Der Krieg der Zwerge
ich dich aus dem Sattel holen. Das bekäme deinem hübschen Pferd nicht.« Der Zwerg grinste breit, die dunklen Tätowierungen in seinem Gesicht verzogen sich und schienen ein neues Muster zu bilden. »Damit das schöne Tier keinen Schaden nimmt, nenne mich Romo. Romo Stahlherz aus dem Clan der Steinmalmer vom Stamme Lorimburs, Neffe des Königs Lorimbas Stahlherz und dessen Unterhändler.«
Mallens Augen glitten über die Rüstung, den rockähnlichen Unterleibschutz aus Eisenplättchen und den dreiköpfigen Morgenstern in seinem Gurt. »Ein Unterhändler? Ihr seht aus, als wolltet Ihr in den Krieg ziehen, Romo Stahlherz. Nun, mit Eurer Zunge schafft Ihr Euch gewiss genügend Feinde.«
»Ich befinde mich immer im Krieg, wie du weißt. Meine Feinde sind zahlreich und mit dir verbündet.« Er zog eine versiegelte Lederbulle aus dem Stiefelschaft. »Ich soll sie dir überreichen, hat mein Oheim mir ges agt, und ihm deine Antwort überbringen.« Auffordernd hielt er ihm die Nachricht hin.
Das Gefühl des Prinzen riet ihm, dass er das Schriftstück besser las, und wenn es nur dazu diente, ihn vor dem zu warnen, was ihm oder den anderen Zwergen bevorstand. Er entfernte das Siegel, öffnete den Verschluss und zog das Pergament heraus.
Er hatte mit einer Erpressung gerechnet, und so kam es. Die Zeilen sprachen von einem alten Übereinkommen zwischen dem Geschlecht der Ido und den Dritten, deren Dienste sie gegen die Orks in Toboribor benötigten.
Daran hatte sich in den letzten Zyklen nichts geändert. Die Regierungen Idoslâns bedurften des Grimms und des Hasses der Zwerge auf die Scheusale; sie gehörten zu den Besatzungen der Wachstationen in den Landstrichen, die besonders gern von marodierenden Orks heimgesucht wurden. Die Dritten, die dort ihren bezahlten Dienst verrichteten, unterschieden sich im Gegensatz zu Romo nicht im Geringsten von den Zwergen der anderen Stämme.
Was Mallens Vorfahren ihm verheimlicht hatten, war der Treueid, den die Dritten dafür von den jeweiligen Regenten verlangten.
»Euer König erwartet allen Ernstes von mir, ich soll ihn gegen die Vierten unterstützen?« Er senkte das Schriftstück. »Was ist das für ein heimtückisches Spiel, das Euer Oheim betreibt? Zuerst nimmt er sich das Schwarzjoch, jetzt will er einen Keil zwischen Idoslân und den Rest des Geborgenen Landes treiben.« Seine Finger gaben das Pergament frei, es schwebte zu Boden und landete in einem Haufen Pferdedung. »Die Vierten sind mehr als unsere Verbündeten, sie sind unsere Freunde.«
»Freunde, Prinz? Das klingt äußerst rührend und erschütternd aufrichtig.« Romo schaute zu ihm auf, er wirkte von der harten Absage nicht sonderlich überrascht. »Wir könnten dir die Entscheidung, neue Freunde zu suchen, versüßen. Wir verlangen, dass du dich an das hältst, was deine Ahnen bereitwillig getan haben.«
»Sie hatten es einfach, sie befanden sich niemals in dieser Lage. Und ich gebe nichts auf die Verträge, die mit Euch geschlossen wurden. Niemand kann mir sagen, ob dieses Abkommen der Wahrheit entspricht. Aus meiner Familie hat mir gegenüber keiner etwas davon erwähnt.« Er lehnte sich in seinem Sattel nach vorn. »Es sei Eurem König gesagt, dass ich mich nicht mit Gold ködern lasse, wie Ihr es bei Bruron getan habt.«
»Wir haben ihn nicht geködert. Wir haben ihn bezahlt. Ist Idoslân nicht ein gesegnetes Land, Prinz? Bis auf den lästigen Fluch der Orks.« Er blickte auf die geschriebene Nachricht, die allmählich die Feuchtigkeit aus dem Dung aufsog und in sich zusammenfiel. »Du hast eine Reiterei, die spielend mit den Bestien fertig wird. Und die Wachstationen sorgen für ständige Sicherheit, wie wir beide wissen.«
»Worauf wollt Ihr hinaus?«
»Ich? Auf nichts«, machte Romo scheinheilig. »Aber mein Oheim lässt dir ausrichten …«
Ohne ein weiteres Wort schleuderte Mallen die Lederbulle zu Boden und drückte seinem Pferd die Fersen in die Seiten. Für ihn gab es nichts mehr zu bereden.
Die Gardisten umritten den Zwerg, den der Prinz als Ausdruck seines Missfallens einfach hatte stehen lassen; die Menschen von Richemark strebten in die entstandene Lücke und füllten sie aus. Mist und Pergament wurden unter achtlosen Sohlen zertreten.
Der Zwerg gab einen Laut von sich, in dem seine Verachtung gegenüber Mallen lag. Da er nicht hören will, welche Auswirkungen sein Tun hat, wird er es bald berichtet bekommen. Mit Freude bemerkte Romo, dass die Leute Abstand zu ihm hielten; erstens war er ein Zwerg, und
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