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Der Kristallstern

Der Kristallstern

Titel: Der Kristallstern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vonda McIntyre
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Menschenfrau zog seinen Arm hoch, zog seinen ganzen Körper hoch. Han stellte sich auf die Zehenspitzen, um den Kontakt mit dem Boden nicht zu verlieren.
    »Sie können trinken oder auch nicht, ganz wie Sie wollen«, sagte die vergrößerte Menschenfrau. »Aber Sie werden spielen.«
    »Schön, okay, sicher, warum haben Sie nicht gesagt, daß Ihr Herz an einem Spiel hängt?« sagte Han. »Also, gehen wir. Würden Sie mir einen Gefallen tun? Entweder Sie setzen mich ab oder Sie heben mich hoch. So ist es sehr unbequem.«
    Er überlegte, ob sie ihn sich vielleicht um die Schultern schlingen und wegschleppen würde. Sie wäre dazu in der Lage, wenn sie es wollte. Schließlich stellte sie ihn wieder auf den Boden. Aber sie ließ ihn nicht los. Sie drängte ihn die Straße hinunter und hielt seinen Arm fest genug, um blaue Flecken zu garantieren.
    »Ich habe letzte Nacht Ihren Namen nicht mitbekommen«, sagte Han in kameradschaftlichem Ton. »Wie sagten Sie doch, lautet er? Und ganz nebenbei – möchten Sie ihren Griff nicht ein bißchen lockern?«
    »Ich habe ihn nicht gesagt, und Sie haben auch nicht gefragt, aber meine Name ist Himmlische Durchlaucht. Nein, ich möchte meinen Griff keineswegs lockern.«
    Er blickte zu ihr hoch. Sie lächelte auf ihn herunter, beschleunigte ihre Schritte und zerrte ihn mit sich.
     
    Jaina aß ihr Frühstück.
    Sie war so hungrig, daß sie die ranzige Fettschicht auf dem dünnen Brei kaum schmeckte. Als sie fertig war, knurrte ihr Magen noch immer. Sie konnte die reifen Früchte, den Honig und das heiße, frische Brot der Proktoren riechen.
    Jaina lief das Wasser im Mund zusammen. Sie beobachtete die Proktoren am höchsten Tisch und die Helfer am Mitteltisch, die mehr gutes Essen zum Frühstück hatten, als sie verzehren konnten. Sie lachten und brüllten, warfen verschwenderisch halb angekautes Essen auf den Boden, lehnten sich auf ihren Stühlen weit zurück und legten die Füße auf den Tisch.
    Die Kinder an den niedrigen Tischen mußten alle sitzen bleiben, bis sämtliche Proktoren fertig waren.
    Es ist nicht fair! dachte Jaina.
    Sie konnte Jacen sehen, allerdings nur seine Haare. Er saß ganz am anderen Ende der Cafeteria. Sie wünschte, ihm sagen zu können, was sie über ihre Fähigkeiten herausgefunden hatte. Und sie wünschte, ihm sagen zu können, daß sie sich schon halb zum Schloß ihrer Zellentür durchgebohrt hatte. Dann hatte sie die Holzspäne mit Speichel zusammengepappt – igitt – und in das Loch in der Tür gepreßt, damit es niemand entdecken konnte.
    Vram saß zusammen mit den anderen Helfern am Mitteltisch. Er schlang ein Stück Obst, etwas Brot und einen ganzen Stapel Kekse hinunter. Er nahm ein Honigbrötchen in die Hand und winkte den anderen Kindern damit zu. Auch Jaina. Honig tropfte von Vrams Fingern. Er leckte ihn auf.
    Jaina schlug die Augen nieder, so daß sie ihn nicht sehen mußte.
    Auf dem Tisch vor ihr trippelte auf haardünnen Beinen ein Ameisenkäfer umher, ein winziger Myrmin.
    Es ist nicht wirklich ein Myrmin, dachte Jaina. Er hat zehn Beine statt nur sechs, und er hat ein zusätzliches Fühlerpaar. Aber er sieht irgendwie wie ein Myrmin aus. Jacen würde wissen, was er war. Ich wette, er hat Hunger.
    Jaina kratzte das letzte winzige Quentchen Brei von ihrem Teller und legte es dem Myrmin hin. Der Myrmin spazierte darum herum, berührte es mit seinen Fühlern und mühte sich ab, es hochzuheben und wegzutragen.
    Ich hoffe, es schmeckt Myrmins besser als Kindern, dachte Jaina.
    Der Myrmin balancierte mit dem sandkorngroßen Breibröckchen und krabbelte über die Tischkante nach unten.
    Der Myrmin brachte Jaina auf eine Idee.
    Vom Spielplatz war Sand in die Cafeteria hereingekommen. Er lag in den Spalten zwischen den Steinfliesen des Fußbodens und auch in den Zwischenräumen der Tischbretter. Jaina experimentierte damit, ein Sandkorn zu bewegen.
    Ich tue so, als ob ich ein Myrmin wäre, dachte Jaina. Kein kleines Mädchen, keine Jaina. Ich habe keinerlei Jedi-Fähigkeiten – ich bin nur ein Myrmin! Wer würde einem Myrmin Aufmerksamkeit schenken?
    Sie gab dem Sandkorn einen Stoß. Es rutschte über den Tisch und fiel über die Kante.
    Jaina zog die Schultern an und wartete darauf, daß Hethrirs kalte, nasse Decke über sie fallen und von der Welt abschneiden würde.
    Nichts passierte. Es war wie in der letzten Nacht mit den Luftmolekülen.
    Jaina griff nach Sandkörnern auf dem Tisch der Proktoren. Sie fand keine. Ihr Tisch wurde besser

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