Essen die Tatsache, dass es ein großes Glück bedeutete, dass sie noch nicht vergeben war. Der Zwerg, den ihr Clan für sie erwählt hatte, war im Kampf gefallen, bevor sie den Bund hatten schließen können. Aus dem Ehernen Bund führte kein Weg hinaus, außer er wurde freiwillig von beiden gelöst. Aber Balyndis konnte sich nicht erinnern, dass so etwas schon einmal vorgekommen wäre.
»Dann erschienst du, Tungdil, und hast mein Herz erobert«, gestand sie ihm und machte sich ans Kochen. Nach den Trockenrationen genoss es Balyndis sichtlich, endlich wieder echte Zwergennahrung zu sich zu nehmen. Sie kochte dampfende Knollen mit Pilzragout, dazu gab es geröstete Fudipilzscheiben, auf die eine dicke Lage Moosbeerenkompott gestrichen wurde. Tungdil aß mit leidlichem Appetit, was sie sehr wohl bemerkte. »Ist es dir zu schwach gewürzt?«
»Ich bin noch immer die Küche der Menschen gewohnt, so wie ich viele ihrer Angewohnheiten habe«, entschuldigte er sich. »Es schmeckt ausgezeichnet.« Er schaute sich um. »Hast du etwas von dem Käse, den die Zwillinge …«
Ungläubig schaute sie ihn an. »Das stinkende Zeug? Der schmeckt strenger als er riecht.«
»Ich mag ihn«, verteidigte er sich und war ein wenig beleidigt, dass sie ausgerechnet das bisschen an zwergischer Nahrung, das ihm inzwischen zusagte, nicht ausstehen mochte. Um keinen Streit aufkommen zu lassen, lenkte er die Unterhaltung wieder in andere Bahnen. »Dann weiß dein Clan noch gar nicht, dass wir …«
»Nein. Wie auch? Aber wir werden es nachholen.«
Er kratzte sich am Bart. »Es wird ihnen nichts ausmachen?« Tungdil sah sich unversehens mit Gesetzen ihres Volkes konfrontiert, auf die er bislang hatte verzichten können.
»Das ist eine andere Frage«, räumte sie ein und verspeiste mit Hingabe ein Stück Knolle. »Es ist nicht üblich, dass eine junge Zwergin wie ich sich ihren Mann selbst auswählt. Die Witwen dürfen es, und ich bin, wenn überhaupt, nur so etwas wie eine halbe Witwe.«
Tungdil häufte sich Pilzragout in die Schüssel, um ihr zu zeigen, dass er es mochte. Eine schreckliche Vorstellung marterte ihn, die nun aus ihm herausbrach: »Was machen wir, wenn deine Familie nicht einverstanden ist?«
Balyndis versenkte den Löffel im Ragout und streichelte seine Hand. »Ich werde dir ins Graue Gebirge folgen, Tungdil, ganz gleich, was der Clan zu mir sagt.« Ihr Blick wurde ernst. »Wenn er mir den Bund mit dir verbietet, kann ich ihn jedoch nicht eingehen. Diese Schande darf ich nicht über ihn bringen.«
»Was hieße das?«
»Ich könnte dir nicht mehr sein als eine gute Freundin.«
Um ein Haar wäre der Pilz in seiner Kehle stecken geblieben; sprechen, Luft holen und essen vertrugen sich nicht. Es wird verzwickter als ich dachte.
In seinen schlimmsten Ängsten malte er sich aus, dass sie Sonnenumlauf für Sonnenumlauf in seiner Nähe wäre, er sie aber niemals mehr, für den ganzen Rest seines Lebens
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