Der Krieg der Zwerge
sich an die Seitenwand und horchte, ob sich in der Vorhalle etwas rührte; erst dann betrat er sie. Für seine Freunde verschwand er in der Finsternis des Stollens.
Unruhig spielte Boïndil mit seinen Beilen. »Ich halte das nicht länger aus«, rief er unterdrückt, die Kampflust und die Sorge um Boëndals Schicksal brodelten in seinen Adern und entfachten sein Temperament mit neuer Leidenschaft. »Wir müssen die Schmiede rasch in unsere Hände bekommen. Sie ist das Heilmittel für meinen Bruder, und niemand wird mich daran hindern, sie zu erobern. Notfalls gegen eine hundertfache Übermacht.« Ohne Rücksicht auf sich stand er auf und rannte in den Berg. Fluchend folgte ihm Balyndis mitsamt den anderen.
Die Schmiedin bemerkte, dass ihre Schritte auf dem Fels, über den sie liefen, anders klangen als sonst. Sie musste an einen Hohlraum unter ihren Füßen denken. Wie merkwürdig.
Beinahe wären sie in Tungdil hineingelaufen, der unbeweglich am Durchlass stand und sich umschaute. »Wir lassen das Schleichen sein«, verkündete er missgelaunt, den Stiel der Feuerklinge mit beiden Händen umfassend. »Bei dem Lärm, den ihr veranstaltet, ist es sinnlos. Sehen wir nach, ob sich die Bestien Tions noch in unserer neuen Heimat befinden oder ob sie das Weite gesucht haben.«
»So gefällt mir das. Schleichen ist sowieso nur was für diejenigen, die den Feind oder die Wahrheit fürchten«, merkte Ingrimmsch zufrieden an und bleckte die Zähne. »Her mit den Schweinchen, ich brenne auf ein kleines Gefecht.«
»Du brennst immer auf ein kleines Gefecht«, hakte Balyndis mit vorwurfsvoller Miene ein.
Gemeinsam erkundeten sie die Gänge, an die sich Ingrimmsch, Balyndis und Tungdil noch genau entsannen. Vorbei ging es an den Palandiumplatten an den Wänden, in welche die Bildnisse der Edelsten der Fünften getrieben worden waren; sie grüßten die Neuankömmlinge freundlich mit ihren erhobenen Äxten.
Unterwegs fand die Gruppe um Tungdil untrügliche Anzeichen, dass die Bestien hier vorbeigekommen waren; vermutlich hatten sie diesen Weg genommen, als sie sich zum Marsch auf das Schwarzjoch gesammelt hatten. Der Boden war übersät mit Dreck und Abdrücken von bloßen Füßen und Stiefeln.
Von der fünfeckigen, säulengetragenen Halle aus schlugen die Zwerge den Weg ein, der sie zur Esse Drachenbrodem führen musste.
Jeder Schritt, den Tungdil tat, brachte die Geschehnisse in seine Gedanken zurück. Wieder hörte er die kräftige Stimme Gandogars, der die angreifenden Bogglins verhöhnte, er sah die gestorbenen Freunde vor sich, bildete sich sogar ein, das Quieken und Kreischen von Orks zu vernehmen. Doch es war nur ein Trug seiner Sinne.
»Verflucht! Hier ist es so leer wie in einem Ogerschädel«, bemerkte Boïndil unglücklich, als sie die Vorhalle mit den Hochöfen zur Eisengewinnung erreichten, hinter der sich die Schmiede mit der Esse Drachenbrodem anschloss. Die Feuer unter den Öfen waren verloschen, die Kessel kalt, und der Unrat der Scheusale verbreitete einen widerlichen Gestank. »Sie sind weg.« Boïndil eilte die Stufen hinab. »Kommt, lasst uns sehen, was die Esse macht. Ich bete, dass das Feuer nicht erloschen ist.«
Tungdil ärgerte sich über die unbesonnene Art seines Freundes, hatte aber gleichzeitig Verständnis dafür. Ingrimmschs Angst um seinen Bruder und der leidige Kampfdurst trockneten seinen Verstand aus, und wenn er nicht bald Orks vor die Beile bekäme, würde seine Laune unerträglich und seine zunehmende Gereiztheit am Ende noch zu einer Gefahr für andere werden.
So sehr ihn der Hass auf die Bestien zu einem unersetzlichen Krieger machte, so sehr stellte der Hass eine Bedrohung dar. Die Wut staute sich in ihm, schwoll an und wuchs, bis er sie nicht mehr bezähmen konnte. Blindlings stürzte sich der Zwerg dann gegen alles, was ihm im Weg stand. Vraccas hatte ihn zu einem herausragenden Streiter gemacht und gleichzeitig damit gestraft.
Sie betraten die Schmiede, in der es deutlich wärmer war als in den Gängen.
Zwanzig Essen und achtzig Ambosse standen sorgsam um eine besonders große Feuerstelle angeordnet. In dem weitläufigen Raum stank es bestialisch, sie alle würgten die Übelkeit hinab. Die Kadaver von Orks, Bogglins, einigen Albae und sogar dreier Trolle lagen herum und verwesten. Die Zwerge blickten auf das Werk der letzten Fünften und Bavragor Hammerfausts, die ihnen damals auf der Flucht vor der Übermacht der Bestien den Rücken freigehalten hatten.
»Bei Vraccas, es muss ein
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